Voller Stärke hervortreten. -- Uebrigens mögen diejenigen unsrer Leser, welche noch nie Gelegenheit gehabt haben, Seeschiffe zu sehn, im Allgemeinen die Größe derselben nach ihrer äußeren Erscheinung sich nicht allzu bedeutend vor¬ stellen; wir beiden vielfach Enttäuschung bei denjenigen gesehn, die zum ersten Mal in eine Hafenstadt kamen. Theilweise beruht dies allerdings darauf, daß die großen Hafenstädte, wie Hamburg. Stettin, Danzig u. s. w. so weit auf¬ wärts am Strome liegen, daß das Fahrwasser für größere Schiffe der Handels¬ marine und noch vielmehr für Kriegsschiffe zu flach ist. Während wir also von den Schiffen hier nur die kleineren Exemplare zu sehn bekommen, treten uns am Hafenbvllwerk von den Häusern grade jene mächtigen, im Eindruck alles erdrückende" Prachipaläste entgegen, wie die neuere Zeit sie aufgebracht hat, keineswegs jene kleinen Häuser, wie sie früher das Gewöhnliche waren, so daß die Lesebücher unsrer Kinderjahre uns mit Recht erzählen konnten, die Seeschiffe seien größer als unsre Häuser. Anders gestaltet sich der Eindruck, wenn wir große Kriegsschiffe in einem Hafenort mit niedrigen Häusern, wie Swinemünde oder Cuxhaven erblicken, vollends wenn wir sie nicht vom hohen Hafenbollwerk herab betrachten, sondern am Strande stehn oder noch besser in einem Boote anfahren, so daß unser Standpunkt der niedrigere ist. Aber auch so erhalten wir noch nicht den vollen Eindruck von dem Gewaltigen im Bau großer Schiffe: das Schiff im Hafen sind wir immer noch geneigt als ruhende Masse zu be¬ trachten und mit anderen ruhenden Massen, wie Häusern, in Vergleich zu stellen. Und doch ist grade das Impouirende am Schiffe, daß der ganze Bau beweglich ist; erst wenn es in Bewegung ist, und wir es unwillkürlich mit den größten anderen sich fort bewegenden Massen, mit Wagen oder Eisenbahnzügen zu ver¬ gleichen gezwungen sind, erst dann empfinden wir die Größe des mächtigen Gebäudes, dessen Masse uns dann ins Kolossale zu wachsen scheint. Und wie man die Schönheit des edlen llivsses nicht völlig würdigen kann, wenn es in der gedrückten Umgebung des Stalles steht, sondern erst, wenn wir es im Freien dahinsprcngcn sehn, so macht auch das Schiff den richtigen Eindruck erst, wenn es wie ein beseeltes Wesen auf den Wellen wiegend und seine hohen Masten leicht hin und her neigend, pfeilschnell über die Wasserfläche dahingleitet. Und wenn es dann in weiter Ferne zu entschwinden scheint, dann kommt noch ein¬ mal ein Moment, in dem seine Größe recht imponirend ins Auge fällt, wenn es grade auf dem Horizont zu stehn scheint, indem seine Wasserlinie mit der Linie des letzteren zusammenfällt und selbst Briggs und Schooner erscheinen dann, weil sie im Gesichtsfelde so hoch als möglich stehn, als Constructionen von bedeutender Größe.
Die fünfte gedeckte Corvette, die "Elisabeth", ist gegenwärtig auf der königlichen Werft zu Danzig im Bau begriffen. Daß sie, obwohl noch nicht von Stapel gelassen, doch schon einen Namen und zwar den der Königin-Wittwe
Voller Stärke hervortreten. — Uebrigens mögen diejenigen unsrer Leser, welche noch nie Gelegenheit gehabt haben, Seeschiffe zu sehn, im Allgemeinen die Größe derselben nach ihrer äußeren Erscheinung sich nicht allzu bedeutend vor¬ stellen; wir beiden vielfach Enttäuschung bei denjenigen gesehn, die zum ersten Mal in eine Hafenstadt kamen. Theilweise beruht dies allerdings darauf, daß die großen Hafenstädte, wie Hamburg. Stettin, Danzig u. s. w. so weit auf¬ wärts am Strome liegen, daß das Fahrwasser für größere Schiffe der Handels¬ marine und noch vielmehr für Kriegsschiffe zu flach ist. Während wir also von den Schiffen hier nur die kleineren Exemplare zu sehn bekommen, treten uns am Hafenbvllwerk von den Häusern grade jene mächtigen, im Eindruck alles erdrückende» Prachipaläste entgegen, wie die neuere Zeit sie aufgebracht hat, keineswegs jene kleinen Häuser, wie sie früher das Gewöhnliche waren, so daß die Lesebücher unsrer Kinderjahre uns mit Recht erzählen konnten, die Seeschiffe seien größer als unsre Häuser. Anders gestaltet sich der Eindruck, wenn wir große Kriegsschiffe in einem Hafenort mit niedrigen Häusern, wie Swinemünde oder Cuxhaven erblicken, vollends wenn wir sie nicht vom hohen Hafenbollwerk herab betrachten, sondern am Strande stehn oder noch besser in einem Boote anfahren, so daß unser Standpunkt der niedrigere ist. Aber auch so erhalten wir noch nicht den vollen Eindruck von dem Gewaltigen im Bau großer Schiffe: das Schiff im Hafen sind wir immer noch geneigt als ruhende Masse zu be¬ trachten und mit anderen ruhenden Massen, wie Häusern, in Vergleich zu stellen. Und doch ist grade das Impouirende am Schiffe, daß der ganze Bau beweglich ist; erst wenn es in Bewegung ist, und wir es unwillkürlich mit den größten anderen sich fort bewegenden Massen, mit Wagen oder Eisenbahnzügen zu ver¬ gleichen gezwungen sind, erst dann empfinden wir die Größe des mächtigen Gebäudes, dessen Masse uns dann ins Kolossale zu wachsen scheint. Und wie man die Schönheit des edlen llivsses nicht völlig würdigen kann, wenn es in der gedrückten Umgebung des Stalles steht, sondern erst, wenn wir es im Freien dahinsprcngcn sehn, so macht auch das Schiff den richtigen Eindruck erst, wenn es wie ein beseeltes Wesen auf den Wellen wiegend und seine hohen Masten leicht hin und her neigend, pfeilschnell über die Wasserfläche dahingleitet. Und wenn es dann in weiter Ferne zu entschwinden scheint, dann kommt noch ein¬ mal ein Moment, in dem seine Größe recht imponirend ins Auge fällt, wenn es grade auf dem Horizont zu stehn scheint, indem seine Wasserlinie mit der Linie des letzteren zusammenfällt und selbst Briggs und Schooner erscheinen dann, weil sie im Gesichtsfelde so hoch als möglich stehn, als Constructionen von bedeutender Größe.
Die fünfte gedeckte Corvette, die „Elisabeth", ist gegenwärtig auf der königlichen Werft zu Danzig im Bau begriffen. Daß sie, obwohl noch nicht von Stapel gelassen, doch schon einen Namen und zwar den der Königin-Wittwe
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[0256]
Voller Stärke hervortreten. — Uebrigens mögen diejenigen unsrer Leser, welche
noch nie Gelegenheit gehabt haben, Seeschiffe zu sehn, im Allgemeinen die
Größe derselben nach ihrer äußeren Erscheinung sich nicht allzu bedeutend vor¬
stellen; wir beiden vielfach Enttäuschung bei denjenigen gesehn, die zum ersten
Mal in eine Hafenstadt kamen. Theilweise beruht dies allerdings darauf, daß
die großen Hafenstädte, wie Hamburg. Stettin, Danzig u. s. w. so weit auf¬
wärts am Strome liegen, daß das Fahrwasser für größere Schiffe der Handels¬
marine und noch vielmehr für Kriegsschiffe zu flach ist. Während wir also von
den Schiffen hier nur die kleineren Exemplare zu sehn bekommen, treten uns
am Hafenbvllwerk von den Häusern grade jene mächtigen, im Eindruck alles
erdrückende» Prachipaläste entgegen, wie die neuere Zeit sie aufgebracht hat,
keineswegs jene kleinen Häuser, wie sie früher das Gewöhnliche waren, so daß
die Lesebücher unsrer Kinderjahre uns mit Recht erzählen konnten, die Seeschiffe
seien größer als unsre Häuser. Anders gestaltet sich der Eindruck, wenn wir
große Kriegsschiffe in einem Hafenort mit niedrigen Häusern, wie Swinemünde
oder Cuxhaven erblicken, vollends wenn wir sie nicht vom hohen Hafenbollwerk
herab betrachten, sondern am Strande stehn oder noch besser in einem Boote
anfahren, so daß unser Standpunkt der niedrigere ist. Aber auch so erhalten
wir noch nicht den vollen Eindruck von dem Gewaltigen im Bau großer Schiffe:
das Schiff im Hafen sind wir immer noch geneigt als ruhende Masse zu be¬
trachten und mit anderen ruhenden Massen, wie Häusern, in Vergleich zu stellen.
Und doch ist grade das Impouirende am Schiffe, daß der ganze Bau beweglich
ist; erst wenn es in Bewegung ist, und wir es unwillkürlich mit den größten
anderen sich fort bewegenden Massen, mit Wagen oder Eisenbahnzügen zu ver¬
gleichen gezwungen sind, erst dann empfinden wir die Größe des mächtigen
Gebäudes, dessen Masse uns dann ins Kolossale zu wachsen scheint. Und wie
man die Schönheit des edlen llivsses nicht völlig würdigen kann, wenn es in
der gedrückten Umgebung des Stalles steht, sondern erst, wenn wir es im Freien
dahinsprcngcn sehn, so macht auch das Schiff den richtigen Eindruck erst, wenn
es wie ein beseeltes Wesen auf den Wellen wiegend und seine hohen Masten
leicht hin und her neigend, pfeilschnell über die Wasserfläche dahingleitet. Und
wenn es dann in weiter Ferne zu entschwinden scheint, dann kommt noch ein¬
mal ein Moment, in dem seine Größe recht imponirend ins Auge fällt, wenn
es grade auf dem Horizont zu stehn scheint, indem seine Wasserlinie mit der
Linie des letzteren zusammenfällt und selbst Briggs und Schooner erscheinen
dann, weil sie im Gesichtsfelde so hoch als möglich stehn, als Constructionen
von bedeutender Größe.
Die fünfte gedeckte Corvette, die „Elisabeth", ist gegenwärtig auf der
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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_191229/256>, abgerufen am 25.01.2025.
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