Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

bestimmt waren, fast ausschließlich Versorgungsanstalten für die
Töchter des eingebornen und recipirten Adels zu machen! -- Der
Werth der Klöster ist auf über sechs Millionen zu berechnen, deren Ertrag jähr¬
lich auf circa eine Viertelmillion sich beläuft. Würden diese in zweckmäßiger
Weise zu fundationsmäßigen Erziehungszwecken verwandt, so wären die Millet
geschaffen, um viele der Hauptübelstände zu beseitigen, an welchen das Schul¬
wesen im Lande leidet und die Reformbestrebungen wegen desselben scheitern.
In der jetzigen Benutzung der drei Klöster liegt mithin ein Unrecht gegen die
ganze Bevölkerung. So lange die jetzige ständische Verfassung, welche dem ein¬
gebornen und recipirten Adel den überwiegendsten Einfluß einräumt, bleibt,
wird dieser Uebelstand schwerlich beseitigt. Wenn aber die in Aussicht stehende
neue Ordnung der Dinge dahin führen sollte, daß Mecklenburg eine andere
Verfassung und von der ganzen Bevölkerung gewählte Landstände erhielte, so
ist die Hoffnung eine berechtigte, daß die anders zusammengesetzten Landstände
auch eine andere Verwaltung und Benutzung der Klosterrevenuen herbeiführen
werden, wozu sie um so mehr berechtigt wären, als die Neversalen von 1572
nicht dem eingebornen Adel, sondern ausdrücklich der Landschaft, d. h. gesammten
Landständen die Klöster zu Erziehungszwecken für das ganze Land überweisen.
Bei dem hohen materiellen Interesse, welches sich an die Klöster knüpft, ist aber
die politische Bedeutung derselben nicht zu übersehen. Der Werth von sechs
Millionen, den sie repräsentiren, bildet ein mächtiges, nicht zu verkennendes
Band, wodurch das Interesse des Adels an den Fortbestand der alten Landes¬
verfassung geknüpft wird. Ich halte es jetzt für nützlich, auf diese Verhältnisse
aufmerksam zu machen, da die Coujuncturcn den Bestrebungen derjenigen günstig
zu werden scheinen, welche eine gründliche Reform unserer Verhältnisse anstreben.
Der Herr Vicelandmarschall v. Maltzan hat mich durch Zurückweisung meiner
Betheiligung an der Wahl verhindert, meine A-bsichten in Betreff der Klöster
anderweitig geltend zu machen und so sehe ich mich veranlaßt, sowohl gegen
dieses Verfahren, als auch gegen die Benutzung der Klöster zu Gunsten des
eingebornen und recipirten Adels zu protestiren.

Der hohen Versammlung empfehle ich mich so hochachtungsvoll als ergebenst.

Infolge dieses Dictamens bringt das Rostocker Tageblatt in Ur. 293 einen
Aufsatz des Herrn Manccke-Duggenkovpel. "die Klosterfrage" betitelt, worin
nachgewiesen wird, auf welche sinnreiche Weise der augenblickliche Besitz der
Klöster durch den Adelsverein Vom 3. December 1795 so recht befestigt worden.
Derselbe lautet:

Man ist dem Herrn Pogge auf Pölitz, der es selbst unter den jetzt ob¬
waltenden Verhältnissen über sich gewinnen kann, den Landtag zu besuchen,
gewiß zu Dank verpflichtet, daß er diese so höchst wichtige Frage einmal wieder


bestimmt waren, fast ausschließlich Versorgungsanstalten für die
Töchter des eingebornen und recipirten Adels zu machen! — Der
Werth der Klöster ist auf über sechs Millionen zu berechnen, deren Ertrag jähr¬
lich auf circa eine Viertelmillion sich beläuft. Würden diese in zweckmäßiger
Weise zu fundationsmäßigen Erziehungszwecken verwandt, so wären die Millet
geschaffen, um viele der Hauptübelstände zu beseitigen, an welchen das Schul¬
wesen im Lande leidet und die Reformbestrebungen wegen desselben scheitern.
In der jetzigen Benutzung der drei Klöster liegt mithin ein Unrecht gegen die
ganze Bevölkerung. So lange die jetzige ständische Verfassung, welche dem ein¬
gebornen und recipirten Adel den überwiegendsten Einfluß einräumt, bleibt,
wird dieser Uebelstand schwerlich beseitigt. Wenn aber die in Aussicht stehende
neue Ordnung der Dinge dahin führen sollte, daß Mecklenburg eine andere
Verfassung und von der ganzen Bevölkerung gewählte Landstände erhielte, so
ist die Hoffnung eine berechtigte, daß die anders zusammengesetzten Landstände
auch eine andere Verwaltung und Benutzung der Klosterrevenuen herbeiführen
werden, wozu sie um so mehr berechtigt wären, als die Neversalen von 1572
nicht dem eingebornen Adel, sondern ausdrücklich der Landschaft, d. h. gesammten
Landständen die Klöster zu Erziehungszwecken für das ganze Land überweisen.
Bei dem hohen materiellen Interesse, welches sich an die Klöster knüpft, ist aber
die politische Bedeutung derselben nicht zu übersehen. Der Werth von sechs
Millionen, den sie repräsentiren, bildet ein mächtiges, nicht zu verkennendes
Band, wodurch das Interesse des Adels an den Fortbestand der alten Landes¬
verfassung geknüpft wird. Ich halte es jetzt für nützlich, auf diese Verhältnisse
aufmerksam zu machen, da die Coujuncturcn den Bestrebungen derjenigen günstig
zu werden scheinen, welche eine gründliche Reform unserer Verhältnisse anstreben.
Der Herr Vicelandmarschall v. Maltzan hat mich durch Zurückweisung meiner
Betheiligung an der Wahl verhindert, meine A-bsichten in Betreff der Klöster
anderweitig geltend zu machen und so sehe ich mich veranlaßt, sowohl gegen
dieses Verfahren, als auch gegen die Benutzung der Klöster zu Gunsten des
eingebornen und recipirten Adels zu protestiren.

Der hohen Versammlung empfehle ich mich so hochachtungsvoll als ergebenst.

Infolge dieses Dictamens bringt das Rostocker Tageblatt in Ur. 293 einen
Aufsatz des Herrn Manccke-Duggenkovpel. „die Klosterfrage" betitelt, worin
nachgewiesen wird, auf welche sinnreiche Weise der augenblickliche Besitz der
Klöster durch den Adelsverein Vom 3. December 1795 so recht befestigt worden.
Derselbe lautet:

Man ist dem Herrn Pogge auf Pölitz, der es selbst unter den jetzt ob¬
waltenden Verhältnissen über sich gewinnen kann, den Landtag zu besuchen,
gewiß zu Dank verpflichtet, daß er diese so höchst wichtige Frage einmal wieder


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0052" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/190211"/>
            <p xml:id="ID_134" prev="#ID_133"> bestimmt waren, fast ausschließlich Versorgungsanstalten für die<lb/>
Töchter des eingebornen und recipirten Adels zu machen! &#x2014; Der<lb/>
Werth der Klöster ist auf über sechs Millionen zu berechnen, deren Ertrag jähr¬<lb/>
lich auf circa eine Viertelmillion sich beläuft. Würden diese in zweckmäßiger<lb/>
Weise zu fundationsmäßigen Erziehungszwecken verwandt, so wären die Millet<lb/>
geschaffen, um viele der Hauptübelstände zu beseitigen, an welchen das Schul¬<lb/>
wesen im Lande leidet und die Reformbestrebungen wegen desselben scheitern.<lb/>
In der jetzigen Benutzung der drei Klöster liegt mithin ein Unrecht gegen die<lb/>
ganze Bevölkerung. So lange die jetzige ständische Verfassung, welche dem ein¬<lb/>
gebornen und recipirten Adel den überwiegendsten Einfluß einräumt, bleibt,<lb/>
wird dieser Uebelstand schwerlich beseitigt. Wenn aber die in Aussicht stehende<lb/>
neue Ordnung der Dinge dahin führen sollte, daß Mecklenburg eine andere<lb/>
Verfassung und von der ganzen Bevölkerung gewählte Landstände erhielte, so<lb/>
ist die Hoffnung eine berechtigte, daß die anders zusammengesetzten Landstände<lb/>
auch eine andere Verwaltung und Benutzung der Klosterrevenuen herbeiführen<lb/>
werden, wozu sie um so mehr berechtigt wären, als die Neversalen von 1572<lb/>
nicht dem eingebornen Adel, sondern ausdrücklich der Landschaft, d. h. gesammten<lb/>
Landständen die Klöster zu Erziehungszwecken für das ganze Land überweisen.<lb/>
Bei dem hohen materiellen Interesse, welches sich an die Klöster knüpft, ist aber<lb/>
die politische Bedeutung derselben nicht zu übersehen. Der Werth von sechs<lb/>
Millionen, den sie repräsentiren, bildet ein mächtiges, nicht zu verkennendes<lb/>
Band, wodurch das Interesse des Adels an den Fortbestand der alten Landes¬<lb/>
verfassung geknüpft wird. Ich halte es jetzt für nützlich, auf diese Verhältnisse<lb/>
aufmerksam zu machen, da die Coujuncturcn den Bestrebungen derjenigen günstig<lb/>
zu werden scheinen, welche eine gründliche Reform unserer Verhältnisse anstreben.<lb/>
Der Herr Vicelandmarschall v. Maltzan hat mich durch Zurückweisung meiner<lb/>
Betheiligung an der Wahl verhindert, meine A-bsichten in Betreff der Klöster<lb/>
anderweitig geltend zu machen und so sehe ich mich veranlaßt, sowohl gegen<lb/>
dieses Verfahren, als auch gegen die Benutzung der Klöster zu Gunsten des<lb/>
eingebornen und recipirten Adels zu protestiren.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_135"> Der hohen Versammlung empfehle ich mich so hochachtungsvoll als ergebenst.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_136"> Infolge dieses Dictamens bringt das Rostocker Tageblatt in Ur. 293 einen<lb/>
Aufsatz des Herrn Manccke-Duggenkovpel. &#x201E;die Klosterfrage" betitelt, worin<lb/>
nachgewiesen wird, auf welche sinnreiche Weise der augenblickliche Besitz der<lb/>
Klöster durch den Adelsverein Vom 3. December 1795 so recht befestigt worden.<lb/>
Derselbe lautet:</p><lb/>
            <p xml:id="ID_137"> Man ist dem Herrn Pogge auf Pölitz, der es selbst unter den jetzt ob¬<lb/>
waltenden Verhältnissen über sich gewinnen kann, den Landtag zu besuchen,<lb/>
gewiß zu Dank verpflichtet, daß er diese so höchst wichtige Frage einmal wieder</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0052] bestimmt waren, fast ausschließlich Versorgungsanstalten für die Töchter des eingebornen und recipirten Adels zu machen! — Der Werth der Klöster ist auf über sechs Millionen zu berechnen, deren Ertrag jähr¬ lich auf circa eine Viertelmillion sich beläuft. Würden diese in zweckmäßiger Weise zu fundationsmäßigen Erziehungszwecken verwandt, so wären die Millet geschaffen, um viele der Hauptübelstände zu beseitigen, an welchen das Schul¬ wesen im Lande leidet und die Reformbestrebungen wegen desselben scheitern. In der jetzigen Benutzung der drei Klöster liegt mithin ein Unrecht gegen die ganze Bevölkerung. So lange die jetzige ständische Verfassung, welche dem ein¬ gebornen und recipirten Adel den überwiegendsten Einfluß einräumt, bleibt, wird dieser Uebelstand schwerlich beseitigt. Wenn aber die in Aussicht stehende neue Ordnung der Dinge dahin führen sollte, daß Mecklenburg eine andere Verfassung und von der ganzen Bevölkerung gewählte Landstände erhielte, so ist die Hoffnung eine berechtigte, daß die anders zusammengesetzten Landstände auch eine andere Verwaltung und Benutzung der Klosterrevenuen herbeiführen werden, wozu sie um so mehr berechtigt wären, als die Neversalen von 1572 nicht dem eingebornen Adel, sondern ausdrücklich der Landschaft, d. h. gesammten Landständen die Klöster zu Erziehungszwecken für das ganze Land überweisen. Bei dem hohen materiellen Interesse, welches sich an die Klöster knüpft, ist aber die politische Bedeutung derselben nicht zu übersehen. Der Werth von sechs Millionen, den sie repräsentiren, bildet ein mächtiges, nicht zu verkennendes Band, wodurch das Interesse des Adels an den Fortbestand der alten Landes¬ verfassung geknüpft wird. Ich halte es jetzt für nützlich, auf diese Verhältnisse aufmerksam zu machen, da die Coujuncturcn den Bestrebungen derjenigen günstig zu werden scheinen, welche eine gründliche Reform unserer Verhältnisse anstreben. Der Herr Vicelandmarschall v. Maltzan hat mich durch Zurückweisung meiner Betheiligung an der Wahl verhindert, meine A-bsichten in Betreff der Klöster anderweitig geltend zu machen und so sehe ich mich veranlaßt, sowohl gegen dieses Verfahren, als auch gegen die Benutzung der Klöster zu Gunsten des eingebornen und recipirten Adels zu protestiren. Der hohen Versammlung empfehle ich mich so hochachtungsvoll als ergebenst. Infolge dieses Dictamens bringt das Rostocker Tageblatt in Ur. 293 einen Aufsatz des Herrn Manccke-Duggenkovpel. „die Klosterfrage" betitelt, worin nachgewiesen wird, auf welche sinnreiche Weise der augenblickliche Besitz der Klöster durch den Adelsverein Vom 3. December 1795 so recht befestigt worden. Derselbe lautet: Man ist dem Herrn Pogge auf Pölitz, der es selbst unter den jetzt ob¬ waltenden Verhältnissen über sich gewinnen kann, den Landtag zu besuchen, gewiß zu Dank verpflichtet, daß er diese so höchst wichtige Frage einmal wieder

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_190158
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_190158/52
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_190158/52>, abgerufen am 22.12.2024.