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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band.

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Jnselbevölkerung, -- so hat sich dafür der Staat dieses. Thätigkeitsgebiets auch
nicht mit störender Einmischung angenommen, und die nun einsetzenden Be¬
strebungen brauchen nicht erst künstliche Schranken zu überspringen. Es ist das
Verdienst der letzten englischen Untersuchungscommission, die alleinige Heilsam-
keit der Freiheit im Fischereiwesen durch eine Fülle zuverlässig ermittelter That¬
sachen sowohl, wie durch einleuchtende Ableitung von Schlüssen aus denselben
ins Licht gesetzt zu haben. Sie erklärt sich gegen die gesetzliche Durchführung
einer geschlossenen Zeit für die Austernfischerei (1. Mai bis 31. August), wie sie
in England merkwürdigerweise grade für die minder bedeutenden Anlagen "be¬
steht, nicht aber für dle großartige Fischerei der Südostküste, bei Colchester,
Whiistable, Faversham u. s. w.; serner gegen die gleiche Maßregel in Bezug
aus den Häringsfang an der schottischen Westküste nicht nur, sondern auch gegen
die Beschränkung der fremden Häringsfänger an der schottischen Ostküste aus
die hohe See jenseits eines drei Meilen breiten Wassergürtels längs der Küste,
und gegen das Verbot für dieselben, sich anders als aus Noth der dortigen
Häfen u. s. w. zu bedienen; auch gegen jedes Verbot der Einfuhr von Fischen
irgendeiner Art auf fremden Schiffen, und gegen verbotähnlich hohe Zölle; am
entschiedensten aber, mit immer neuem Nachdruck gegen die geringste Beschrän¬
kung der Grunbnetzsischerei. sei es unter dem Vorwande der Beeinträchtigung
anderer Arten der Fischerei oder unter dem der Erschöpfung des Meeres. Die
allgemeine und unbedingte Forderung der Freiheit, die in diesem werthvollen
Bericht auf Grund der ausgedehntesten und mannigfachsten Erfahrung der Welt
erhoben wird, ist für uns in Deutschland der Regel nach der ohne weiteres
gegebene Ausgangspunkt. Wir haben daher nur Sorge zu tragen, 'daß sie uns
nicht erst noch nachträglich verkümmert werde. Wir wollen auch den englischen
und holländischen Kurrern nicht mißgönnen, was sie unmittelbar vor unseren
Häfen und Strömen wegholen, sondern nur in friedlichem Wetteifer die natür¬
liche Überlegenheit der Nähe, die wesentliche Gleichheit aller übrigen Be¬
dingungen für unsere heimischen Bedürfnisse geltendzumachen suchen.

Damit wird nicht allein den beiden schon berührten volkswirthschaftlichen
Interessen gedient, der allgemeinen Ernährung und dem Erwerbe der Küsten-
und Jnselbevölkerung, sondern auch einem dritten, das noch directer in die
Sphäre nationaler Würdigkeit aufsteigt: der Herstellung einer Schule für voll¬
endete Seeleute, welche die Handelsmarine Deutschlands sehr gut vertragen und
die künftige preußisch-deutsche Kriegsmarine kaum entbehren kann. Wie der
Fischfang bisher von deutschen Küstenortcn aus betrieben wurde, verdarb er
freilich eher, was sich ihm widmete. Aber wie er zukünftig mit der Kurre hinter
dem beständig scehaltenden Schooner oder Kutter betrieben wetten wird, lehrt
er die Besatzung, die keinen entbehrlichen Mann an Bord hat, alle ihre Kräfte
aufbieten, und das Meer wie ihre Tasche, t>le Luft zu jeder Jahreszeit kennen.


Jnselbevölkerung, — so hat sich dafür der Staat dieses. Thätigkeitsgebiets auch
nicht mit störender Einmischung angenommen, und die nun einsetzenden Be¬
strebungen brauchen nicht erst künstliche Schranken zu überspringen. Es ist das
Verdienst der letzten englischen Untersuchungscommission, die alleinige Heilsam-
keit der Freiheit im Fischereiwesen durch eine Fülle zuverlässig ermittelter That¬
sachen sowohl, wie durch einleuchtende Ableitung von Schlüssen aus denselben
ins Licht gesetzt zu haben. Sie erklärt sich gegen die gesetzliche Durchführung
einer geschlossenen Zeit für die Austernfischerei (1. Mai bis 31. August), wie sie
in England merkwürdigerweise grade für die minder bedeutenden Anlagen "be¬
steht, nicht aber für dle großartige Fischerei der Südostküste, bei Colchester,
Whiistable, Faversham u. s. w.; serner gegen die gleiche Maßregel in Bezug
aus den Häringsfang an der schottischen Westküste nicht nur, sondern auch gegen
die Beschränkung der fremden Häringsfänger an der schottischen Ostküste aus
die hohe See jenseits eines drei Meilen breiten Wassergürtels längs der Küste,
und gegen das Verbot für dieselben, sich anders als aus Noth der dortigen
Häfen u. s. w. zu bedienen; auch gegen jedes Verbot der Einfuhr von Fischen
irgendeiner Art auf fremden Schiffen, und gegen verbotähnlich hohe Zölle; am
entschiedensten aber, mit immer neuem Nachdruck gegen die geringste Beschrän¬
kung der Grunbnetzsischerei. sei es unter dem Vorwande der Beeinträchtigung
anderer Arten der Fischerei oder unter dem der Erschöpfung des Meeres. Die
allgemeine und unbedingte Forderung der Freiheit, die in diesem werthvollen
Bericht auf Grund der ausgedehntesten und mannigfachsten Erfahrung der Welt
erhoben wird, ist für uns in Deutschland der Regel nach der ohne weiteres
gegebene Ausgangspunkt. Wir haben daher nur Sorge zu tragen, 'daß sie uns
nicht erst noch nachträglich verkümmert werde. Wir wollen auch den englischen
und holländischen Kurrern nicht mißgönnen, was sie unmittelbar vor unseren
Häfen und Strömen wegholen, sondern nur in friedlichem Wetteifer die natür¬
liche Überlegenheit der Nähe, die wesentliche Gleichheit aller übrigen Be¬
dingungen für unsere heimischen Bedürfnisse geltendzumachen suchen.

Damit wird nicht allein den beiden schon berührten volkswirthschaftlichen
Interessen gedient, der allgemeinen Ernährung und dem Erwerbe der Küsten-
und Jnselbevölkerung, sondern auch einem dritten, das noch directer in die
Sphäre nationaler Würdigkeit aufsteigt: der Herstellung einer Schule für voll¬
endete Seeleute, welche die Handelsmarine Deutschlands sehr gut vertragen und
die künftige preußisch-deutsche Kriegsmarine kaum entbehren kann. Wie der
Fischfang bisher von deutschen Küstenortcn aus betrieben wurde, verdarb er
freilich eher, was sich ihm widmete. Aber wie er zukünftig mit der Kurre hinter
dem beständig scehaltenden Schooner oder Kutter betrieben wetten wird, lehrt
er die Besatzung, die keinen entbehrlichen Mann an Bord hat, alle ihre Kräfte
aufbieten, und das Meer wie ihre Tasche, t>le Luft zu jeder Jahreszeit kennen.


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[0456] Jnselbevölkerung, — so hat sich dafür der Staat dieses. Thätigkeitsgebiets auch nicht mit störender Einmischung angenommen, und die nun einsetzenden Be¬ strebungen brauchen nicht erst künstliche Schranken zu überspringen. Es ist das Verdienst der letzten englischen Untersuchungscommission, die alleinige Heilsam- keit der Freiheit im Fischereiwesen durch eine Fülle zuverlässig ermittelter That¬ sachen sowohl, wie durch einleuchtende Ableitung von Schlüssen aus denselben ins Licht gesetzt zu haben. Sie erklärt sich gegen die gesetzliche Durchführung einer geschlossenen Zeit für die Austernfischerei (1. Mai bis 31. August), wie sie in England merkwürdigerweise grade für die minder bedeutenden Anlagen "be¬ steht, nicht aber für dle großartige Fischerei der Südostküste, bei Colchester, Whiistable, Faversham u. s. w.; serner gegen die gleiche Maßregel in Bezug aus den Häringsfang an der schottischen Westküste nicht nur, sondern auch gegen die Beschränkung der fremden Häringsfänger an der schottischen Ostküste aus die hohe See jenseits eines drei Meilen breiten Wassergürtels längs der Küste, und gegen das Verbot für dieselben, sich anders als aus Noth der dortigen Häfen u. s. w. zu bedienen; auch gegen jedes Verbot der Einfuhr von Fischen irgendeiner Art auf fremden Schiffen, und gegen verbotähnlich hohe Zölle; am entschiedensten aber, mit immer neuem Nachdruck gegen die geringste Beschrän¬ kung der Grunbnetzsischerei. sei es unter dem Vorwande der Beeinträchtigung anderer Arten der Fischerei oder unter dem der Erschöpfung des Meeres. Die allgemeine und unbedingte Forderung der Freiheit, die in diesem werthvollen Bericht auf Grund der ausgedehntesten und mannigfachsten Erfahrung der Welt erhoben wird, ist für uns in Deutschland der Regel nach der ohne weiteres gegebene Ausgangspunkt. Wir haben daher nur Sorge zu tragen, 'daß sie uns nicht erst noch nachträglich verkümmert werde. Wir wollen auch den englischen und holländischen Kurrern nicht mißgönnen, was sie unmittelbar vor unseren Häfen und Strömen wegholen, sondern nur in friedlichem Wetteifer die natür¬ liche Überlegenheit der Nähe, die wesentliche Gleichheit aller übrigen Be¬ dingungen für unsere heimischen Bedürfnisse geltendzumachen suchen. Damit wird nicht allein den beiden schon berührten volkswirthschaftlichen Interessen gedient, der allgemeinen Ernährung und dem Erwerbe der Küsten- und Jnselbevölkerung, sondern auch einem dritten, das noch directer in die Sphäre nationaler Würdigkeit aufsteigt: der Herstellung einer Schule für voll¬ endete Seeleute, welche die Handelsmarine Deutschlands sehr gut vertragen und die künftige preußisch-deutsche Kriegsmarine kaum entbehren kann. Wie der Fischfang bisher von deutschen Küstenortcn aus betrieben wurde, verdarb er freilich eher, was sich ihm widmete. Aber wie er zukünftig mit der Kurre hinter dem beständig scehaltenden Schooner oder Kutter betrieben wetten wird, lehrt er die Besatzung, die keinen entbehrlichen Mann an Bord hat, alle ihre Kräfte aufbieten, und das Meer wie ihre Tasche, t>le Luft zu jeder Jahreszeit kennen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_286147/456>, abgerufen am 04.07.2024.