Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band.Nachdem die Macht der einzelnen übermüthigen Vasallen gebrochen war. war In den verschiedenen Provinzen entwickelte sich dies zwar im Einzelnen Trotz der 1812 und 1850 dagegen unternommenen Versuche, die zeitweilig Zu jeder Stelle müssen drei Candidaten in Vorschlag gebracht werden, Wählbar zum Landrath sind in Brandenburg, Pommerl, Schlesien, Sachsen, Nachdem die Macht der einzelnen übermüthigen Vasallen gebrochen war. war In den verschiedenen Provinzen entwickelte sich dies zwar im Einzelnen Trotz der 1812 und 1850 dagegen unternommenen Versuche, die zeitweilig Zu jeder Stelle müssen drei Candidaten in Vorschlag gebracht werden, Wählbar zum Landrath sind in Brandenburg, Pommerl, Schlesien, Sachsen, <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0214" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/191444"/> <p xml:id="ID_594" prev="#ID_593"> Nachdem die Macht der einzelnen übermüthigen Vasallen gebrochen war. war<lb/> auch die fürstliche Gewalt so fest begründet, daß die Regenten sich einzig auf<lb/> den weiteren Ausbau dieser und des Staats beschränken konnten und nicht nö¬<lb/> thig hatten, im großen Privatgrundbesitz den Rückhalt für die Regierungsgewalt<lb/> zu suchen. Die häßlichen Streitigkeiten über die Qualität der Domänen :c.<lb/> wurden in Preußen dadurch vermieden; es bestand stets ein ordentliches Staats¬<lb/> finanzwesen und der sonst so peinlich urgirte Gegensatz zwischen landesherrlicher<lb/> und Landeskasse konnte in Preußen niemals eine Rolle spielen. Die Regierlmg<lb/> erstreckte sich nicht weiter, als auf die eigentlichen Staatszwecke; die Communal-<lb/> interessen und die Interessen der zwischen den Communen und dem Staate selbst<lb/> geschichtlich entstandenen größeren Verbände zu wahren, überließ sie diesen selbst<lb/> verlangte dagegen von ihren Organen, wie sie ihnen ihrerseits eine gewisse Betheili"<lb/> gnug an den Staatsgeschäften überließ, auch volle Hingebung an die staatlichen<lb/> Aufgaben, die sie ihnen übertrug.</p><lb/> <p xml:id="ID_595"> In den verschiedenen Provinzen entwickelte sich dies zwar im Einzelnen<lb/> durchaus verschieden; die Kreisstandc waren verschieden organisirt; die Zahl<lb/> ihrer Organe und der Umfang "Von deren Rechten war nicht überall gleich;<lb/> dennoch war das Princip: die Lolalvcrwaltung liegt einem durch das Vertrauen<lb/> seiner Genossen dazu berufenen Grundbesitzer des Kreises — dem Landrath ob,<lb/> der ständischer und königlicher Beamter zugleich ist und sein Amt als Ehren¬<lb/> amt führt, — bereits gegen Mitte des vorigen Jahrhunderts so feststehend und<lb/> galt als so im Charakter des preußischen Staates begründet, daß Friedrich der<lb/> Große dies Institut 1742 auch sofort in der neugewonnenen Provinz Schlesien<lb/> einführte.</p><lb/> <p xml:id="ID_596"> Trotz der 1812 und 1850 dagegen unternommenen Versuche, die zeitweilig<lb/> allerdings das altprcußische Landrathsinstitut zu untergraben schienen, hat dasselbe<lb/> sich bis heute im Wesentlichen ans der alten Grundlage erhalten, und ist der<lb/> gegenwärtige Zustand folgender. Die Kreise wechseln in ihrer Größe außer¬<lb/> ordentlich; ihre. Eintheilung beruht meist auf aller geschichtlicher Gliederung.<lb/> Das Wahlrecht zum Landrath steht in der Rheinprovinz und Wesiphalcn sowie<lb/> einem Theil der Provinz Sachsen den Kreisstcindcn. in den übrigen Theilen der<lb/> Monarchie den Rittergutsbesitzern zu. In Posen, wo sonst auch den Kreis¬<lb/> ständen das Wahlrecht zustand, ist dieses zur Zeit suspendirt und das Ernen-<lb/> nungsrccht zum Landrath der Regierung übertragen.</p><lb/> <p xml:id="ID_597"> Zu jeder Stelle müssen drei Candidaten in Vorschlag gebracht werden,<lb/> von denen die Regierung einen auswählt.</p><lb/> <p xml:id="ID_598"> Wählbar zum Landrath sind in Brandenburg, Pommerl, Schlesien, Sachsen,<lb/> Posen und Preußen nur Rittergutsbesitzer des betreffenden Kreises, in der<lb/> Rheinprovinz und Westphalen neben den Rittergutsbesitzern auch die notabelsten<lb/> unter den übrigen ländlichen Grundbesitzer».</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0214]
Nachdem die Macht der einzelnen übermüthigen Vasallen gebrochen war. war
auch die fürstliche Gewalt so fest begründet, daß die Regenten sich einzig auf
den weiteren Ausbau dieser und des Staats beschränken konnten und nicht nö¬
thig hatten, im großen Privatgrundbesitz den Rückhalt für die Regierungsgewalt
zu suchen. Die häßlichen Streitigkeiten über die Qualität der Domänen :c.
wurden in Preußen dadurch vermieden; es bestand stets ein ordentliches Staats¬
finanzwesen und der sonst so peinlich urgirte Gegensatz zwischen landesherrlicher
und Landeskasse konnte in Preußen niemals eine Rolle spielen. Die Regierlmg
erstreckte sich nicht weiter, als auf die eigentlichen Staatszwecke; die Communal-
interessen und die Interessen der zwischen den Communen und dem Staate selbst
geschichtlich entstandenen größeren Verbände zu wahren, überließ sie diesen selbst
verlangte dagegen von ihren Organen, wie sie ihnen ihrerseits eine gewisse Betheili"
gnug an den Staatsgeschäften überließ, auch volle Hingebung an die staatlichen
Aufgaben, die sie ihnen übertrug.
In den verschiedenen Provinzen entwickelte sich dies zwar im Einzelnen
durchaus verschieden; die Kreisstandc waren verschieden organisirt; die Zahl
ihrer Organe und der Umfang "Von deren Rechten war nicht überall gleich;
dennoch war das Princip: die Lolalvcrwaltung liegt einem durch das Vertrauen
seiner Genossen dazu berufenen Grundbesitzer des Kreises — dem Landrath ob,
der ständischer und königlicher Beamter zugleich ist und sein Amt als Ehren¬
amt führt, — bereits gegen Mitte des vorigen Jahrhunderts so feststehend und
galt als so im Charakter des preußischen Staates begründet, daß Friedrich der
Große dies Institut 1742 auch sofort in der neugewonnenen Provinz Schlesien
einführte.
Trotz der 1812 und 1850 dagegen unternommenen Versuche, die zeitweilig
allerdings das altprcußische Landrathsinstitut zu untergraben schienen, hat dasselbe
sich bis heute im Wesentlichen ans der alten Grundlage erhalten, und ist der
gegenwärtige Zustand folgender. Die Kreise wechseln in ihrer Größe außer¬
ordentlich; ihre. Eintheilung beruht meist auf aller geschichtlicher Gliederung.
Das Wahlrecht zum Landrath steht in der Rheinprovinz und Wesiphalcn sowie
einem Theil der Provinz Sachsen den Kreisstcindcn. in den übrigen Theilen der
Monarchie den Rittergutsbesitzern zu. In Posen, wo sonst auch den Kreis¬
ständen das Wahlrecht zustand, ist dieses zur Zeit suspendirt und das Ernen-
nungsrccht zum Landrath der Regierung übertragen.
Zu jeder Stelle müssen drei Candidaten in Vorschlag gebracht werden,
von denen die Regierung einen auswählt.
Wählbar zum Landrath sind in Brandenburg, Pommerl, Schlesien, Sachsen,
Posen und Preußen nur Rittergutsbesitzer des betreffenden Kreises, in der
Rheinprovinz und Westphalen neben den Rittergutsbesitzern auch die notabelsten
unter den übrigen ländlichen Grundbesitzer».
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