Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Man vermag daraus ohngefähr zu ersehen, wie das Original von den
Uebe> Scherr behandelt wurde.

Zu den gelungensten Arien der Oper zählen unstreitig die unvergleichliche
Ncgisterarie und das reizende Ständchen, aber wie übel sind beide in den bis¬
herigen Uebertragungen weggekommen! Jede Originalität der musikalischen
Auffassung ist dadurch verwischt, jede Feinheit, jede Grazie des Originals ver¬
nichtet worden. Vergleiche man nur die unübertrefflich vom Komponisten aus¬
gedrückten Worte: lZ ig, grauäv maestosa, in, pieeiuu. ö aguor vo^^osa!


Nochlijz: Wolzogen:

Um dann jede Preis zu geben,
Das ist sein verdammtes Leben!

Heftig schwärmt er für die Großen,
Liebt mit Kleinen (winzig Kleinen) auch
zu kosen.


Bitter:

Große liebt er stolz und prächtig,
Doch die Kleine reizvoll und schmächtig.


Rochus läßt jenes reizende Parlando auf la pieoma auf das Wort: jede,
was gar nicht hcrpaßt, Wolzogen, auf das Wort winzig, was einen ganz
falschen Sinn giebt, wiederholen und erst Bitter giebt den entsprechenden Aus¬
druck.

Wir berühren noch eine Stelle in derselben Arie, den ebenso wirkungsvoll
gesteigerten als burlesken Schluß. Man kann die Unverschämtheit eines vor¬
lauten Bedienten und brauchbaren Werkzeuges der Ausschweifungen eines leicht¬
fertigen Herrn, der die weinende verlassene Geliebte desselben, eine Dame von
Bildung und Stand verhöhnt, nicht stärker und treffender zeichnen, als es hier
vom Componisten geschehen ist. Die Worte da Pontes heißen: ?uiolrö porti
in Aonvollu,, voi LÄpeto, "mei ete tu,.


[Beginn Spaltensatz]

Wörtliche Uebersetzung:

Wenn sie nur den Unterrock trägt,
Ihr wißt ja, wie er's macht.

Bekannte Ueberhebung:

Und nun punktum, Streusand drüber,
Sehen sie, das ist ihr Mann.

Kugler:

Wenn allein ihr Mündchen weich ist,
Nun das Weitre giebt sich bald.

[Spaltenumbruch]
Reese:

Jeder Wcibsrock ist ihm recht
Und nun punktum,
Ich bin ihr ergebner Knecht.

Rochlitz:

Drum, o Schöne, laß ihn laufe".
Er ist deines Zorns nicht werth,

Wolzogen:

Alles nimmt er. was er kann
Nun -- da kennt ihr euern Mann!

[Ende Spaltensatz]
Bitter:

Welche Schürze ihn auch anlacht --
Nun, ihr wißt ja wie er's macht.


Man vermag daraus ohngefähr zu ersehen, wie das Original von den
Uebe> Scherr behandelt wurde.

Zu den gelungensten Arien der Oper zählen unstreitig die unvergleichliche
Ncgisterarie und das reizende Ständchen, aber wie übel sind beide in den bis¬
herigen Uebertragungen weggekommen! Jede Originalität der musikalischen
Auffassung ist dadurch verwischt, jede Feinheit, jede Grazie des Originals ver¬
nichtet worden. Vergleiche man nur die unübertrefflich vom Komponisten aus¬
gedrückten Worte: lZ ig, grauäv maestosa, in, pieeiuu. ö aguor vo^^osa!


Nochlijz: Wolzogen:

Um dann jede Preis zu geben,
Das ist sein verdammtes Leben!

Heftig schwärmt er für die Großen,
Liebt mit Kleinen (winzig Kleinen) auch
zu kosen.


Bitter:

Große liebt er stolz und prächtig,
Doch die Kleine reizvoll und schmächtig.


Rochus läßt jenes reizende Parlando auf la pieoma auf das Wort: jede,
was gar nicht hcrpaßt, Wolzogen, auf das Wort winzig, was einen ganz
falschen Sinn giebt, wiederholen und erst Bitter giebt den entsprechenden Aus¬
druck.

Wir berühren noch eine Stelle in derselben Arie, den ebenso wirkungsvoll
gesteigerten als burlesken Schluß. Man kann die Unverschämtheit eines vor¬
lauten Bedienten und brauchbaren Werkzeuges der Ausschweifungen eines leicht¬
fertigen Herrn, der die weinende verlassene Geliebte desselben, eine Dame von
Bildung und Stand verhöhnt, nicht stärker und treffender zeichnen, als es hier
vom Componisten geschehen ist. Die Worte da Pontes heißen: ?uiolrö porti
in Aonvollu,, voi LÄpeto, «mei ete tu,.


[Beginn Spaltensatz]

Wörtliche Uebersetzung:

Wenn sie nur den Unterrock trägt,
Ihr wißt ja, wie er's macht.

Bekannte Ueberhebung:

Und nun punktum, Streusand drüber,
Sehen sie, das ist ihr Mann.

Kugler:

Wenn allein ihr Mündchen weich ist,
Nun das Weitre giebt sich bald.

[Spaltenumbruch]
Reese:

Jeder Wcibsrock ist ihm recht
Und nun punktum,
Ich bin ihr ergebner Knecht.

Rochlitz:

Drum, o Schöne, laß ihn laufe».
Er ist deines Zorns nicht werth,

Wolzogen:

Alles nimmt er. was er kann
Nun — da kennt ihr euern Mann!

[Ende Spaltensatz]
Bitter:

Welche Schürze ihn auch anlacht —
Nun, ihr wißt ja wie er's macht.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0199" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/190358"/>
          <p xml:id="ID_660"> Man vermag daraus ohngefähr zu ersehen, wie das Original von den<lb/>
Uebe&gt; Scherr behandelt wurde.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_661"> Zu den gelungensten Arien der Oper zählen unstreitig die unvergleichliche<lb/>
Ncgisterarie und das reizende Ständchen, aber wie übel sind beide in den bis¬<lb/>
herigen Uebertragungen weggekommen! Jede Originalität der musikalischen<lb/>
Auffassung ist dadurch verwischt, jede Feinheit, jede Grazie des Originals ver¬<lb/>
nichtet worden. Vergleiche man nur die unübertrefflich vom Komponisten aus¬<lb/>
gedrückten Worte: lZ ig, grauäv maestosa, in, pieeiuu. ö aguor vo^^osa!</p><lb/>
          <quote>
            <bibl> Nochlijz:</bibl>
            <bibl> Wolzogen:</bibl><lb/>
            <p xml:id="ID_662"> Um dann jede Preis zu geben,<lb/>
Das ist sein verdammtes Leben! </p>
            <p xml:id="ID_663"> Heftig schwärmt er für die Großen,<lb/>
Liebt mit Kleinen (winzig Kleinen) auch<lb/>
zu kosen.</p><lb/>
            <bibl> Bitter:</bibl><lb/>
            <p xml:id="ID_664"> Große liebt er stolz und prächtig,<lb/>
Doch die Kleine reizvoll und schmächtig.</p>
          </quote><lb/>
          <p xml:id="ID_665"> Rochus läßt jenes reizende Parlando auf la pieoma auf das Wort: jede,<lb/>
was gar nicht hcrpaßt, Wolzogen, auf das Wort winzig, was einen ganz<lb/>
falschen Sinn giebt, wiederholen und erst Bitter giebt den entsprechenden Aus¬<lb/>
druck.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_666"> Wir berühren noch eine Stelle in derselben Arie, den ebenso wirkungsvoll<lb/>
gesteigerten als burlesken Schluß. Man kann die Unverschämtheit eines vor¬<lb/>
lauten Bedienten und brauchbaren Werkzeuges der Ausschweifungen eines leicht¬<lb/>
fertigen Herrn, der die weinende verlassene Geliebte desselben, eine Dame von<lb/>
Bildung und Stand verhöhnt, nicht stärker und treffender zeichnen, als es hier<lb/>
vom Componisten geschehen ist. Die Worte da Pontes heißen: ?uiolrö porti<lb/>
in Aonvollu,, voi LÄpeto, «mei ete tu,.</p><lb/>
          <cb type="start"/>
          <quote> </quote>
          <p xml:id="ID_667"> Wörtliche Uebersetzung:</p>
          <p xml:id="ID_668"> Wenn sie nur den Unterrock trägt,<lb/>
Ihr wißt ja, wie er's macht.</p>
          <p xml:id="ID_669"> Bekannte Ueberhebung:</p>
          <p xml:id="ID_670"> Und nun punktum, Streusand drüber,<lb/>
Sehen sie, das ist ihr Mann.</p>
          <note type="bibl"> Kugler:</note>
          <p xml:id="ID_671"> Wenn allein ihr Mündchen weich ist,<lb/>
Nun das Weitre giebt sich bald.</p>
          <cb/><lb/>
          <quote>
            <bibl> Reese:</bibl>
          </quote><lb/>
          <p xml:id="ID_672"> Jeder Wcibsrock ist ihm recht<lb/>
Und nun punktum,<lb/>
Ich bin ihr ergebner Knecht.</p>
          <note type="bibl"> Rochlitz:</note><lb/>
          <p xml:id="ID_673"> Drum, o Schöne, laß ihn laufe».<lb/>
Er ist deines Zorns nicht werth,</p>
          <note type="bibl"> Wolzogen:</note><lb/>
          <p xml:id="ID_674"> Alles nimmt er. was er kann<lb/>
Nun &#x2014; da kennt ihr euern Mann!</p>
          <cb type="end"/><lb/>
          <quote>
            <bibl> Bitter:</bibl>
            <p xml:id="ID_675"> Welche Schürze ihn auch anlacht &#x2014;<lb/>
Nun, ihr wißt ja wie er's macht.</p>
          </quote><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0199] Man vermag daraus ohngefähr zu ersehen, wie das Original von den Uebe> Scherr behandelt wurde. Zu den gelungensten Arien der Oper zählen unstreitig die unvergleichliche Ncgisterarie und das reizende Ständchen, aber wie übel sind beide in den bis¬ herigen Uebertragungen weggekommen! Jede Originalität der musikalischen Auffassung ist dadurch verwischt, jede Feinheit, jede Grazie des Originals ver¬ nichtet worden. Vergleiche man nur die unübertrefflich vom Komponisten aus¬ gedrückten Worte: lZ ig, grauäv maestosa, in, pieeiuu. ö aguor vo^^osa! Nochlijz: Wolzogen: Um dann jede Preis zu geben, Das ist sein verdammtes Leben! Heftig schwärmt er für die Großen, Liebt mit Kleinen (winzig Kleinen) auch zu kosen. Bitter: Große liebt er stolz und prächtig, Doch die Kleine reizvoll und schmächtig. Rochus läßt jenes reizende Parlando auf la pieoma auf das Wort: jede, was gar nicht hcrpaßt, Wolzogen, auf das Wort winzig, was einen ganz falschen Sinn giebt, wiederholen und erst Bitter giebt den entsprechenden Aus¬ druck. Wir berühren noch eine Stelle in derselben Arie, den ebenso wirkungsvoll gesteigerten als burlesken Schluß. Man kann die Unverschämtheit eines vor¬ lauten Bedienten und brauchbaren Werkzeuges der Ausschweifungen eines leicht¬ fertigen Herrn, der die weinende verlassene Geliebte desselben, eine Dame von Bildung und Stand verhöhnt, nicht stärker und treffender zeichnen, als es hier vom Componisten geschehen ist. Die Worte da Pontes heißen: ?uiolrö porti in Aonvollu,, voi LÄpeto, «mei ete tu,. Wörtliche Uebersetzung: Wenn sie nur den Unterrock trägt, Ihr wißt ja, wie er's macht. Bekannte Ueberhebung: Und nun punktum, Streusand drüber, Sehen sie, das ist ihr Mann. Kugler: Wenn allein ihr Mündchen weich ist, Nun das Weitre giebt sich bald. Reese: Jeder Wcibsrock ist ihm recht Und nun punktum, Ich bin ihr ergebner Knecht. Rochlitz: Drum, o Schöne, laß ihn laufe». Er ist deines Zorns nicht werth, Wolzogen: Alles nimmt er. was er kann Nun — da kennt ihr euern Mann! Bitter: Welche Schürze ihn auch anlacht — Nun, ihr wißt ja wie er's macht.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_190158
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_190158/199
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_190158/199>, abgerufen am 03.07.2024.