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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band.

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beiden Festungen Königsgrätz und Josephstadt mit einer Gesammtbesatzung von
20,000 Mann stehen und erhielt den linken Flügel mit dem Wege Pardubitz-
Olmütz. während der Prinz Friedrich Karl in der Mitte die Linie Przelaucz-
Brünn als Marschrichtung bekam und auf dem rechten Flügel General v. Her-
warth über Elbetcinitz nach Iglau ging. Das in der früher gegebenen Stärke-
nachwcisuug aufgeführte Reservecorps war unterdessen herangekommen und am
Tage der Schlacke bei Königsgrätz mit einer Division hinter General v. Her-
warth eingetroffen, während die andere Division zur Besetzung von Sachsen
und Einschließung von Theresienstadt verwandt war. Die erstere Division
wurde jetzt direct nach Prag gesandt, das sie am 8. Juli, ohne irgendeinen
Widerstand zu finden, besetzte und wo sie große Kricgsvorräthe aller Art noch
vorfand. Die andere Division wurde später in Sachsen durch Landwehrbataillone
aus den rückwärtigen Festungen ersetzt und dann ebenfalls nach Brünn gezogen,
wo sie bei Beginn des Waffenstillstandes eintraf.

Die von den drei Armeen vorgesandtcn Cavaleneabtheilungen stießen bald
auf die schwachen Arriöregarden des Gegners und trieben diese, unter Zusammen¬
treibung vieler Gefangener, immer wieder vor sich her. Den ersten Halt in
den Bewegungen fand der Kronprinz natürlich vor Olmütz. Er scheint aber
keine Neigung gehabt zu haben, sich vor der Festung festlegen zu lassen, denn
er schritt nicht zur Einschließung, sondern beschloß, mit seiner Armee ohne Rück¬
sicht "uf die eigene Nückzugslinie. wohl aber, wie schon früher, die des Geg¬
ners ins Auge fassend, sich auf der Verbindung von Olmütz nach Wien aufzu¬
stellen. -- Von dem Augenblick an aber, wo die Oestreicher die Absichten ihrer
Gegner erkannten, sich zwischen die Hauptkräfte von Olmütz und Wien zu
schieben und rücksichtslos gegen den letzteren Ort vorzugehen, strebten sie auch
die Bereinigung der ganzen Armee bei der Hauptstadt des Reiches an. Olmütz
erhielt nur die nvrmalmaßige Besatzung angewiesen und die mobile Armee
wurde nach Wien in Bewegung gesetzt. Den geraden Weg dorthin und die
Eisenbahn durchschnitt nun aber der Kronprinz, indem er seine Truppen üver
die March vorgehen ließ. Eine am 15. Juli vorgesandte Brigade Infanterie
und die Cavalenedlvisivn Hartmann stieß bei Tovilschau auf die marschirenbcn
Colonnen, warf sie zurück, nahm ihnen, mit einem eigenen Verlust von 234
Mann, 18 Kanonen und 1200 Gefangene und veranlaßte eine solche Sorge
in dem moralisch schon vorweg geschlagenen Gegner, daß der Feldzeugmeister
Bencdek das Erzwingen des Marsches aufgab und nur die Vereinigung auf
dem weite" Umweg hinter den Karpathen durch Ungarn suchte. Zu diesem
Entschluß trug sehr wesentlich bei, daß Prinz Friedrich Karl weiter südlich auch
auf jene direct.' Verbindung dirigirt war und am 16. Juli den Eisenbahnknoten¬
punkt Lundenburg besetzte.

Sobald diese Bewegungen des Gegners im königlichen Hauptquartier er-


beiden Festungen Königsgrätz und Josephstadt mit einer Gesammtbesatzung von
20,000 Mann stehen und erhielt den linken Flügel mit dem Wege Pardubitz-
Olmütz. während der Prinz Friedrich Karl in der Mitte die Linie Przelaucz-
Brünn als Marschrichtung bekam und auf dem rechten Flügel General v. Her-
warth über Elbetcinitz nach Iglau ging. Das in der früher gegebenen Stärke-
nachwcisuug aufgeführte Reservecorps war unterdessen herangekommen und am
Tage der Schlacke bei Königsgrätz mit einer Division hinter General v. Her-
warth eingetroffen, während die andere Division zur Besetzung von Sachsen
und Einschließung von Theresienstadt verwandt war. Die erstere Division
wurde jetzt direct nach Prag gesandt, das sie am 8. Juli, ohne irgendeinen
Widerstand zu finden, besetzte und wo sie große Kricgsvorräthe aller Art noch
vorfand. Die andere Division wurde später in Sachsen durch Landwehrbataillone
aus den rückwärtigen Festungen ersetzt und dann ebenfalls nach Brünn gezogen,
wo sie bei Beginn des Waffenstillstandes eintraf.

Die von den drei Armeen vorgesandtcn Cavaleneabtheilungen stießen bald
auf die schwachen Arriöregarden des Gegners und trieben diese, unter Zusammen¬
treibung vieler Gefangener, immer wieder vor sich her. Den ersten Halt in
den Bewegungen fand der Kronprinz natürlich vor Olmütz. Er scheint aber
keine Neigung gehabt zu haben, sich vor der Festung festlegen zu lassen, denn
er schritt nicht zur Einschließung, sondern beschloß, mit seiner Armee ohne Rück¬
sicht «uf die eigene Nückzugslinie. wohl aber, wie schon früher, die des Geg¬
ners ins Auge fassend, sich auf der Verbindung von Olmütz nach Wien aufzu¬
stellen. — Von dem Augenblick an aber, wo die Oestreicher die Absichten ihrer
Gegner erkannten, sich zwischen die Hauptkräfte von Olmütz und Wien zu
schieben und rücksichtslos gegen den letzteren Ort vorzugehen, strebten sie auch
die Bereinigung der ganzen Armee bei der Hauptstadt des Reiches an. Olmütz
erhielt nur die nvrmalmaßige Besatzung angewiesen und die mobile Armee
wurde nach Wien in Bewegung gesetzt. Den geraden Weg dorthin und die
Eisenbahn durchschnitt nun aber der Kronprinz, indem er seine Truppen üver
die March vorgehen ließ. Eine am 15. Juli vorgesandte Brigade Infanterie
und die Cavalenedlvisivn Hartmann stieß bei Tovilschau auf die marschirenbcn
Colonnen, warf sie zurück, nahm ihnen, mit einem eigenen Verlust von 234
Mann, 18 Kanonen und 1200 Gefangene und veranlaßte eine solche Sorge
in dem moralisch schon vorweg geschlagenen Gegner, daß der Feldzeugmeister
Bencdek das Erzwingen des Marsches aufgab und nur die Vereinigung auf
dem weite» Umweg hinter den Karpathen durch Ungarn suchte. Zu diesem
Entschluß trug sehr wesentlich bei, daß Prinz Friedrich Karl weiter südlich auch
auf jene direct.' Verbindung dirigirt war und am 16. Juli den Eisenbahnknoten¬
punkt Lundenburg besetzte.

Sobald diese Bewegungen des Gegners im königlichen Hauptquartier er-


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[0372] beiden Festungen Königsgrätz und Josephstadt mit einer Gesammtbesatzung von 20,000 Mann stehen und erhielt den linken Flügel mit dem Wege Pardubitz- Olmütz. während der Prinz Friedrich Karl in der Mitte die Linie Przelaucz- Brünn als Marschrichtung bekam und auf dem rechten Flügel General v. Her- warth über Elbetcinitz nach Iglau ging. Das in der früher gegebenen Stärke- nachwcisuug aufgeführte Reservecorps war unterdessen herangekommen und am Tage der Schlacke bei Königsgrätz mit einer Division hinter General v. Her- warth eingetroffen, während die andere Division zur Besetzung von Sachsen und Einschließung von Theresienstadt verwandt war. Die erstere Division wurde jetzt direct nach Prag gesandt, das sie am 8. Juli, ohne irgendeinen Widerstand zu finden, besetzte und wo sie große Kricgsvorräthe aller Art noch vorfand. Die andere Division wurde später in Sachsen durch Landwehrbataillone aus den rückwärtigen Festungen ersetzt und dann ebenfalls nach Brünn gezogen, wo sie bei Beginn des Waffenstillstandes eintraf. Die von den drei Armeen vorgesandtcn Cavaleneabtheilungen stießen bald auf die schwachen Arriöregarden des Gegners und trieben diese, unter Zusammen¬ treibung vieler Gefangener, immer wieder vor sich her. Den ersten Halt in den Bewegungen fand der Kronprinz natürlich vor Olmütz. Er scheint aber keine Neigung gehabt zu haben, sich vor der Festung festlegen zu lassen, denn er schritt nicht zur Einschließung, sondern beschloß, mit seiner Armee ohne Rück¬ sicht «uf die eigene Nückzugslinie. wohl aber, wie schon früher, die des Geg¬ ners ins Auge fassend, sich auf der Verbindung von Olmütz nach Wien aufzu¬ stellen. — Von dem Augenblick an aber, wo die Oestreicher die Absichten ihrer Gegner erkannten, sich zwischen die Hauptkräfte von Olmütz und Wien zu schieben und rücksichtslos gegen den letzteren Ort vorzugehen, strebten sie auch die Bereinigung der ganzen Armee bei der Hauptstadt des Reiches an. Olmütz erhielt nur die nvrmalmaßige Besatzung angewiesen und die mobile Armee wurde nach Wien in Bewegung gesetzt. Den geraden Weg dorthin und die Eisenbahn durchschnitt nun aber der Kronprinz, indem er seine Truppen üver die March vorgehen ließ. Eine am 15. Juli vorgesandte Brigade Infanterie und die Cavalenedlvisivn Hartmann stieß bei Tovilschau auf die marschirenbcn Colonnen, warf sie zurück, nahm ihnen, mit einem eigenen Verlust von 234 Mann, 18 Kanonen und 1200 Gefangene und veranlaßte eine solche Sorge in dem moralisch schon vorweg geschlagenen Gegner, daß der Feldzeugmeister Bencdek das Erzwingen des Marsches aufgab und nur die Vereinigung auf dem weite» Umweg hinter den Karpathen durch Ungarn suchte. Zu diesem Entschluß trug sehr wesentlich bei, daß Prinz Friedrich Karl weiter südlich auch auf jene direct.' Verbindung dirigirt war und am 16. Juli den Eisenbahnknoten¬ punkt Lundenburg besetzte. Sobald diese Bewegungen des Gegners im königlichen Hauptquartier er-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_286147/372>, abgerufen am 02.07.2024.