Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

in Anregung gebracht und in seinem Dictamen vom 3, December nochmals die
Gründe recapitulirt hat, welche gegen die augenblickliche Verwaltung und Be¬
nutzung der drei Landesklöster mit Recht vorgebracht werden können!

Noch umfassendere Darlegung dieser Frage findet man in der ganzen An¬
zahl der werthvollen Sendschreiben des Herrn Dr. Schnelle an die Gutsbesitzer
bürgerlichen Standes, namentlich des dritten von 1841, in der Sr. königlichen
Hoheit dem Großherzoge unterm 6. November 1841 überreichten "Begründung",
sowie im vierten, in der Verwahrung vom 23. November 1841 u. s. f.

Aus allen vorgebrachten Argumenten geht hervor, daß die jetzige Verwal¬
tung und Benutzung der Klöster im Widerspruch mit der Ueberwcisungsacte
vom Jahre 1572 steht. Wenn man auch Rücksicht nehmen muß. daß eine
solche Umwandlung aus Irrthum entstanden ist, so wird, nachdem dieser Irr¬
thum erkannt worden, das ganze Land auf die Billigkeit der sich augenblicklich
im Besitz befindenden Personen rechnen müssen, damit auch von dieser Seite
eine ruhige und vernünftige Regulirung dieser Angelegenheit Platz greifen kann.

Es sind aber zwei Punkte, welche solche Rectification besonders erschweren,
nämlich die sogenannten Exspectantenlisten und der Umstand, daß die Spitzen
der Regierung sich dieser Frage gegenüber in einer ganz besonderen Situation
befinden, indem dieselben auch zu dem sogenannten eingeborenen und recipirten
Adel gezählt sein wollen, über dessen Begriff noch immer seit den herzoglichen
Rescripten vom 7. März 1789 und 18, November 1793 eine gesetzliche Definition
fehlt, die aber as Keto agirt.

Die Exspectantenlisten sind schon vor dem Landesverglcich vom Adel auf
dem Landtage beliebt und dahin festgestellt, daß jedes Mitglied, welches sich
zum eingeborenen oder recipirten Adel zählt, befugt sein soll, gleich nach der
Geburt einer Tochter dieselbe bei den Klöstern anzumelden, wonach das Kind
in obige Listen eingetragen und nach der Reihenfolge zum Genuß von Ein¬
künften aus den Kassen der Klöster kommen kann. Ueber die Zahl der so Ein¬
geschriebenen ist zwar im Publikum nichts bekannt, doch kann man annehmen,
daß sie ziemlich groß sein muß.

Es wäre nun sowohl hart als unbillig, wenn man sowohl den bereits im Ge¬
nuß solcher Einkünfte sich Befindenden, als denen, welchen durch Eintragung in
die Exspectantenlisten die Aussicht darauf eröffnet ist, irgendetwas hiervon schmä¬
lern wollte, vielmehr müssen diese jedenfalls bis zu ihrem Ende in Besitz bleiben;
aber gerecht wäre es auch gewiß, wenn man diese Exspectantenlisten so bald wie
möglich schlösse, da ohne einen solchen Schluß die nothwendige Veränderung
nicht eintreten kann. Zum Glück giebt der qu. Erbvcrgleich von 1753 hierfür
in seinem § 123 einen gesetzlichen Anhaltepunkt, indem derselbe lautet:

"Die von der Landesherrschaft bisher" nicht abgenommenen Rechnungen
'dieser dreyer Klöster sollen nach Inhalt vorangegangener Neversalen von Uns
*


6

in Anregung gebracht und in seinem Dictamen vom 3, December nochmals die
Gründe recapitulirt hat, welche gegen die augenblickliche Verwaltung und Be¬
nutzung der drei Landesklöster mit Recht vorgebracht werden können!

Noch umfassendere Darlegung dieser Frage findet man in der ganzen An¬
zahl der werthvollen Sendschreiben des Herrn Dr. Schnelle an die Gutsbesitzer
bürgerlichen Standes, namentlich des dritten von 1841, in der Sr. königlichen
Hoheit dem Großherzoge unterm 6. November 1841 überreichten „Begründung",
sowie im vierten, in der Verwahrung vom 23. November 1841 u. s. f.

Aus allen vorgebrachten Argumenten geht hervor, daß die jetzige Verwal¬
tung und Benutzung der Klöster im Widerspruch mit der Ueberwcisungsacte
vom Jahre 1572 steht. Wenn man auch Rücksicht nehmen muß. daß eine
solche Umwandlung aus Irrthum entstanden ist, so wird, nachdem dieser Irr¬
thum erkannt worden, das ganze Land auf die Billigkeit der sich augenblicklich
im Besitz befindenden Personen rechnen müssen, damit auch von dieser Seite
eine ruhige und vernünftige Regulirung dieser Angelegenheit Platz greifen kann.

Es sind aber zwei Punkte, welche solche Rectification besonders erschweren,
nämlich die sogenannten Exspectantenlisten und der Umstand, daß die Spitzen
der Regierung sich dieser Frage gegenüber in einer ganz besonderen Situation
befinden, indem dieselben auch zu dem sogenannten eingeborenen und recipirten
Adel gezählt sein wollen, über dessen Begriff noch immer seit den herzoglichen
Rescripten vom 7. März 1789 und 18, November 1793 eine gesetzliche Definition
fehlt, die aber as Keto agirt.

Die Exspectantenlisten sind schon vor dem Landesverglcich vom Adel auf
dem Landtage beliebt und dahin festgestellt, daß jedes Mitglied, welches sich
zum eingeborenen oder recipirten Adel zählt, befugt sein soll, gleich nach der
Geburt einer Tochter dieselbe bei den Klöstern anzumelden, wonach das Kind
in obige Listen eingetragen und nach der Reihenfolge zum Genuß von Ein¬
künften aus den Kassen der Klöster kommen kann. Ueber die Zahl der so Ein¬
geschriebenen ist zwar im Publikum nichts bekannt, doch kann man annehmen,
daß sie ziemlich groß sein muß.

Es wäre nun sowohl hart als unbillig, wenn man sowohl den bereits im Ge¬
nuß solcher Einkünfte sich Befindenden, als denen, welchen durch Eintragung in
die Exspectantenlisten die Aussicht darauf eröffnet ist, irgendetwas hiervon schmä¬
lern wollte, vielmehr müssen diese jedenfalls bis zu ihrem Ende in Besitz bleiben;
aber gerecht wäre es auch gewiß, wenn man diese Exspectantenlisten so bald wie
möglich schlösse, da ohne einen solchen Schluß die nothwendige Veränderung
nicht eintreten kann. Zum Glück giebt der qu. Erbvcrgleich von 1753 hierfür
in seinem § 123 einen gesetzlichen Anhaltepunkt, indem derselbe lautet:

„Die von der Landesherrschaft bisher» nicht abgenommenen Rechnungen
'dieser dreyer Klöster sollen nach Inhalt vorangegangener Neversalen von Uns
*


6
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0053" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/190212"/>
            <p xml:id="ID_138"> in Anregung gebracht und in seinem Dictamen vom 3, December nochmals die<lb/>
Gründe recapitulirt hat, welche gegen die augenblickliche Verwaltung und Be¬<lb/>
nutzung der drei Landesklöster mit Recht vorgebracht werden können!</p><lb/>
            <p xml:id="ID_139"> Noch umfassendere Darlegung dieser Frage findet man in der ganzen An¬<lb/>
zahl der werthvollen Sendschreiben des Herrn Dr. Schnelle an die Gutsbesitzer<lb/>
bürgerlichen Standes, namentlich des dritten von 1841, in der Sr. königlichen<lb/>
Hoheit dem Großherzoge unterm 6. November 1841 überreichten &#x201E;Begründung",<lb/>
sowie im vierten, in der Verwahrung vom 23. November 1841 u. s. f.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_140"> Aus allen vorgebrachten Argumenten geht hervor, daß die jetzige Verwal¬<lb/>
tung und Benutzung der Klöster im Widerspruch mit der Ueberwcisungsacte<lb/>
vom Jahre 1572 steht. Wenn man auch Rücksicht nehmen muß. daß eine<lb/>
solche Umwandlung aus Irrthum entstanden ist, so wird, nachdem dieser Irr¬<lb/>
thum erkannt worden, das ganze Land auf die Billigkeit der sich augenblicklich<lb/>
im Besitz befindenden Personen rechnen müssen, damit auch von dieser Seite<lb/>
eine ruhige und vernünftige Regulirung dieser Angelegenheit Platz greifen kann.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_141"> Es sind aber zwei Punkte, welche solche Rectification besonders erschweren,<lb/>
nämlich die sogenannten Exspectantenlisten und der Umstand, daß die Spitzen<lb/>
der Regierung sich dieser Frage gegenüber in einer ganz besonderen Situation<lb/>
befinden, indem dieselben auch zu dem sogenannten eingeborenen und recipirten<lb/>
Adel gezählt sein wollen, über dessen Begriff noch immer seit den herzoglichen<lb/>
Rescripten vom 7. März 1789 und 18, November 1793 eine gesetzliche Definition<lb/>
fehlt, die aber as Keto agirt.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_142"> Die Exspectantenlisten sind schon vor dem Landesverglcich vom Adel auf<lb/>
dem Landtage beliebt und dahin festgestellt, daß jedes Mitglied, welches sich<lb/>
zum eingeborenen oder recipirten Adel zählt, befugt sein soll, gleich nach der<lb/>
Geburt einer Tochter dieselbe bei den Klöstern anzumelden, wonach das Kind<lb/>
in obige Listen eingetragen und nach der Reihenfolge zum Genuß von Ein¬<lb/>
künften aus den Kassen der Klöster kommen kann. Ueber die Zahl der so Ein¬<lb/>
geschriebenen ist zwar im Publikum nichts bekannt, doch kann man annehmen,<lb/>
daß sie ziemlich groß sein muß.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_143"> Es wäre nun sowohl hart als unbillig, wenn man sowohl den bereits im Ge¬<lb/>
nuß solcher Einkünfte sich Befindenden, als denen, welchen durch Eintragung in<lb/>
die Exspectantenlisten die Aussicht darauf eröffnet ist, irgendetwas hiervon schmä¬<lb/>
lern wollte, vielmehr müssen diese jedenfalls bis zu ihrem Ende in Besitz bleiben;<lb/>
aber gerecht wäre es auch gewiß, wenn man diese Exspectantenlisten so bald wie<lb/>
möglich schlösse, da ohne einen solchen Schluß die nothwendige Veränderung<lb/>
nicht eintreten kann. Zum Glück giebt der qu. Erbvcrgleich von 1753 hierfür<lb/>
in seinem § 123 einen gesetzlichen Anhaltepunkt, indem derselbe lautet:</p><lb/>
            <p xml:id="ID_144"> &#x201E;Die von der Landesherrschaft bisher» nicht abgenommenen Rechnungen<lb/>
'dieser dreyer Klöster sollen nach Inhalt vorangegangener Neversalen von Uns<lb/>
*</p><lb/>
            <fw type="sig" place="bottom"> 6</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0053] in Anregung gebracht und in seinem Dictamen vom 3, December nochmals die Gründe recapitulirt hat, welche gegen die augenblickliche Verwaltung und Be¬ nutzung der drei Landesklöster mit Recht vorgebracht werden können! Noch umfassendere Darlegung dieser Frage findet man in der ganzen An¬ zahl der werthvollen Sendschreiben des Herrn Dr. Schnelle an die Gutsbesitzer bürgerlichen Standes, namentlich des dritten von 1841, in der Sr. königlichen Hoheit dem Großherzoge unterm 6. November 1841 überreichten „Begründung", sowie im vierten, in der Verwahrung vom 23. November 1841 u. s. f. Aus allen vorgebrachten Argumenten geht hervor, daß die jetzige Verwal¬ tung und Benutzung der Klöster im Widerspruch mit der Ueberwcisungsacte vom Jahre 1572 steht. Wenn man auch Rücksicht nehmen muß. daß eine solche Umwandlung aus Irrthum entstanden ist, so wird, nachdem dieser Irr¬ thum erkannt worden, das ganze Land auf die Billigkeit der sich augenblicklich im Besitz befindenden Personen rechnen müssen, damit auch von dieser Seite eine ruhige und vernünftige Regulirung dieser Angelegenheit Platz greifen kann. Es sind aber zwei Punkte, welche solche Rectification besonders erschweren, nämlich die sogenannten Exspectantenlisten und der Umstand, daß die Spitzen der Regierung sich dieser Frage gegenüber in einer ganz besonderen Situation befinden, indem dieselben auch zu dem sogenannten eingeborenen und recipirten Adel gezählt sein wollen, über dessen Begriff noch immer seit den herzoglichen Rescripten vom 7. März 1789 und 18, November 1793 eine gesetzliche Definition fehlt, die aber as Keto agirt. Die Exspectantenlisten sind schon vor dem Landesverglcich vom Adel auf dem Landtage beliebt und dahin festgestellt, daß jedes Mitglied, welches sich zum eingeborenen oder recipirten Adel zählt, befugt sein soll, gleich nach der Geburt einer Tochter dieselbe bei den Klöstern anzumelden, wonach das Kind in obige Listen eingetragen und nach der Reihenfolge zum Genuß von Ein¬ künften aus den Kassen der Klöster kommen kann. Ueber die Zahl der so Ein¬ geschriebenen ist zwar im Publikum nichts bekannt, doch kann man annehmen, daß sie ziemlich groß sein muß. Es wäre nun sowohl hart als unbillig, wenn man sowohl den bereits im Ge¬ nuß solcher Einkünfte sich Befindenden, als denen, welchen durch Eintragung in die Exspectantenlisten die Aussicht darauf eröffnet ist, irgendetwas hiervon schmä¬ lern wollte, vielmehr müssen diese jedenfalls bis zu ihrem Ende in Besitz bleiben; aber gerecht wäre es auch gewiß, wenn man diese Exspectantenlisten so bald wie möglich schlösse, da ohne einen solchen Schluß die nothwendige Veränderung nicht eintreten kann. Zum Glück giebt der qu. Erbvcrgleich von 1753 hierfür in seinem § 123 einen gesetzlichen Anhaltepunkt, indem derselbe lautet: „Die von der Landesherrschaft bisher» nicht abgenommenen Rechnungen 'dieser dreyer Klöster sollen nach Inhalt vorangegangener Neversalen von Uns * 6

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_190158
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_190158/53
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_190158/53>, abgerufen am 02.07.2024.