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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band.

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klugen geraden Wegs südlich nach Bayern marschirten, konnten die schwachen
preußischen Bortruppen des Generals v. Beyer gar nicht daran denken, ihnen
mit Erfolg den Weg zu verlegen.

Am Tage der Kapitulation disponirte General v. Falkenstein seine Truppen
bereits für seine Weiteren Unternehmungen und am 1. Juli standen sie bei
Eisenach bereit, um gegen die Bayern vorzugehen, die sich inzwischen zur Unter¬
stützung der Hannoveraner nach Norden in Bewegung gehest hatten.

Während Prinz Alexander von Hessen in der Gegend von Frankfurt seine
Divisionen vereinigte und eine Stellung östlich und nordöstlich zum Schutze der
Bundesstadt bezog, hatte Prinz Karl von Bayern von Bamberg aus langsam
längs der Werra sein Corps in Bewegung gesetzt. Koburg wurde als feind¬
liches Land am 29, Juni besetzt, am 30. wurde das preußische Sust occupirt.
Hier erreichte den bayerischen Feldherrn die Nachricht von der Kapitulation der
Hannoveraner. Er beschloß nunmehr zur Vereinigung mit dem Prinzen von
Hessen, der den Befehl zum Marsch nach Fulda erhalten, sich ebenfalls nach
letzterem Orte zu wenden. Diese Bewegung aber wurde durch den Angriff der
Preußen unterbrochen.

Offenbar konnte General v. Falkenstein nur dann auf Erfolg gegen seine
Gegner rechnen, wenn er beide getrennt erhielt und jeden einzeln schlug. Er
schob also die Diviston Beyer auf der Straße von Eisenach nach Frankfurt
gegen Fulda vor und ging mit den Divisionen Manteuffel und Goben, die
letztere an der Töte, gegen die Bayern. -- Am 2. Juli Abends trafen die
ersten Spitzen gegen einander; der bayerische Oberst Aldosser versuchte preußische
Feldwachen in dieser Nacht zu überfallen, wurde aber blutig abgewiesen und
selbst für diesen Krieg unfähig gemacht. Am 3. setzten die Bayern ihren Marsch
fort, stießen bei Dermbach auf die Brigade Kummer der Division Goben,
wichen davor aus und concentrirten sich bei KaUennordheim. Am 4. Juli blieben
die Preußen auf der Straße nach Kaltennordheim im Borgehen, während die
Bayern eine drei Meilen breite Front eingenommen und die Reservecavalerie
noch zwei Meilen weiter auf der fuldaer Straße gegen Hünfeld vorgeschoben
hatten. Die Reservecavalerie, sechs Regimenter, zwei Batterien unter Fürst
Taxis, stieß hier auf die Division Beyer. Ein von den Vortruppen dieser
Division abgegebener Kanonenschuß schlug in das vorderste Cürassierregiment
und brachte ihm einen Verlust von 28 Mann bei, worauf dieses Regiment und
n.ach und nach auch die übrigen Regimenter Kehrt machten. Die ganze Masse
wurde, wie es bei Cavalerie sich so leicht ereignet, sehr rasch von einer Panique
ergriffen und jagte unaufhaltsam zurück. Der erste Theil sammelte sich nach
einem Wege von fünf Meilen, andere sollen sechzehn Meilen gebraucht haben,
um zum Halten zu kommen. Das Schlimmste war, daß infolge dieses energischen
Rennens der größte Theil der Pferde unbrauchbar geworden war.


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klugen geraden Wegs südlich nach Bayern marschirten, konnten die schwachen
preußischen Bortruppen des Generals v. Beyer gar nicht daran denken, ihnen
mit Erfolg den Weg zu verlegen.

Am Tage der Kapitulation disponirte General v. Falkenstein seine Truppen
bereits für seine Weiteren Unternehmungen und am 1. Juli standen sie bei
Eisenach bereit, um gegen die Bayern vorzugehen, die sich inzwischen zur Unter¬
stützung der Hannoveraner nach Norden in Bewegung gehest hatten.

Während Prinz Alexander von Hessen in der Gegend von Frankfurt seine
Divisionen vereinigte und eine Stellung östlich und nordöstlich zum Schutze der
Bundesstadt bezog, hatte Prinz Karl von Bayern von Bamberg aus langsam
längs der Werra sein Corps in Bewegung gesetzt. Koburg wurde als feind¬
liches Land am 29, Juni besetzt, am 30. wurde das preußische Sust occupirt.
Hier erreichte den bayerischen Feldherrn die Nachricht von der Kapitulation der
Hannoveraner. Er beschloß nunmehr zur Vereinigung mit dem Prinzen von
Hessen, der den Befehl zum Marsch nach Fulda erhalten, sich ebenfalls nach
letzterem Orte zu wenden. Diese Bewegung aber wurde durch den Angriff der
Preußen unterbrochen.

Offenbar konnte General v. Falkenstein nur dann auf Erfolg gegen seine
Gegner rechnen, wenn er beide getrennt erhielt und jeden einzeln schlug. Er
schob also die Diviston Beyer auf der Straße von Eisenach nach Frankfurt
gegen Fulda vor und ging mit den Divisionen Manteuffel und Goben, die
letztere an der Töte, gegen die Bayern. — Am 2. Juli Abends trafen die
ersten Spitzen gegen einander; der bayerische Oberst Aldosser versuchte preußische
Feldwachen in dieser Nacht zu überfallen, wurde aber blutig abgewiesen und
selbst für diesen Krieg unfähig gemacht. Am 3. setzten die Bayern ihren Marsch
fort, stießen bei Dermbach auf die Brigade Kummer der Division Goben,
wichen davor aus und concentrirten sich bei KaUennordheim. Am 4. Juli blieben
die Preußen auf der Straße nach Kaltennordheim im Borgehen, während die
Bayern eine drei Meilen breite Front eingenommen und die Reservecavalerie
noch zwei Meilen weiter auf der fuldaer Straße gegen Hünfeld vorgeschoben
hatten. Die Reservecavalerie, sechs Regimenter, zwei Batterien unter Fürst
Taxis, stieß hier auf die Division Beyer. Ein von den Vortruppen dieser
Division abgegebener Kanonenschuß schlug in das vorderste Cürassierregiment
und brachte ihm einen Verlust von 28 Mann bei, worauf dieses Regiment und
n.ach und nach auch die übrigen Regimenter Kehrt machten. Die ganze Masse
wurde, wie es bei Cavalerie sich so leicht ereignet, sehr rasch von einer Panique
ergriffen und jagte unaufhaltsam zurück. Der erste Theil sammelte sich nach
einem Wege von fünf Meilen, andere sollen sechzehn Meilen gebraucht haben,
um zum Halten zu kommen. Das Schlimmste war, daß infolge dieses energischen
Rennens der größte Theil der Pferde unbrauchbar geworden war.


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[0415] klugen geraden Wegs südlich nach Bayern marschirten, konnten die schwachen preußischen Bortruppen des Generals v. Beyer gar nicht daran denken, ihnen mit Erfolg den Weg zu verlegen. Am Tage der Kapitulation disponirte General v. Falkenstein seine Truppen bereits für seine Weiteren Unternehmungen und am 1. Juli standen sie bei Eisenach bereit, um gegen die Bayern vorzugehen, die sich inzwischen zur Unter¬ stützung der Hannoveraner nach Norden in Bewegung gehest hatten. Während Prinz Alexander von Hessen in der Gegend von Frankfurt seine Divisionen vereinigte und eine Stellung östlich und nordöstlich zum Schutze der Bundesstadt bezog, hatte Prinz Karl von Bayern von Bamberg aus langsam längs der Werra sein Corps in Bewegung gesetzt. Koburg wurde als feind¬ liches Land am 29, Juni besetzt, am 30. wurde das preußische Sust occupirt. Hier erreichte den bayerischen Feldherrn die Nachricht von der Kapitulation der Hannoveraner. Er beschloß nunmehr zur Vereinigung mit dem Prinzen von Hessen, der den Befehl zum Marsch nach Fulda erhalten, sich ebenfalls nach letzterem Orte zu wenden. Diese Bewegung aber wurde durch den Angriff der Preußen unterbrochen. Offenbar konnte General v. Falkenstein nur dann auf Erfolg gegen seine Gegner rechnen, wenn er beide getrennt erhielt und jeden einzeln schlug. Er schob also die Diviston Beyer auf der Straße von Eisenach nach Frankfurt gegen Fulda vor und ging mit den Divisionen Manteuffel und Goben, die letztere an der Töte, gegen die Bayern. — Am 2. Juli Abends trafen die ersten Spitzen gegen einander; der bayerische Oberst Aldosser versuchte preußische Feldwachen in dieser Nacht zu überfallen, wurde aber blutig abgewiesen und selbst für diesen Krieg unfähig gemacht. Am 3. setzten die Bayern ihren Marsch fort, stießen bei Dermbach auf die Brigade Kummer der Division Goben, wichen davor aus und concentrirten sich bei KaUennordheim. Am 4. Juli blieben die Preußen auf der Straße nach Kaltennordheim im Borgehen, während die Bayern eine drei Meilen breite Front eingenommen und die Reservecavalerie noch zwei Meilen weiter auf der fuldaer Straße gegen Hünfeld vorgeschoben hatten. Die Reservecavalerie, sechs Regimenter, zwei Batterien unter Fürst Taxis, stieß hier auf die Division Beyer. Ein von den Vortruppen dieser Division abgegebener Kanonenschuß schlug in das vorderste Cürassierregiment und brachte ihm einen Verlust von 28 Mann bei, worauf dieses Regiment und n.ach und nach auch die übrigen Regimenter Kehrt machten. Die ganze Masse wurde, wie es bei Cavalerie sich so leicht ereignet, sehr rasch von einer Panique ergriffen und jagte unaufhaltsam zurück. Der erste Theil sammelte sich nach einem Wege von fünf Meilen, andere sollen sechzehn Meilen gebraucht haben, um zum Halten zu kommen. Das Schlimmste war, daß infolge dieses energischen Rennens der größte Theil der Pferde unbrauchbar geworden war. 49*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_286147/415>, abgerufen am 02.07.2024.