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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. I. Band.

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sein soll. Die Gardeunteroffizierscompagnie hat wieder brandenburgisch ponceau-
rothe Aufschläge und auch Haarbüschc auf dem Helm, aber diese Haarbüsche
sind schwarz; der Generalquartiermeisterstab und die Pioniercompagnie haben
carmoisinrothe Aufschläge und auch Haarbüsche, aber diese Haarbüsche sind weiß
und ponceaurvth.

Das erste Reiterregiment hat ponceaurothe, das zweite hat weiße Kragen
am grünen Waffenrock. Die Artillerie ist blau mit schwarzem Kragen und
dunkelblauen Aufschlägen. Das erste Infanterieregiment hat ponceaurothe, das
zweite weiße, das dritte hellblaue, das vierte dunkelgelbe, das Gensdarmeriecorps
wieder hat ponceaurothe Kragen. Bei den Commandements ist er schwefelgelb.
Bei den Offizieren n. Ja suite hat auch wieder jede Gattung ihre besondere
Farbe.

Doch wozu diese officielle Costümirungsweisheit des großherzoglich-hessischen
Staatshandbuchs an Laien verschwenden, die von dem geheimnißvollen und be¬
ziehungsreicher Leben und Weben einer tief symbolischen Farben- und Formen¬
lehre, welche nur nach Jahrzehnte langen Studien einem von Haus aus schon dazu
angelegten pietätvollen Unterthanengemüth sich erschließen kann, schwerlich irgend
einen Begriff haben? Wir schließen daher in der Ueberzeugung oder doch in
der Hoffnung, daß wir wenigstens eine leise Ahnung von der "Mannigfaltigkeit
in der Einheit", welche sich auf diesem Gebiete der großherzoglichen Militär-
nnd Civilbeamtenbcklcidungskunst entfaltet, in dem Geiste unseren Lesern herauf¬
zubeschwören vermocht haben. Sollte es uns nicht gelungen sein, -- nun, in
irmxms voluisse sat est!

Sprechen wir nun von einem noch weit interessanteren Thema, -- nämlich
von den Orden. Das "Hof- und Staatshandbuch des Moßherzogthums
Hessen" enthält auf acht Seiten eine "Erklärung der bei sämmtlichen Hof-,
Militär- und Civilbeamten vorkommenden (symbolischen) Bezeichnung Von Orden
und Ehrenzeichen." Es sind deren 9 hessische und 116 auswärtige; und da ein
jeder Orden ungefähr 5 verschiedene Classen hat, so giebt es 6 x 125 -- 625
verschiedene Sorten, mit welchen die "großherzoglichen Diener" begnadigt sind.

Die Inhaber der hessischen Orden sind -- auf 160 enggedruckten
Seiten verzeichnet, und da ans jeder Seite etwa 25 Ordensträger stehen, so
ergiebt sich daraus die überaus tröstliche Gewißheit, daß. wenn sie alle "In¬
länder" wäre", in diesem Großherzogthum auf je vier erwachsene und selbstän¬
dige Mannspersonen ein inländischer Orden kommt. Rechnet man aber noch
die außerordentlich zahlreichen auswärtigen Orden, welche'ohne Zweifel nebenbei
auch die Bestimmung haben, die Bilanz zwischen dem Ordensimport und dem
Oldenscxport herzustellen, so würde auf jede großjährige Mannsperson ein Orden
oder Ehrenzeichen kommen, vorausgesetzt, daß dieselben gleichmäßig vertheilt
Wären. Daß aber der Distributionsmodus ein gerechter und ferne von jedem


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sein soll. Die Gardeunteroffizierscompagnie hat wieder brandenburgisch ponceau-
rothe Aufschläge und auch Haarbüschc auf dem Helm, aber diese Haarbüsche
sind schwarz; der Generalquartiermeisterstab und die Pioniercompagnie haben
carmoisinrothe Aufschläge und auch Haarbüsche, aber diese Haarbüsche sind weiß
und ponceaurvth.

Das erste Reiterregiment hat ponceaurothe, das zweite hat weiße Kragen
am grünen Waffenrock. Die Artillerie ist blau mit schwarzem Kragen und
dunkelblauen Aufschlägen. Das erste Infanterieregiment hat ponceaurothe, das
zweite weiße, das dritte hellblaue, das vierte dunkelgelbe, das Gensdarmeriecorps
wieder hat ponceaurothe Kragen. Bei den Commandements ist er schwefelgelb.
Bei den Offizieren n. Ja suite hat auch wieder jede Gattung ihre besondere
Farbe.

Doch wozu diese officielle Costümirungsweisheit des großherzoglich-hessischen
Staatshandbuchs an Laien verschwenden, die von dem geheimnißvollen und be¬
ziehungsreicher Leben und Weben einer tief symbolischen Farben- und Formen¬
lehre, welche nur nach Jahrzehnte langen Studien einem von Haus aus schon dazu
angelegten pietätvollen Unterthanengemüth sich erschließen kann, schwerlich irgend
einen Begriff haben? Wir schließen daher in der Ueberzeugung oder doch in
der Hoffnung, daß wir wenigstens eine leise Ahnung von der „Mannigfaltigkeit
in der Einheit", welche sich auf diesem Gebiete der großherzoglichen Militär-
nnd Civilbeamtenbcklcidungskunst entfaltet, in dem Geiste unseren Lesern herauf¬
zubeschwören vermocht haben. Sollte es uns nicht gelungen sein, — nun, in
irmxms voluisse sat est!

Sprechen wir nun von einem noch weit interessanteren Thema, — nämlich
von den Orden. Das „Hof- und Staatshandbuch des Moßherzogthums
Hessen" enthält auf acht Seiten eine „Erklärung der bei sämmtlichen Hof-,
Militär- und Civilbeamten vorkommenden (symbolischen) Bezeichnung Von Orden
und Ehrenzeichen." Es sind deren 9 hessische und 116 auswärtige; und da ein
jeder Orden ungefähr 5 verschiedene Classen hat, so giebt es 6 x 125 — 625
verschiedene Sorten, mit welchen die „großherzoglichen Diener" begnadigt sind.

Die Inhaber der hessischen Orden sind — auf 160 enggedruckten
Seiten verzeichnet, und da ans jeder Seite etwa 25 Ordensträger stehen, so
ergiebt sich daraus die überaus tröstliche Gewißheit, daß. wenn sie alle „In¬
länder" wäre», in diesem Großherzogthum auf je vier erwachsene und selbstän¬
dige Mannspersonen ein inländischer Orden kommt. Rechnet man aber noch
die außerordentlich zahlreichen auswärtigen Orden, welche'ohne Zweifel nebenbei
auch die Bestimmung haben, die Bilanz zwischen dem Ordensimport und dem
Oldenscxport herzustellen, so würde auf jede großjährige Mannsperson ein Orden
oder Ehrenzeichen kommen, vorausgesetzt, daß dieselben gleichmäßig vertheilt
Wären. Daß aber der Distributionsmodus ein gerechter und ferne von jedem


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_190158/401>, abgerufen am 24.07.2024.