Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. I. Band.nöthig. Die Vorstellungen von orientalischer Herrlichkeit und Ueppigkeit aber Einen der schönsten und reichsten Harems soll die Schwester des Sultans Auch ohne Einblick in das Innere eines türkischen Hauses hat man reiche Ge¬ nöthig. Die Vorstellungen von orientalischer Herrlichkeit und Ueppigkeit aber Einen der schönsten und reichsten Harems soll die Schwester des Sultans Auch ohne Einblick in das Innere eines türkischen Hauses hat man reiche Ge¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0304" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/190463"/> <p xml:id="ID_1043" prev="#ID_1042"> nöthig. Die Vorstellungen von orientalischer Herrlichkeit und Ueppigkeit aber<lb/> mit denen das Abendland diese Stätten ausmalt, sind sehr falsch.</p><lb/> <p xml:id="ID_1044"> Einen der schönsten und reichsten Harems soll die Schwester des Sultans<lb/> haben, die an den Kapndan-Pascha (Marineminister) verheirathet ist. Es ist<lb/> ein stattliches Palais und liegt hart an dem Meere. Die Hauptpforte, welche<lb/> sich indessen nur öffnet, wenn der Sultan seiner Schwester einen Besuch ab¬<lb/> stattet, sührt in eine große von vielen Hvlzpfeiicni getragene Halle mit sich<lb/> anschließenden Arcaden und vielen Nische». Sie stößt unmittelbar an den<lb/> Garten, der terrassenförmig de» Berg hinansteigt. Es ist der Versammlungsort<lb/> der Sklavinnen, das Ganze ohne jede Pracht, allein durch seine Größe stattlich.<lb/> Kleine Logen laufen ringsum, aus denen die Oberinnen de» Beschäftigungen<lb/> der niederen Sklavinnen zusehen; hinter der Halle aber öffne» sich zahlreiche<lb/> Räume, die größere», in denen die Dienerschaft nach ihren Rangstufen gemein¬<lb/> schaftlich speist, die übrige» als Wohnungen. Eine breite mit Teppichen belegte<lb/> Marmortreppe führt hinaus in das erste Stock; man befindet sich in einer der<lb/> unter» völlig gleichen, nur prächtig, wenn auch nicht geschmackvoll decorirten<lb/> Halle. Schöne Tapeten, unschöne Wand- und Deckenmalereien nebst Phantasie-<lb/> landschafle», schwere Vorhänge, große Divans ringsum und einige in der Mitte,<lb/> und Kronleuchter, das ist der ganze Apparat, das Schönste die zehn Fenster mit<lb/> der Aussicht nach dem Meer, welche die Bewohnerinnen freilich nur durch die<lb/> kleinen Oeffnungen der Gitter genießen können. An jeder Ecke des Saales be¬<lb/> fand sich, ganz wie unten, ein vergittertes, schmuckloses, nur mit Divans ver¬<lb/> sehenes Gemach, vo» denen die Prinzessin oder vornehme Gäste den Tänzen,<lb/> Spielen und Aufführungen ihrer Hofdame» oder de» große» Hofgesellschaften,<lb/> an denen auch Herren theilnehme», zuschauen. Bon dieser Halle aus gehen<lb/> dann nach allen Seiten hohe geräumige Wohnzimmer mit golddurchwirkten, aber<lb/> geschmacklose» Tapeten, im Uebrigen fast kahl und leer. Divans, Consolen mit<lb/> riesigen Stnhuhren, mehre in jedem Zinnner, und Spiegel aller Art bilden das<lb/> einzige Mobiliar, die allen türkischen Zunmcrn eigenthümlichen Wandschränke<lb/> machen das Uebrige zum größte» Theil überflüssig, I» el»em Zimmer befand<lb/> sich auch ein Flügel. — Ava Oberstock führt ein bedeckter Gang unmittelbar<lb/> auf die oberen Terrassen des Gartens, welche den Frauen des Hauses gehören,<lb/> wie die unteren Räume den Männern. Aber auch hier ist alles sehr simpel,<lb/> die Anlagen ohne Geschmack, die mit ihre» Krmsteleie», ausgelegten Wegen,<lb/> kleinen Wasserscherze» u»d dergleichen am meisten an die französischen Zier¬<lb/> gärten des vorigen Jahrhunderts erinnern.</p><lb/> <p xml:id="ID_1045" next="#ID_1046"> Auch ohne Einblick in das Innere eines türkischen Hauses hat man reiche Ge¬<lb/> legenheit zu beobachten, wie der^Zug der Pietät, vor allem der Kinder gegen die<lb/> Aeltern, dem Bolle in oft rührender Weise eigenthümlich ist. Ein Symbol die¬<lb/> ser Eardinaltugend des Koran ist in der Sitte ausgeprägt, daß der Sultan, der</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0304]
nöthig. Die Vorstellungen von orientalischer Herrlichkeit und Ueppigkeit aber
mit denen das Abendland diese Stätten ausmalt, sind sehr falsch.
Einen der schönsten und reichsten Harems soll die Schwester des Sultans
haben, die an den Kapndan-Pascha (Marineminister) verheirathet ist. Es ist
ein stattliches Palais und liegt hart an dem Meere. Die Hauptpforte, welche
sich indessen nur öffnet, wenn der Sultan seiner Schwester einen Besuch ab¬
stattet, sührt in eine große von vielen Hvlzpfeiicni getragene Halle mit sich
anschließenden Arcaden und vielen Nische». Sie stößt unmittelbar an den
Garten, der terrassenförmig de» Berg hinansteigt. Es ist der Versammlungsort
der Sklavinnen, das Ganze ohne jede Pracht, allein durch seine Größe stattlich.
Kleine Logen laufen ringsum, aus denen die Oberinnen de» Beschäftigungen
der niederen Sklavinnen zusehen; hinter der Halle aber öffne» sich zahlreiche
Räume, die größere», in denen die Dienerschaft nach ihren Rangstufen gemein¬
schaftlich speist, die übrige» als Wohnungen. Eine breite mit Teppichen belegte
Marmortreppe führt hinaus in das erste Stock; man befindet sich in einer der
unter» völlig gleichen, nur prächtig, wenn auch nicht geschmackvoll decorirten
Halle. Schöne Tapeten, unschöne Wand- und Deckenmalereien nebst Phantasie-
landschafle», schwere Vorhänge, große Divans ringsum und einige in der Mitte,
und Kronleuchter, das ist der ganze Apparat, das Schönste die zehn Fenster mit
der Aussicht nach dem Meer, welche die Bewohnerinnen freilich nur durch die
kleinen Oeffnungen der Gitter genießen können. An jeder Ecke des Saales be¬
fand sich, ganz wie unten, ein vergittertes, schmuckloses, nur mit Divans ver¬
sehenes Gemach, vo» denen die Prinzessin oder vornehme Gäste den Tänzen,
Spielen und Aufführungen ihrer Hofdame» oder de» große» Hofgesellschaften,
an denen auch Herren theilnehme», zuschauen. Bon dieser Halle aus gehen
dann nach allen Seiten hohe geräumige Wohnzimmer mit golddurchwirkten, aber
geschmacklose» Tapeten, im Uebrigen fast kahl und leer. Divans, Consolen mit
riesigen Stnhuhren, mehre in jedem Zinnner, und Spiegel aller Art bilden das
einzige Mobiliar, die allen türkischen Zunmcrn eigenthümlichen Wandschränke
machen das Uebrige zum größte» Theil überflüssig, I» el»em Zimmer befand
sich auch ein Flügel. — Ava Oberstock führt ein bedeckter Gang unmittelbar
auf die oberen Terrassen des Gartens, welche den Frauen des Hauses gehören,
wie die unteren Räume den Männern. Aber auch hier ist alles sehr simpel,
die Anlagen ohne Geschmack, die mit ihre» Krmsteleie», ausgelegten Wegen,
kleinen Wasserscherze» u»d dergleichen am meisten an die französischen Zier¬
gärten des vorigen Jahrhunderts erinnern.
Auch ohne Einblick in das Innere eines türkischen Hauses hat man reiche Ge¬
legenheit zu beobachten, wie der^Zug der Pietät, vor allem der Kinder gegen die
Aeltern, dem Bolle in oft rührender Weise eigenthümlich ist. Ein Symbol die¬
ser Eardinaltugend des Koran ist in der Sitte ausgeprägt, daß der Sultan, der
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