Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band.kannt wurden, erhielt der Kronprinz den Befehl, nur ein Corps gegen Olmütz Das zum Gefecht disponirte vierte Corps unter General v. Fransccki rückte 44*
kannt wurden, erhielt der Kronprinz den Befehl, nur ein Corps gegen Olmütz Das zum Gefecht disponirte vierte Corps unter General v. Fransccki rückte 44*
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kannt wurden, erhielt der Kronprinz den Befehl, nur ein Corps gegen Olmütz
stehen zu lassen, mit den drei andern aber der Hauptarmee auf Wien zu folgen.
Dem Prinzen Friedrich Karl wurde aufgegeben, seine Bewegungen gegen die
feindliche Marschlinie (von Olmütz hinter den Karpathen durch Ungarn nach
Wien) noch weiter fortzusetzen und den Versuch zu machen, durch die Weg¬
nahme von Preßburg diese Linie zu unterbrechen. Gelang es. diesen Ort zu
nehmen, so mußten die drei östreichischen Corps, welche noch zurück waren, ihren
Marsch noch weiter östlich richten und über Komorn die Verbindung suchen;
dadurch hätte man nicht nur freiere Hand bei Wien gewonnen, sondern zugleich
auf die hier aufgestellten Corps den empfindlichsten moralischen Druck ausge'
übt. der in dem Unternehmen lag, bei Preßburg über die Donau zu gehen
und von dort gegen Wien vorzudringen. In Wirklichkeit konnte die preu¬
ßische Armee aber gar nicht- hieran denken, denn die Donau hat bei Pre߬
burg eine so bedeutende Breite und so starke Stromschnelligkeit, daß nicht nur
der Brückenschlag mit dem Brückentrain der Armee sehr schwierig, sondern die
Erhaltung der Brücke bei nur einiger Energie des Gegners fast unmöglich war.
Bei der moralischen Verfassung aber, in welche die bisherigen Mißerfolge die
östreichische Armee gebracht hatten, muß die Bewegung gegen Preßburg -als
durchaus richtig bezeichnet werden. Auffallend aber ist es, daß Prinz Friedlich
Karl den Stoß in die feindliche Marschlinie mehrer Corps hinein und mit
einem einzigen Corps unternahm und diesem einen Corps nicht einmal Truppen
in Reserve folgen ließ.
Das zum Gefecht disponirte vierte Corps unter General v. Fransccki rückte
mit Tagesanbruch aus, drang in den kleinen Karpathen vor, stieß bei Plumenau
auf den Feind und griff ihn in folgender Art an. Die Front wurde beschäftigt,
während Umgehungscolonnen auf beiden Flügeln vorgingen. Auf dem rechten
Flügel nur wenige Bataillone,' auf dem linken Flügel aber zwei Brigaden, also
das halbe Corps; so daß um zwölf Uhr Mittags, als die Nachricht von dem
geschlossenen Waffenstillstand eintraf, sich die eine der Brigaden bereits im Rücken
des feindlichen Corps befand, das fünf Brigaden stark bei Plumenau stand.
So endete das Gefecht. ES waren dies ungemein kühne Unternehmungen des
General v. Fransccki, da er gar keine Ahnung von der Stärke des Gegners
haben konnte, aber bei der sehr geringen Kampflust der Oestreicher trug mög¬
licherweise diese Kühnheit ungeheure Erfolge ein; war jedoch noch eine Spur
Von Energie in den östreichischen Generalen, so mußte schließlich die preußische
Brigade eher gefangen werden, als das feindliche Corps, dessen Verstärkungen
unausgesetzt anrückten. Ob General v. Fransccki Recht hatte, konnte nur der
Erfolg lehren, und dazu kam es nicht mehr. Schon seit längerer Zeit ange¬
knüpfte Verhandlungen hatten zum Abschluß eines Waffenstillstandes geführt,
welcher am 22. Mittags beginnen sollte. Daß man so in letzter Stunde ein
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