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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band.

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Segel und unter Dampf wie ihr Schwesterschiff und sonst nur der Aviso "Grille"
auf. Die Maschine der "Victoria", von Mazelin und Comp. in Havre gefertigt,
liegt sehr tief im Schiff, fast ganz unter der Wasserlinie und ist außerdem auf
beiden Seiten durch die Kohlenbunker geschützt". Die letzteren fassen zusammen
etwa 400 Tonnen Kohlen, von denen bei vollem Dampfdruck d. h. 13'/- Knoten
Schnelligkeit unter gewöhnlichen Umständen 85 Tonnen binnen 24 Stunden
verbraucht werden. Dafür hat aber auch jeder der beiden Flügel der gewaltigen
bronzenen Schraube (die auffälligerweise, obwohl nicht von Eisen, dennoch roth
gefirnißt war und lange nach ihrem Eintreffen in Kiel noch die Aufschrift
Osakka trug) nicht weniger als 7 Fuß 10 Zoll Länge. Die Dimensionen sind
natürlich bei der "Victoria" dieselben wie bei der "Augusta". Die Länge der
"Victoria" beträgt ziemlich 230 Fuß, die Breite etwa 36 Fuß und der Tief"
gang des Hinterschiffs 18 Fuß. und dieser Größe des Fahrzeugs von 1462
Tonnen entspricht denn auch die im Verhältniß zur Geschützzahl sehr starke Be¬
mannung von 230 Mann einschließlich der Offiziere.

Nach dem Kostenanschlag des officiellen Flottcnplans, dem zufolge noch
2 Glattdeckcorvetten gebaut werden sollten, scheint die Absicht zu sein, noch ein
Schiff genau nach dem Muster der "Nymphe", ein andres genau nach dem
Muster der "Augusta" bauen zu lassen, woraus sich als Konsequenz ergeben
würde, daß man auch die neuen Glattdeckcorvetten, deren Beschaffung durch die
Erweiterung zur norddeutschen Bundesflotte nöthig geworden ist, zum Theil
nach dem älteren, zum Theil nach dem neueren Muster construiren wollte. Wir
glauben aber, man wird überhaupt ein ganz neues Modell einführen müssen,
das die Vortheile der beiden genannten Constructionen in sich vereinigt. "Augusta'
und "Victoria" sind schon im Wesentlichen nach dem "Alabama-Princip" gebaut,
wie die Engländer es nennen, nach dem Muster jenes berühmten Kapers der
amerikanischen Conföderation, der trotz seiner geringen Gcschützzahl sich zum
furchtbarsten Feinde der nordamerikanischen Marine gemacht hat, weil er durch
seine enorme Schnelligkeit jeden Kauffahrer zu ereilen und zu kapern und sich
doch jedem überlegnen Kriegsschiff zu entziehn vermochte, und weil er außerdem
durch die Tragweite seiner sehr schweren Geschütze kleineren Unionskriegsschiffen
mit gewöhnlicher Armirung äußerst gefährlich war. Nach dem Muster der "Alabama"
nun haben die Engländer ihre neuesten leichten Corvetten gebaut, eine ganz
neue Classe, die sie nach dem ersten englischen Schiffe dieses Typus, der vor
einiger Zeit im Zusammenstoß mit einem andren Schiff im Kanal unglücklicher¬
weise untergegangnen "Amazone" die "^in-^ein-class" nennen. Auch wir
werden unsre neuen Glattdeckcorvetten nach diesem Princip bauen müssen, d. h.
mit einer Armirung von wenigen sehr schweren Geschützen und außerordentlicher
Schnelligkeit, die nach Möglichkeit nicht sowohl durch starke Maschinen als durch
seine Formung des Schiffskörpers erzielt werden muß. Starke Maschinen he'


Segel und unter Dampf wie ihr Schwesterschiff und sonst nur der Aviso „Grille"
auf. Die Maschine der „Victoria", von Mazelin und Comp. in Havre gefertigt,
liegt sehr tief im Schiff, fast ganz unter der Wasserlinie und ist außerdem auf
beiden Seiten durch die Kohlenbunker geschützt". Die letzteren fassen zusammen
etwa 400 Tonnen Kohlen, von denen bei vollem Dampfdruck d. h. 13'/- Knoten
Schnelligkeit unter gewöhnlichen Umständen 85 Tonnen binnen 24 Stunden
verbraucht werden. Dafür hat aber auch jeder der beiden Flügel der gewaltigen
bronzenen Schraube (die auffälligerweise, obwohl nicht von Eisen, dennoch roth
gefirnißt war und lange nach ihrem Eintreffen in Kiel noch die Aufschrift
Osakka trug) nicht weniger als 7 Fuß 10 Zoll Länge. Die Dimensionen sind
natürlich bei der „Victoria" dieselben wie bei der „Augusta". Die Länge der
„Victoria" beträgt ziemlich 230 Fuß, die Breite etwa 36 Fuß und der Tief«
gang des Hinterschiffs 18 Fuß. und dieser Größe des Fahrzeugs von 1462
Tonnen entspricht denn auch die im Verhältniß zur Geschützzahl sehr starke Be¬
mannung von 230 Mann einschließlich der Offiziere.

Nach dem Kostenanschlag des officiellen Flottcnplans, dem zufolge noch
2 Glattdeckcorvetten gebaut werden sollten, scheint die Absicht zu sein, noch ein
Schiff genau nach dem Muster der „Nymphe", ein andres genau nach dem
Muster der „Augusta" bauen zu lassen, woraus sich als Konsequenz ergeben
würde, daß man auch die neuen Glattdeckcorvetten, deren Beschaffung durch die
Erweiterung zur norddeutschen Bundesflotte nöthig geworden ist, zum Theil
nach dem älteren, zum Theil nach dem neueren Muster construiren wollte. Wir
glauben aber, man wird überhaupt ein ganz neues Modell einführen müssen,
das die Vortheile der beiden genannten Constructionen in sich vereinigt. „Augusta'
und „Victoria" sind schon im Wesentlichen nach dem „Alabama-Princip" gebaut,
wie die Engländer es nennen, nach dem Muster jenes berühmten Kapers der
amerikanischen Conföderation, der trotz seiner geringen Gcschützzahl sich zum
furchtbarsten Feinde der nordamerikanischen Marine gemacht hat, weil er durch
seine enorme Schnelligkeit jeden Kauffahrer zu ereilen und zu kapern und sich
doch jedem überlegnen Kriegsschiff zu entziehn vermochte, und weil er außerdem
durch die Tragweite seiner sehr schweren Geschütze kleineren Unionskriegsschiffen
mit gewöhnlicher Armirung äußerst gefährlich war. Nach dem Muster der „Alabama"
nun haben die Engländer ihre neuesten leichten Corvetten gebaut, eine ganz
neue Classe, die sie nach dem ersten englischen Schiffe dieses Typus, der vor
einiger Zeit im Zusammenstoß mit einem andren Schiff im Kanal unglücklicher¬
weise untergegangnen „Amazone" die „^in-^ein-class" nennen. Auch wir
werden unsre neuen Glattdeckcorvetten nach diesem Princip bauen müssen, d. h.
mit einer Armirung von wenigen sehr schweren Geschützen und außerordentlicher
Schnelligkeit, die nach Möglichkeit nicht sowohl durch starke Maschinen als durch
seine Formung des Schiffskörpers erzielt werden muß. Starke Maschinen he'


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[0265] Segel und unter Dampf wie ihr Schwesterschiff und sonst nur der Aviso „Grille" auf. Die Maschine der „Victoria", von Mazelin und Comp. in Havre gefertigt, liegt sehr tief im Schiff, fast ganz unter der Wasserlinie und ist außerdem auf beiden Seiten durch die Kohlenbunker geschützt". Die letzteren fassen zusammen etwa 400 Tonnen Kohlen, von denen bei vollem Dampfdruck d. h. 13'/- Knoten Schnelligkeit unter gewöhnlichen Umständen 85 Tonnen binnen 24 Stunden verbraucht werden. Dafür hat aber auch jeder der beiden Flügel der gewaltigen bronzenen Schraube (die auffälligerweise, obwohl nicht von Eisen, dennoch roth gefirnißt war und lange nach ihrem Eintreffen in Kiel noch die Aufschrift Osakka trug) nicht weniger als 7 Fuß 10 Zoll Länge. Die Dimensionen sind natürlich bei der „Victoria" dieselben wie bei der „Augusta". Die Länge der „Victoria" beträgt ziemlich 230 Fuß, die Breite etwa 36 Fuß und der Tief« gang des Hinterschiffs 18 Fuß. und dieser Größe des Fahrzeugs von 1462 Tonnen entspricht denn auch die im Verhältniß zur Geschützzahl sehr starke Be¬ mannung von 230 Mann einschließlich der Offiziere. Nach dem Kostenanschlag des officiellen Flottcnplans, dem zufolge noch 2 Glattdeckcorvetten gebaut werden sollten, scheint die Absicht zu sein, noch ein Schiff genau nach dem Muster der „Nymphe", ein andres genau nach dem Muster der „Augusta" bauen zu lassen, woraus sich als Konsequenz ergeben würde, daß man auch die neuen Glattdeckcorvetten, deren Beschaffung durch die Erweiterung zur norddeutschen Bundesflotte nöthig geworden ist, zum Theil nach dem älteren, zum Theil nach dem neueren Muster construiren wollte. Wir glauben aber, man wird überhaupt ein ganz neues Modell einführen müssen, das die Vortheile der beiden genannten Constructionen in sich vereinigt. „Augusta' und „Victoria" sind schon im Wesentlichen nach dem „Alabama-Princip" gebaut, wie die Engländer es nennen, nach dem Muster jenes berühmten Kapers der amerikanischen Conföderation, der trotz seiner geringen Gcschützzahl sich zum furchtbarsten Feinde der nordamerikanischen Marine gemacht hat, weil er durch seine enorme Schnelligkeit jeden Kauffahrer zu ereilen und zu kapern und sich doch jedem überlegnen Kriegsschiff zu entziehn vermochte, und weil er außerdem durch die Tragweite seiner sehr schweren Geschütze kleineren Unionskriegsschiffen mit gewöhnlicher Armirung äußerst gefährlich war. Nach dem Muster der „Alabama" nun haben die Engländer ihre neuesten leichten Corvetten gebaut, eine ganz neue Classe, die sie nach dem ersten englischen Schiffe dieses Typus, der vor einiger Zeit im Zusammenstoß mit einem andren Schiff im Kanal unglücklicher¬ weise untergegangnen „Amazone" die „^in-^ein-class" nennen. Auch wir werden unsre neuen Glattdeckcorvetten nach diesem Princip bauen müssen, d. h. mit einer Armirung von wenigen sehr schweren Geschützen und außerordentlicher Schnelligkeit, die nach Möglichkeit nicht sowohl durch starke Maschinen als durch seine Formung des Schiffskörpers erzielt werden muß. Starke Maschinen he'

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_191229/265>, abgerufen am 15.01.2025.