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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band.

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überwältigende Komik dieser Gebilde jedes trübere Gefühl bei ihrem Anblick
bald genug verscheucht hätte.

Die leipziger Jllustrirte hielt wie immer ihren alten ehrenvollen Ruf in
diesen Dingen aufrecht. Die Bilder kamen so schnell wie irgend möglich den
Ereignissen nachgeeilt; ob auch oft genug weit vom Schuß und "aus der Tiefe
des Gemüthes" concipnt, waren die Darstellungen, welche sie gab, doch meist
charakteristisch, den Schilderungen entsprechend, künstlerisch wirksam, in den Lo¬
kalitäten getreu, Menschen und Pferde Menschen und Pferden auch wirklich
ähnlich, die Typen der verschieden Nationalitäten und Armeegenossen, so wie
die Porträts, wohlgctroffen. Daß der begabteste Kriegs- und Feldzeichner, A. Beck,
grade zu den Oestreichern geschickt war, hatte die natürliche Folge, daß man
von den Niederlagen derselben aus den Bildern der Jllustrirten Zeitung wenig
spüren konnte. Sie und ihre Bundesbrüder, die braven Sachsen, spielten in
seinen Zeichnungen so sehr "die erste Geige", hieben die unglücklichen Preußen
fast immer so erbärmlich in die Pfanne, waren künstlerisch so geistreich und
bestechend in Scene gesetzt, daß jedem, welcher die Geschichte des Krieges nur
aus dieser Bilderchronik kennen gelernt hätte, der schließliche vollständige Triumph
Preußens fast als Unbegreiflichkeit erscheinen mußte.

Die schwäbische Concurrentin der leipziger Jllustrirten, Hallbergers "Ueber
Land und Meer", übertraf sich dagegen selbst in kläglichen Holzschnitten, was
viel sagen will bei diesem, darin schon in friedlichen Zeiten unerreichbaren
Blatt. Selten nur blitzte Fikentschers sonstige frische, kecke, charakteristische
Zeichnung durch all die kindische, öde, langweilige und triviale Nichtigkeit dieser
Schlacht- und Lagerbilber hindurch. -- Das leipziger "Daheim", das seine
eignen Korrespondenten im Felde hatte, ließ von Bleibtreu eine ganze Reihe
kleinerer Gcfechtsscenen, Hauptactionen und kleinern Episoden des großen Dra¬
mas zeichnen. Sie zeigen sämmtlich dieses begeisterten Künstlers schwungvolle
und kühne Darstellungsmanier solcher Vorwürfe; -- was sie vermissen lassen,
ist die individuellere Bestimmtheit des Wesens grade dieser besondern Truppen,
und dieser Terrains und Localitäten. Daß hier ein Augenzeuge zeichnete, macht
der Anblick der Bilder uns nicht eigentlich bewußt.

Die französischen und englischen illustrirten Journale zeigten den preußischen
Thaten gegenüber ein eigenthümlich tendenziöses Verhalten. IIIusti-ateÄ liOväon
5im8 brachte zwar einige ganz vortreffliche Landschaft- und Städteansichten
vom Kriegsschauplatz mit ebenso meisterhaft gezeichneter militärisch-kriegerischer
Staffage, auch ein. paar größere Blätter vom Schlachtfeld von Sadowa, mit
besondrer loyaler Berücksichtigung des kronprinzlichen Gatten "ok elf ?r!neess
roMö". Im Allgemeinen aber behandelte sie das alles nur so oben hin,
stellte es. so gut ose die pariser Illustration es that, gänzlich in den Schatten
gegen die großartigen Heldenkämpfe -- der Italiener, der zumal Freiwilligen!


überwältigende Komik dieser Gebilde jedes trübere Gefühl bei ihrem Anblick
bald genug verscheucht hätte.

Die leipziger Jllustrirte hielt wie immer ihren alten ehrenvollen Ruf in
diesen Dingen aufrecht. Die Bilder kamen so schnell wie irgend möglich den
Ereignissen nachgeeilt; ob auch oft genug weit vom Schuß und „aus der Tiefe
des Gemüthes" concipnt, waren die Darstellungen, welche sie gab, doch meist
charakteristisch, den Schilderungen entsprechend, künstlerisch wirksam, in den Lo¬
kalitäten getreu, Menschen und Pferde Menschen und Pferden auch wirklich
ähnlich, die Typen der verschieden Nationalitäten und Armeegenossen, so wie
die Porträts, wohlgctroffen. Daß der begabteste Kriegs- und Feldzeichner, A. Beck,
grade zu den Oestreichern geschickt war, hatte die natürliche Folge, daß man
von den Niederlagen derselben aus den Bildern der Jllustrirten Zeitung wenig
spüren konnte. Sie und ihre Bundesbrüder, die braven Sachsen, spielten in
seinen Zeichnungen so sehr „die erste Geige", hieben die unglücklichen Preußen
fast immer so erbärmlich in die Pfanne, waren künstlerisch so geistreich und
bestechend in Scene gesetzt, daß jedem, welcher die Geschichte des Krieges nur
aus dieser Bilderchronik kennen gelernt hätte, der schließliche vollständige Triumph
Preußens fast als Unbegreiflichkeit erscheinen mußte.

Die schwäbische Concurrentin der leipziger Jllustrirten, Hallbergers „Ueber
Land und Meer", übertraf sich dagegen selbst in kläglichen Holzschnitten, was
viel sagen will bei diesem, darin schon in friedlichen Zeiten unerreichbaren
Blatt. Selten nur blitzte Fikentschers sonstige frische, kecke, charakteristische
Zeichnung durch all die kindische, öde, langweilige und triviale Nichtigkeit dieser
Schlacht- und Lagerbilber hindurch. — Das leipziger „Daheim", das seine
eignen Korrespondenten im Felde hatte, ließ von Bleibtreu eine ganze Reihe
kleinerer Gcfechtsscenen, Hauptactionen und kleinern Episoden des großen Dra¬
mas zeichnen. Sie zeigen sämmtlich dieses begeisterten Künstlers schwungvolle
und kühne Darstellungsmanier solcher Vorwürfe; — was sie vermissen lassen,
ist die individuellere Bestimmtheit des Wesens grade dieser besondern Truppen,
und dieser Terrains und Localitäten. Daß hier ein Augenzeuge zeichnete, macht
der Anblick der Bilder uns nicht eigentlich bewußt.

Die französischen und englischen illustrirten Journale zeigten den preußischen
Thaten gegenüber ein eigenthümlich tendenziöses Verhalten. IIIusti-ateÄ liOväon
5im8 brachte zwar einige ganz vortreffliche Landschaft- und Städteansichten
vom Kriegsschauplatz mit ebenso meisterhaft gezeichneter militärisch-kriegerischer
Staffage, auch ein. paar größere Blätter vom Schlachtfeld von Sadowa, mit
besondrer loyaler Berücksichtigung des kronprinzlichen Gatten „ok elf ?r!neess
roMö". Im Allgemeinen aber behandelte sie das alles nur so oben hin,
stellte es. so gut ose die pariser Illustration es that, gänzlich in den Schatten
gegen die großartigen Heldenkämpfe — der Italiener, der zumal Freiwilligen!


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_286147/530>, abgerufen am 03.07.2024.