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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. I. Band.

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Aber auch in technischer Beziehung sind diese neuesten Schöpfungen der
Schiffsbaukunst keineswegs fehlerfrei. Wir hatten diese Wahrnehmung schon
früher aus Schilderungen und Rissen amerikanischer Panzerschiffe gemacht; sie ist
durch die persönliche Anschauung des Miantonom o h, des neuen amerikanischen
Monitors, welcher letzthin die baltischen und die Nordsee-Hafen besuchte, nur
noch sicherer bestätigt worden. Wir haben im Auslande Panzerschiffe der ver¬
schiedensten Systeme in allen Stadien der Vollendung kennen gelernt, und
namentlich einen großen Theil der Schiffe, welche in der Seeschlacht bei Lissa
mitthätig gewesen sind: wir müssen aber gestehen, daß uns selten so viel Mängel
bei genauerer Untersuchung zu Tage getreten sind, als bei dem so viel gepriesenen
amerikanischen Panzerschiff, das nur dem Unkundigen durch die kolossalen Di¬
mensionen einzelner Stücke, wie der Geschützausrüstung, imponiren kann, seinen
Ruhm aber wesentlich der Reclame verdankt.

Die amerikanischen Panzerschiffe, die .Monitors", weichen von denen andrer
Nationen in ihrem Bau sehr bedeutend ab -- wie es denn überhaupt eine sehr
große Anzahl von Panzerschiffsystemen giebt, von denen allein in der englischen
Flotte sechzehn vertreten sind. Im Allgemeinen scheiden sich die Panzerschiffe
hauptsächlich nach dem großen Gegensatz von Breitseitenarmirung und
Armirung mit Pivotgeschützen. Bei der Breitseitenarmirung stehen die
Geschütze an beiden Seiten des Schiffes hart an Bord, und entsprechen sich
immer paarweise einander gegenüberstehend, so daß eins rechts, eins links
hinausschießt. Beim Pivoisystem steht nur je ein Geschütz von doppelter oder
noch größerer Schwere in der Mittellinie des Schiffs auf dem Oberdeck, und
läßt sich um eine senkrechte Achse drehen und so nach jeder Seite hin verwenden.
Gedecke sind die Geschütze bei dem Breitseitensystem, welches Takelage zu
führen gestattet, und dessen Schiffe (die Panzerfregatten) somit den Holz¬
schiffen einigermaßen ähnlich aussehen, durch die Schiffswand selber, die meistens
mit 4V, Zoll starken Eisenplatten gepanzert ist. Dagegen sind bei den Schiffen
des Pivotsystems die Geschützdrehscheiben mit ihren beiden Geschützen durch
eiserne Kuppeln (enxola) oder Thürme (turrets) gedeckt: jede Drehscheibe krä^t
zwei Geschütze neben einander, einmal um den Raum auszunutzen, und dann,
um durch das Einschlagen zweier Kugeln dicht neben einander größeren Effect
zu erzielen; die Geschütze können nämlich selbständig keine Seitenrichtung nehmen,
diese wird allein durch Drehung des Thurms bewirkt. Da die Höhe der Ge¬
schütze über Waffer das Maßgebende für die ganze Construction des Schiffes
ist, und aus Rücksicht für die Stabilität des Fahrzeugs nicht gut höher als
9 Fuß über Wasser gebracht werden kann, so kommt natürlich bei den Schiffen
des Pivotsystems das Oberdeck weit tiefer zu liegen, als bei den Panzerfregatten.
Durch diese Niedrigkeit des Schiffs wird nun allerdings die Zielfläche für den
Feind sehr verringert, aber ebenso leidet dadurch auch seine Seetüchtigkeit: und


Aber auch in technischer Beziehung sind diese neuesten Schöpfungen der
Schiffsbaukunst keineswegs fehlerfrei. Wir hatten diese Wahrnehmung schon
früher aus Schilderungen und Rissen amerikanischer Panzerschiffe gemacht; sie ist
durch die persönliche Anschauung des Miantonom o h, des neuen amerikanischen
Monitors, welcher letzthin die baltischen und die Nordsee-Hafen besuchte, nur
noch sicherer bestätigt worden. Wir haben im Auslande Panzerschiffe der ver¬
schiedensten Systeme in allen Stadien der Vollendung kennen gelernt, und
namentlich einen großen Theil der Schiffe, welche in der Seeschlacht bei Lissa
mitthätig gewesen sind: wir müssen aber gestehen, daß uns selten so viel Mängel
bei genauerer Untersuchung zu Tage getreten sind, als bei dem so viel gepriesenen
amerikanischen Panzerschiff, das nur dem Unkundigen durch die kolossalen Di¬
mensionen einzelner Stücke, wie der Geschützausrüstung, imponiren kann, seinen
Ruhm aber wesentlich der Reclame verdankt.

Die amerikanischen Panzerschiffe, die .Monitors", weichen von denen andrer
Nationen in ihrem Bau sehr bedeutend ab — wie es denn überhaupt eine sehr
große Anzahl von Panzerschiffsystemen giebt, von denen allein in der englischen
Flotte sechzehn vertreten sind. Im Allgemeinen scheiden sich die Panzerschiffe
hauptsächlich nach dem großen Gegensatz von Breitseitenarmirung und
Armirung mit Pivotgeschützen. Bei der Breitseitenarmirung stehen die
Geschütze an beiden Seiten des Schiffes hart an Bord, und entsprechen sich
immer paarweise einander gegenüberstehend, so daß eins rechts, eins links
hinausschießt. Beim Pivoisystem steht nur je ein Geschütz von doppelter oder
noch größerer Schwere in der Mittellinie des Schiffs auf dem Oberdeck, und
läßt sich um eine senkrechte Achse drehen und so nach jeder Seite hin verwenden.
Gedecke sind die Geschütze bei dem Breitseitensystem, welches Takelage zu
führen gestattet, und dessen Schiffe (die Panzerfregatten) somit den Holz¬
schiffen einigermaßen ähnlich aussehen, durch die Schiffswand selber, die meistens
mit 4V, Zoll starken Eisenplatten gepanzert ist. Dagegen sind bei den Schiffen
des Pivotsystems die Geschützdrehscheiben mit ihren beiden Geschützen durch
eiserne Kuppeln (enxola) oder Thürme (turrets) gedeckt: jede Drehscheibe krä^t
zwei Geschütze neben einander, einmal um den Raum auszunutzen, und dann,
um durch das Einschlagen zweier Kugeln dicht neben einander größeren Effect
zu erzielen; die Geschütze können nämlich selbständig keine Seitenrichtung nehmen,
diese wird allein durch Drehung des Thurms bewirkt. Da die Höhe der Ge¬
schütze über Waffer das Maßgebende für die ganze Construction des Schiffes
ist, und aus Rücksicht für die Stabilität des Fahrzeugs nicht gut höher als
9 Fuß über Wasser gebracht werden kann, so kommt natürlich bei den Schiffen
des Pivotsystems das Oberdeck weit tiefer zu liegen, als bei den Panzerfregatten.
Durch diese Niedrigkeit des Schiffs wird nun allerdings die Zielfläche für den
Feind sehr verringert, aber ebenso leidet dadurch auch seine Seetüchtigkeit: und


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[0132] Aber auch in technischer Beziehung sind diese neuesten Schöpfungen der Schiffsbaukunst keineswegs fehlerfrei. Wir hatten diese Wahrnehmung schon früher aus Schilderungen und Rissen amerikanischer Panzerschiffe gemacht; sie ist durch die persönliche Anschauung des Miantonom o h, des neuen amerikanischen Monitors, welcher letzthin die baltischen und die Nordsee-Hafen besuchte, nur noch sicherer bestätigt worden. Wir haben im Auslande Panzerschiffe der ver¬ schiedensten Systeme in allen Stadien der Vollendung kennen gelernt, und namentlich einen großen Theil der Schiffe, welche in der Seeschlacht bei Lissa mitthätig gewesen sind: wir müssen aber gestehen, daß uns selten so viel Mängel bei genauerer Untersuchung zu Tage getreten sind, als bei dem so viel gepriesenen amerikanischen Panzerschiff, das nur dem Unkundigen durch die kolossalen Di¬ mensionen einzelner Stücke, wie der Geschützausrüstung, imponiren kann, seinen Ruhm aber wesentlich der Reclame verdankt. Die amerikanischen Panzerschiffe, die .Monitors", weichen von denen andrer Nationen in ihrem Bau sehr bedeutend ab — wie es denn überhaupt eine sehr große Anzahl von Panzerschiffsystemen giebt, von denen allein in der englischen Flotte sechzehn vertreten sind. Im Allgemeinen scheiden sich die Panzerschiffe hauptsächlich nach dem großen Gegensatz von Breitseitenarmirung und Armirung mit Pivotgeschützen. Bei der Breitseitenarmirung stehen die Geschütze an beiden Seiten des Schiffes hart an Bord, und entsprechen sich immer paarweise einander gegenüberstehend, so daß eins rechts, eins links hinausschießt. Beim Pivoisystem steht nur je ein Geschütz von doppelter oder noch größerer Schwere in der Mittellinie des Schiffs auf dem Oberdeck, und läßt sich um eine senkrechte Achse drehen und so nach jeder Seite hin verwenden. Gedecke sind die Geschütze bei dem Breitseitensystem, welches Takelage zu führen gestattet, und dessen Schiffe (die Panzerfregatten) somit den Holz¬ schiffen einigermaßen ähnlich aussehen, durch die Schiffswand selber, die meistens mit 4V, Zoll starken Eisenplatten gepanzert ist. Dagegen sind bei den Schiffen des Pivotsystems die Geschützdrehscheiben mit ihren beiden Geschützen durch eiserne Kuppeln (enxola) oder Thürme (turrets) gedeckt: jede Drehscheibe krä^t zwei Geschütze neben einander, einmal um den Raum auszunutzen, und dann, um durch das Einschlagen zweier Kugeln dicht neben einander größeren Effect zu erzielen; die Geschütze können nämlich selbständig keine Seitenrichtung nehmen, diese wird allein durch Drehung des Thurms bewirkt. Da die Höhe der Ge¬ schütze über Waffer das Maßgebende für die ganze Construction des Schiffes ist, und aus Rücksicht für die Stabilität des Fahrzeugs nicht gut höher als 9 Fuß über Wasser gebracht werden kann, so kommt natürlich bei den Schiffen des Pivotsystems das Oberdeck weit tiefer zu liegen, als bei den Panzerfregatten. Durch diese Niedrigkeit des Schiffs wird nun allerdings die Zielfläche für den Feind sehr verringert, aber ebenso leidet dadurch auch seine Seetüchtigkeit: und

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_190158/132>, abgerufen am 27.06.2024.