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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. I. Band.

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in gleicher Weise steht dem Vortheil der Thurmschiffe, ihre Geschütze nach allen
Seiten verwenden zu können, der Nachtheil geringerer Festigkeit und Solidität
der drehbaren Maschinerie gegenüber.

Nur aus diesem Verhältniß läßt sich der jetzt in England so heftig geführte
Streit "droaäsiäe versus wrrst" erklären, in welchem die königliche Admiralität
auf Seiten der Breitseitenschiffe steht, während ein großer Theil der Tagespresse
dem geistvollen Erfinder des Pivotsystems. Capitän Cowper Coles, beisteht,
und seine Construction vertheidigt und anempfiehlt. Coles hatte ursprünglich
als Geschützdeckung nicht Thürme, sondern Schilder (snielcls) vorgeschlagen, die
man sich wie stark gewölbte Uhrgläser über die Drehscheibe gedeckt denken mag.
sodann die niedrigen Kuppeln. Die Form hoher cylinderförmiger Thürme da¬
gegen, die in vieler Beziehung weniger zweckmäßig ist, rührt von dem Schweden
Ericson her, der das colessche Pivotsystem zuerst praktisch ausführte, und dessen
erstes Thurmschiff, als "Mahner" für den rebellischen Süden "Monitor" ge¬
nannt, Typus dieser ganzen Classe von Fahrzeugen geworden ist.

Der Miantonomvh, dessen Construction von den anderen Exemplaren
der Monitors darin abweicht, daß er statt eines Thurmes deren zwei hat. ist
der erste seiner Gattung, der es überhaupt gewagt hat, über den atlantischen
Ocean zu kommen, nachdem mehre seinesgleichen, darunter auch der ursprüng¬
liche "Monitor" und ein russisches Fahrzeug dieser Art in den Wellen ihr Grab
gefunden. Die Dimensionen des Miantonomoh sind weder besonders groß noch
auch in ihrem Verhältniß zu einander besonders gefällig oder zweckmäßig.
Sein Tonnengehalt ist nur 1,564 Tons, also kaum viel größer, als die großen
Klipper der neueren Handelsmarine, die gewöhnlich 900 -- 1,800 Tons haben,
während sonst die Kriegsschiffe selbst geringeren Ranges bedeutend größer sind.
So haben z. B. die größern Schraubencorvetten meist circa 1.800, die großen
englischen Fregatten sogar 2.000 --3.000, Linienschiffe 3,000--4.000 Tons und
die gewaltigen englischen Panzerriesen wie der Warrior oder die Schiffe der
Minotaurclasse erheben sich bis zu 6.600 Tons bei 400 -420 Fuß Länge.
Wie klein erscheint hiergegen der so vielgepriesene Neuling! Ist nun seine Größe
wenig imponirend, so gilt dies noch mehr von seinen Formen und Dimensionen
(259 Fuß Länge. 59 Fuß Breite. 19 Fuß Tiefe, wovon 15' 10" unter Wasser).
Die Breite des Schiffs ist im Verhältniß zur Länge außerordentlich groß, so
daß es fast das Aussehn eines Präsens oder Waschkastens gewinnt, wie uns
die Hamburger Seeleute mehr als einmal spöttelnd bemerkten; hierdurch wird
seine Schnelligkeit außerordentlich beschränkt. Trotz seiner Maschinen von 800
Pferdekraft, die von der Mannschaft des Schiffes als Maschinen von 4,000 aus-
gegeben wurden, vermag der Miantonomoh nicht mehr als 8'/" Knoten (im
Ganzen also 2V, Meilen in der Stunde) zurückzulegen. Zwar hat er die Ueber¬
fahrt von Amerika verhältnißmäßig schnell gemacht, aber nur indem er meist


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in gleicher Weise steht dem Vortheil der Thurmschiffe, ihre Geschütze nach allen
Seiten verwenden zu können, der Nachtheil geringerer Festigkeit und Solidität
der drehbaren Maschinerie gegenüber.

Nur aus diesem Verhältniß läßt sich der jetzt in England so heftig geführte
Streit „droaäsiäe versus wrrst" erklären, in welchem die königliche Admiralität
auf Seiten der Breitseitenschiffe steht, während ein großer Theil der Tagespresse
dem geistvollen Erfinder des Pivotsystems. Capitän Cowper Coles, beisteht,
und seine Construction vertheidigt und anempfiehlt. Coles hatte ursprünglich
als Geschützdeckung nicht Thürme, sondern Schilder (snielcls) vorgeschlagen, die
man sich wie stark gewölbte Uhrgläser über die Drehscheibe gedeckt denken mag.
sodann die niedrigen Kuppeln. Die Form hoher cylinderförmiger Thürme da¬
gegen, die in vieler Beziehung weniger zweckmäßig ist, rührt von dem Schweden
Ericson her, der das colessche Pivotsystem zuerst praktisch ausführte, und dessen
erstes Thurmschiff, als „Mahner" für den rebellischen Süden „Monitor" ge¬
nannt, Typus dieser ganzen Classe von Fahrzeugen geworden ist.

Der Miantonomvh, dessen Construction von den anderen Exemplaren
der Monitors darin abweicht, daß er statt eines Thurmes deren zwei hat. ist
der erste seiner Gattung, der es überhaupt gewagt hat, über den atlantischen
Ocean zu kommen, nachdem mehre seinesgleichen, darunter auch der ursprüng¬
liche „Monitor" und ein russisches Fahrzeug dieser Art in den Wellen ihr Grab
gefunden. Die Dimensionen des Miantonomoh sind weder besonders groß noch
auch in ihrem Verhältniß zu einander besonders gefällig oder zweckmäßig.
Sein Tonnengehalt ist nur 1,564 Tons, also kaum viel größer, als die großen
Klipper der neueren Handelsmarine, die gewöhnlich 900 — 1,800 Tons haben,
während sonst die Kriegsschiffe selbst geringeren Ranges bedeutend größer sind.
So haben z. B. die größern Schraubencorvetten meist circa 1.800, die großen
englischen Fregatten sogar 2.000 —3.000, Linienschiffe 3,000—4.000 Tons und
die gewaltigen englischen Panzerriesen wie der Warrior oder die Schiffe der
Minotaurclasse erheben sich bis zu 6.600 Tons bei 400 -420 Fuß Länge.
Wie klein erscheint hiergegen der so vielgepriesene Neuling! Ist nun seine Größe
wenig imponirend, so gilt dies noch mehr von seinen Formen und Dimensionen
(259 Fuß Länge. 59 Fuß Breite. 19 Fuß Tiefe, wovon 15' 10" unter Wasser).
Die Breite des Schiffs ist im Verhältniß zur Länge außerordentlich groß, so
daß es fast das Aussehn eines Präsens oder Waschkastens gewinnt, wie uns
die Hamburger Seeleute mehr als einmal spöttelnd bemerkten; hierdurch wird
seine Schnelligkeit außerordentlich beschränkt. Trotz seiner Maschinen von 800
Pferdekraft, die von der Mannschaft des Schiffes als Maschinen von 4,000 aus-
gegeben wurden, vermag der Miantonomoh nicht mehr als 8'/» Knoten (im
Ganzen also 2V, Meilen in der Stunde) zurückzulegen. Zwar hat er die Ueber¬
fahrt von Amerika verhältnißmäßig schnell gemacht, aber nur indem er meist


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_190158/133>, abgerufen am 22.12.2024.