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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band.

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ihrer Kunst, welche weder innerlich noch formal eine Beziehung zu den Ereig¬
nissen hatten, Brücken, Quais ze., mit den beiden schwer wiegenden Namen.
Aber die Kunst ist lang und die Geschichte geht schnell. Nur die ersten Sturm¬
und Kampfbilder kleineren Maßstabs von Camphausen, Hunden, Kretschmer :e.
waren erschienen. Der erstgenannte und Vleibtreu hatten nur eben erst die
für die Nationalgalerie auszuführenden, ihnen als Siegern in der Preis¬
bewerbung zuertheilten untermalt; der Grundstein des kolossalen Düppeldenk-
mals in Berlin war nur erst gelegt und über F. Drakes Entwurf zu demselben
noch keine Einigung erzielt, -- als bereits jene Ereignisse über Deutschland
hereinbrachen, welche die des Jahres 1864 völlig in Schatten stellend, der poli¬
tischen Weiterentwickelung und der historischen Kunst neue und großartigere Per-
spectiven eröffnen sollten. Während die Herzen der friedlichen Künstler von
Zagen und Bangen ergriffen wurden, begann für die kriegsbereiten eine Zeit
des kühnen freudigen Hoffens. Nun endlich schienen die großen Geschicke sich
entscheiden und erfüllen, gewaltige geschichtliche Thaten sich vollziehen, der
Kampf "um der Menschheit große Gegenstände" durchgefochten werden zu sollen
und vor den Augen der Künstler selbst! Denn es zeigte sich bald genug, daß
jene altgebräuchliche zugeknöpfte und abweisende Manier, welche sonst preußi¬
schen Militärbehörden gegen jeden Civilmenschen charakteristisch war, welche den
Zeichnern so gut wie den Zeitungscorrespondenten jede Vergünstigung, ja selbst
Duldung versagt hatte, diesmal abgethan sein sollte, wie so manches alte Uebel.
Berichterstatter und Specialartisten attachirten sich ungehindert den Hauptquar¬
tieren der verschiedenen großen preußischen Armeen; einige auf diesem Felde
ruhmvoll bewährte Maler wurden sogar direct vom Prinzen Friedrich Karl,
vom Kronprinzen und von General Vogel v. Falkenstein eingeladen, sich ihren
Heeren anzuschließen, um deren Thaten als Zeugen derselben unmittelbar in der
eigenen Anschauung und Beobachtung der Wirklichkeit behufs späterer künst¬
lerischer Darstellung zu studiren. Man kann sich denken, mit wie freudiger
Bereitwilligkeit die Betreffenden einer derartigen Einladung Folge leisteten.
Camphausen ging ins Lager des Kronprinzen, später folgte ihm Professor Otto
Heyden; Bleibtreu und Ludwig Burger zum Hauptquartier der ersten Armee,
letzterer, nach der Entscheidung in Böhmen, noch nachträglich zur Mainarmee.
Kaiser durfte sich dem königlichen Hauptquartier anschließen. Die verschiedenen
illustrirten Zeitungen schickten Zeichner zu allen kämpfenden Parteien; denn der
deutsche Verleger hatte seine Abonnenten bei Wels wie bei Waldungen und für
beide mußte gesorgt werden. Der vortreffliche, in Italien wie in Schleswig
erprobte Beck ging für die Webersche Jllustrirte Leipziger Zeitung ins östreichisch¬
sächsische Lager. Fickentscher war für Hallbergers "Ueber Land und Meer" so
vielseitig thätig, daß man glauben könnte, er sei einfach in Stuttgart oder
Düsseldorf geblieben. Als Landwehrmänner einberufen zogen von letzterem Ort


ihrer Kunst, welche weder innerlich noch formal eine Beziehung zu den Ereig¬
nissen hatten, Brücken, Quais ze., mit den beiden schwer wiegenden Namen.
Aber die Kunst ist lang und die Geschichte geht schnell. Nur die ersten Sturm¬
und Kampfbilder kleineren Maßstabs von Camphausen, Hunden, Kretschmer :e.
waren erschienen. Der erstgenannte und Vleibtreu hatten nur eben erst die
für die Nationalgalerie auszuführenden, ihnen als Siegern in der Preis¬
bewerbung zuertheilten untermalt; der Grundstein des kolossalen Düppeldenk-
mals in Berlin war nur erst gelegt und über F. Drakes Entwurf zu demselben
noch keine Einigung erzielt, — als bereits jene Ereignisse über Deutschland
hereinbrachen, welche die des Jahres 1864 völlig in Schatten stellend, der poli¬
tischen Weiterentwickelung und der historischen Kunst neue und großartigere Per-
spectiven eröffnen sollten. Während die Herzen der friedlichen Künstler von
Zagen und Bangen ergriffen wurden, begann für die kriegsbereiten eine Zeit
des kühnen freudigen Hoffens. Nun endlich schienen die großen Geschicke sich
entscheiden und erfüllen, gewaltige geschichtliche Thaten sich vollziehen, der
Kampf „um der Menschheit große Gegenstände" durchgefochten werden zu sollen
und vor den Augen der Künstler selbst! Denn es zeigte sich bald genug, daß
jene altgebräuchliche zugeknöpfte und abweisende Manier, welche sonst preußi¬
schen Militärbehörden gegen jeden Civilmenschen charakteristisch war, welche den
Zeichnern so gut wie den Zeitungscorrespondenten jede Vergünstigung, ja selbst
Duldung versagt hatte, diesmal abgethan sein sollte, wie so manches alte Uebel.
Berichterstatter und Specialartisten attachirten sich ungehindert den Hauptquar¬
tieren der verschiedenen großen preußischen Armeen; einige auf diesem Felde
ruhmvoll bewährte Maler wurden sogar direct vom Prinzen Friedrich Karl,
vom Kronprinzen und von General Vogel v. Falkenstein eingeladen, sich ihren
Heeren anzuschließen, um deren Thaten als Zeugen derselben unmittelbar in der
eigenen Anschauung und Beobachtung der Wirklichkeit behufs späterer künst¬
lerischer Darstellung zu studiren. Man kann sich denken, mit wie freudiger
Bereitwilligkeit die Betreffenden einer derartigen Einladung Folge leisteten.
Camphausen ging ins Lager des Kronprinzen, später folgte ihm Professor Otto
Heyden; Bleibtreu und Ludwig Burger zum Hauptquartier der ersten Armee,
letzterer, nach der Entscheidung in Böhmen, noch nachträglich zur Mainarmee.
Kaiser durfte sich dem königlichen Hauptquartier anschließen. Die verschiedenen
illustrirten Zeitungen schickten Zeichner zu allen kämpfenden Parteien; denn der
deutsche Verleger hatte seine Abonnenten bei Wels wie bei Waldungen und für
beide mußte gesorgt werden. Der vortreffliche, in Italien wie in Schleswig
erprobte Beck ging für die Webersche Jllustrirte Leipziger Zeitung ins östreichisch¬
sächsische Lager. Fickentscher war für Hallbergers „Ueber Land und Meer" so
vielseitig thätig, daß man glauben könnte, er sei einfach in Stuttgart oder
Düsseldorf geblieben. Als Landwehrmänner einberufen zogen von letzterem Ort


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[0526] ihrer Kunst, welche weder innerlich noch formal eine Beziehung zu den Ereig¬ nissen hatten, Brücken, Quais ze., mit den beiden schwer wiegenden Namen. Aber die Kunst ist lang und die Geschichte geht schnell. Nur die ersten Sturm¬ und Kampfbilder kleineren Maßstabs von Camphausen, Hunden, Kretschmer :e. waren erschienen. Der erstgenannte und Vleibtreu hatten nur eben erst die für die Nationalgalerie auszuführenden, ihnen als Siegern in der Preis¬ bewerbung zuertheilten untermalt; der Grundstein des kolossalen Düppeldenk- mals in Berlin war nur erst gelegt und über F. Drakes Entwurf zu demselben noch keine Einigung erzielt, — als bereits jene Ereignisse über Deutschland hereinbrachen, welche die des Jahres 1864 völlig in Schatten stellend, der poli¬ tischen Weiterentwickelung und der historischen Kunst neue und großartigere Per- spectiven eröffnen sollten. Während die Herzen der friedlichen Künstler von Zagen und Bangen ergriffen wurden, begann für die kriegsbereiten eine Zeit des kühnen freudigen Hoffens. Nun endlich schienen die großen Geschicke sich entscheiden und erfüllen, gewaltige geschichtliche Thaten sich vollziehen, der Kampf „um der Menschheit große Gegenstände" durchgefochten werden zu sollen und vor den Augen der Künstler selbst! Denn es zeigte sich bald genug, daß jene altgebräuchliche zugeknöpfte und abweisende Manier, welche sonst preußi¬ schen Militärbehörden gegen jeden Civilmenschen charakteristisch war, welche den Zeichnern so gut wie den Zeitungscorrespondenten jede Vergünstigung, ja selbst Duldung versagt hatte, diesmal abgethan sein sollte, wie so manches alte Uebel. Berichterstatter und Specialartisten attachirten sich ungehindert den Hauptquar¬ tieren der verschiedenen großen preußischen Armeen; einige auf diesem Felde ruhmvoll bewährte Maler wurden sogar direct vom Prinzen Friedrich Karl, vom Kronprinzen und von General Vogel v. Falkenstein eingeladen, sich ihren Heeren anzuschließen, um deren Thaten als Zeugen derselben unmittelbar in der eigenen Anschauung und Beobachtung der Wirklichkeit behufs späterer künst¬ lerischer Darstellung zu studiren. Man kann sich denken, mit wie freudiger Bereitwilligkeit die Betreffenden einer derartigen Einladung Folge leisteten. Camphausen ging ins Lager des Kronprinzen, später folgte ihm Professor Otto Heyden; Bleibtreu und Ludwig Burger zum Hauptquartier der ersten Armee, letzterer, nach der Entscheidung in Böhmen, noch nachträglich zur Mainarmee. Kaiser durfte sich dem königlichen Hauptquartier anschließen. Die verschiedenen illustrirten Zeitungen schickten Zeichner zu allen kämpfenden Parteien; denn der deutsche Verleger hatte seine Abonnenten bei Wels wie bei Waldungen und für beide mußte gesorgt werden. Der vortreffliche, in Italien wie in Schleswig erprobte Beck ging für die Webersche Jllustrirte Leipziger Zeitung ins östreichisch¬ sächsische Lager. Fickentscher war für Hallbergers „Ueber Land und Meer" so vielseitig thätig, daß man glauben könnte, er sei einfach in Stuttgart oder Düsseldorf geblieben. Als Landwehrmänner einberufen zogen von letzterem Ort

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_286147/526>, abgerufen am 04.07.2024.