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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band.

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Der Kandidat muß den ihm die Wählbarkeit erwirkenden Grundbesitz min¬
destens fünf Jahre vor der Wahl bereits besessen haben.

Mit dem Verlust des Grundbesitzes tritt die Verpflichtung zur sofortigen
Niederlegung des Landratbsamts ein.

Außer der Qualification durch seinen Grundbesitz muß der zum Landrath
Gewählte noch seine Befähigung durch eine Prüfung nachweisen.

Der Landrath ist ständischer und königlicher Beamter zugleich; er beruft
die Kreistage, präsidire denselben, führt ihre Beschlüsse aus und vertritt ihre
Rechte und Interessen.

Andrerseits leitet er die Verhandlungen Namens der Regierung mit den
Kreistagen, ist das ausführende Organ der Bezirksregierung, hat die Handhabung
der Polizei, wirkt bei der Stcuerbeschreibung und Militäraushebung mit und
hat in gewissen Fällen Sitz und Stimme in der ihm übrigens vorgesetzten Re¬
gierung.

Die Besoldung wechselt zwischen 600 Thaler und 1200 Thaler.

Bis 1862 war es Regel, daß der Landrath auf seinem Gute wohnte und
dort sein Bureau hatte und in der Kreisstadt nur Sprechtage abhielt; seit 1862
soll umgekehrt der Regel nach der Landrath in der Kreisstadt und nur aus¬
nahmsweise auf seinem Gute wohnen, eine von der altconscrvativen Partei
heftig angefeindete, doch unsres Erachtens nothwendige Anordnung.

Dem Landrath steht ein Subaltcrnbeamter: der Kreissecretär zur Seite,
der die laufenden Büreauarbciten abzumachen Pflegt.

Die eigentlichen Amtsgeschäfte besorgt der Landrath selbst.

Nimmt man nun an. daß der Landrath vorwiegend Gutsbesitzer ist, daß
ihm eine eigentlich geschäftliche Routine abgeht, daß er trotzdem aber die ge¬
stimmte Verwaltung in einem Kreise von durchschnittlich 60,000 Seelen allein
oder doch nur mit einem Unterbeamten wahrnimmt und vergleicht man dagegen
den Zustand der hannöverschen Verwaltung, wo ans je 60,000 Seelen durch¬
schnittlich 8 rechtsgelchrte Verwaltungsbeamte und noch weit mehr Unterbeamte
fallen, die sämmtlich nichts Andres treiben, wie ihren Dienst versehen, die sich
dieser Dicnstsührung als ihrem Lebensberufe von Jugend an gewidmet haben
so muß man staunen, wie ein preußischer Landrath solch' kolossale Arbeit allein
verrichten kann. Das Räthsel aber löst sich einfach dadurch, daß einmal in
Preußen seit langer Zeit der Staat das Vielregieren aufgegeben und sich aus
die nöthigsten Aufgaben beschränk! hat. während in Hannover das Umgekehrte
der Fall war, dann aber, daß in Preußen den Gemeinden, beziehungsweise den
Kreisen oder sonstigen Corporationen eine Menge Gescdäfte übertragen sind, die
in Hannover die königlichen Aemter wahrnehmen mußten. Das Selfgovern-
ment ist aber in Preußen in umfassender Weise Grundsat, . und das ist das
Charakteristische der ganzen preußischen Staatsverwaltung, zu der eben als in-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_191229/215>, abgerufen am 24.01.2025.