Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band.tographcn. Für diese begann die goldene Zeit des Portraitfabricirens.und Lag aber eine würdige künstlerische Schilderung, eine dauernde monumentale Die ganze "Siegesstraße", in welche die Lindenpromenade verwandelt tographcn. Für diese begann die goldene Zeit des Portraitfabricirens.und Lag aber eine würdige künstlerische Schilderung, eine dauernde monumentale Die ganze „Siegesstraße", in welche die Lindenpromenade verwandelt <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0532" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/286680"/> <p xml:id="ID_1569" prev="#ID_1568"> tographcn. Für diese begann die goldene Zeit des Portraitfabricirens.und<lb/> -Verlaufene. Wie die Landschaften und gemüthlichen Genrebilder den Land¬<lb/> karten, so machten alle Dichter-, Künstler--, Sänger-, Schauspieler- und Tänzer¬<lb/> innen-Bildnisse an den Schaufenstern denen der Prinzen und Generale, der<lb/> preußischen und feindlichen. Platz. Die Roon-, Moltke-, Falkenstein-, Voigts-,<lb/> Rheetz-, Mulde-, Goben-Köpfe überschwemmten die Welt. Die nachhinkende<lb/> Lithographie, welche alle diese Feldherrngesichter durch sinnbildliche, mehr oder<lb/> weniger geschmackvolle und passende Arabesken und Umrahmungen zu „Kunst-<lb/> dlättern" verband, konnte gegen die im Sturmschritt vorgehende allmächtige<lb/> Concurrentin nicht mehr auskommen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1570"> Lag aber eine würdige künstlerische Schilderung, eine dauernde monumentale<lb/> Verherrlichung der geschehenen Thaten auch noch fern im Schooß der Zukunft,<lb/> so sah sich die frühere bildende Kunst doch bald genug genöthigt, aus der bis¬<lb/> herigen Zurückhaltung herauszutreten, als die Aufgabe an sie erging, die<lb/> Sieges- und Einzugsfeste zu schmücken, an dem festlich prangenden Gewände<lb/> mitzuarbeiten, in welchem die Hauptstadt des neuen Deutschlands die Sieger zu<lb/> empfangen sich bereitete. Eine solche Mitwirkung war unter den bildenden<lb/> Künsten freilich ausschließlich der Architektur und der Plastik zugewiesen. Die<lb/> Malerei hatte nichts oder doch nur sehr wenig dabei und damit zu thun. Es<lb/> ist nichl zu läugnen, daß diese ganze Dccvrirung Berlins, so gut wie die Fest¬<lb/> lichkeiten in ihrer Gesammtheit, in wirklich großem Stil unternommen und aus¬<lb/> geführt war. Die knapp zugemessene Zeit und das nur Gelegentliche, aus<lb/> keine lange und bleibende Dauer Berechnete, in dem Ganzen ließ als Material<lb/> des zu Schaffenden die leichteren Surrogate mit Recht den gediegeneren Stoffen<lb/> vorziehen: Gips, Stuck, Holz und Steifleinen dem Marmor, Erz und Sand¬<lb/> stein. Römische Triumphbögen, für Jahrtausende gegründet, passen nicht für<lb/> unsere Triumphzüge. Man muß alles nach drei Tagen wieder hinwegräumen<lb/> tonnen, und das gewöhnliche Leben und Treiben darf dann durch keine Spur<lb/> des Außerordentlichen mehr beirrt werden.</p><lb/> <p xml:id="ID_1571" next="#ID_1572"> Die ganze „Siegesstraße", in welche die Lindenpromenade verwandelt<lb/> wurde, war als Decoration vorzüglich und zweckentsprechend gedacht. Am Ein¬<lb/> gang vom pariser Platz her die von Strack errichteten mächtigen Trophäensäulen,<lb/> welche auf ihrem Zinnenkranz die Gestalten rauchscher Bictorien trugen, waren<lb/> höchst imponirend und von der glücklichsten Composition. Nicht minder die<lb/> daraus folgende Zusammenstellung von eroberten Geschützen, reichen Candelabern,<lb/> den von Bictorien getragenen Namensschildern der Schlachttage und den Stelen<lb/> mit den an ihrer Vorderseite eingelassenen Siegesbüilelins. Die beiden zehn<lb/> Fuß hohen Siegesgöttinnen, welche die Einziehende» draußen vor dem branden-<lb/> burger Thor empfingen, waren dagegen recht hölzern zusammengeleimt. Karl<lb/> Müller, ihr Autor, besitzt nicht das Geheimniß grandioser, erhaben schöner und</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0532]
tographcn. Für diese begann die goldene Zeit des Portraitfabricirens.und
-Verlaufene. Wie die Landschaften und gemüthlichen Genrebilder den Land¬
karten, so machten alle Dichter-, Künstler--, Sänger-, Schauspieler- und Tänzer¬
innen-Bildnisse an den Schaufenstern denen der Prinzen und Generale, der
preußischen und feindlichen. Platz. Die Roon-, Moltke-, Falkenstein-, Voigts-,
Rheetz-, Mulde-, Goben-Köpfe überschwemmten die Welt. Die nachhinkende
Lithographie, welche alle diese Feldherrngesichter durch sinnbildliche, mehr oder
weniger geschmackvolle und passende Arabesken und Umrahmungen zu „Kunst-
dlättern" verband, konnte gegen die im Sturmschritt vorgehende allmächtige
Concurrentin nicht mehr auskommen.
Lag aber eine würdige künstlerische Schilderung, eine dauernde monumentale
Verherrlichung der geschehenen Thaten auch noch fern im Schooß der Zukunft,
so sah sich die frühere bildende Kunst doch bald genug genöthigt, aus der bis¬
herigen Zurückhaltung herauszutreten, als die Aufgabe an sie erging, die
Sieges- und Einzugsfeste zu schmücken, an dem festlich prangenden Gewände
mitzuarbeiten, in welchem die Hauptstadt des neuen Deutschlands die Sieger zu
empfangen sich bereitete. Eine solche Mitwirkung war unter den bildenden
Künsten freilich ausschließlich der Architektur und der Plastik zugewiesen. Die
Malerei hatte nichts oder doch nur sehr wenig dabei und damit zu thun. Es
ist nichl zu läugnen, daß diese ganze Dccvrirung Berlins, so gut wie die Fest¬
lichkeiten in ihrer Gesammtheit, in wirklich großem Stil unternommen und aus¬
geführt war. Die knapp zugemessene Zeit und das nur Gelegentliche, aus
keine lange und bleibende Dauer Berechnete, in dem Ganzen ließ als Material
des zu Schaffenden die leichteren Surrogate mit Recht den gediegeneren Stoffen
vorziehen: Gips, Stuck, Holz und Steifleinen dem Marmor, Erz und Sand¬
stein. Römische Triumphbögen, für Jahrtausende gegründet, passen nicht für
unsere Triumphzüge. Man muß alles nach drei Tagen wieder hinwegräumen
tonnen, und das gewöhnliche Leben und Treiben darf dann durch keine Spur
des Außerordentlichen mehr beirrt werden.
Die ganze „Siegesstraße", in welche die Lindenpromenade verwandelt
wurde, war als Decoration vorzüglich und zweckentsprechend gedacht. Am Ein¬
gang vom pariser Platz her die von Strack errichteten mächtigen Trophäensäulen,
welche auf ihrem Zinnenkranz die Gestalten rauchscher Bictorien trugen, waren
höchst imponirend und von der glücklichsten Composition. Nicht minder die
daraus folgende Zusammenstellung von eroberten Geschützen, reichen Candelabern,
den von Bictorien getragenen Namensschildern der Schlachttage und den Stelen
mit den an ihrer Vorderseite eingelassenen Siegesbüilelins. Die beiden zehn
Fuß hohen Siegesgöttinnen, welche die Einziehende» draußen vor dem branden-
burger Thor empfingen, waren dagegen recht hölzern zusammengeleimt. Karl
Müller, ihr Autor, besitzt nicht das Geheimniß grandioser, erhaben schöner und
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