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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band.

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und überraschte diese vollständig; der General mußte sich im Rücken eines
siegreichen Corps für durchaus sicher gehalten haben. Die Brigade wurde im
ersten Anlauf gesprengt. -- Nun aber trafen von drei Seiten nach und nach
die Brigaden des gablenzschen Corps ein und die Bataillone des Gardecorps
wurden diesen entgegengeworfen, sobald sie die Höhe erreicht hatten. Es kam
zu einem allseitigen, weit zerstreuten Gefecht, in welchem weder Oestreicher noch
Preußen einen Zusammenhang finden konnten und schließlich diejenigen Truppen
siegten, die den meisten Nerv in sich hatte". Die Berichte erzählen von ver¬
schiedenen gleichzeitigen Gefechten bei Orten, welche eine Meile auseinander¬
liegen und immer sind preußischerseits nur einzelne Bataillone im Kampf. Den
schlimmsten Stand hatten zwei Bataillone des Kaiser-Franz-Regiments. Der
Prinz von Würtemberg nämlich hatte das eine aus der Reserve rechts rückwärts
detachirt, um die Verbindung mit Trauten"" zu eröffnen, wo man das erste
Corps erwartete. Dies zweite Bataillon traf aber auf die vierte Brigade des
Corps Gablenz, das seine Marschrichtung so gerade in die äußerste rechte Flanke
des Gardecorps bekommen hatte. Das Bataillon erkannte die Gefahr und
warf sich allein dem siebenmal stärkeren Feind entgegen; der Major, drei Haupt¬
leute und mehre Lieutenants fielen, die meisten andern und über ein Dritt¬
theil der Mannschaft wurden außer Gefecht gesetzt, aber sie hielten Stand, bis
das erste Bataillon heranrückte, das sogar siegreich vordrang. Die Reserve des
Gardecorps wurde nunmehr auf Trautenau dirigirt und nahm den Ort, Trophäen
und Gefangene unterwegs auflesend. -- Es dauerte lange, bis das Gardecorps sich
wieder zusammenfand, dagegen war aber auch der Feind vollständig gesprengt.

Die Preußen verloren in diesem, bei Soor oder Burgersdorf genannten
Gefecht 25 Offiziere und 809 Mann und machten über 4000 Gefangene. Der
östreichische Verlust an Todten und Verwundeten soll mindestens ebenso viel
betragen haben. Die Verfolgung war dem Gardecorps am 28. gar nicht mög¬
lich, aber am andern Tage ging es mit derselben Frische und Energie gegen den
Feind vor, mit dem es am Tage vorher gefochten. Am 29. folgte Prinz von
Würtemberg der vom Kronprinz gegebenen Direction gegen Königinhof, nahm
diesen Ort nach eineM lebhaften Straßengefecht, in welchem zwei Fahnen und
400 unverwundete Gefangene genommen und 1 Offizier 67 Mann verloren
wurden und überschritt mit der Avantgarde die Elbe.

General v. Steinmetz mußte am 29. Juni in drei Tagen die dritte Schlacht
schlagen, um auch seinerseits, wie ihm befohlen, bei Gradlitz. eine halbe Meile
bon Königinhof, die Elbe zu erreichen. -- Die in den beiden letzten Tagen ge¬
schlagenen östreichischen Corps (das sechste und achte) waren durch das vierte Corps,
kzel. der oben erwähnten Brigade Fleischacker, aufgenommen worden und
das letztere Corps hatte sich in der Gegend von Schweinschädel, eine Meile
von Josephstadt, aufgestellt. Der Weg des General v. Steinmetz von Skalitz


und überraschte diese vollständig; der General mußte sich im Rücken eines
siegreichen Corps für durchaus sicher gehalten haben. Die Brigade wurde im
ersten Anlauf gesprengt. — Nun aber trafen von drei Seiten nach und nach
die Brigaden des gablenzschen Corps ein und die Bataillone des Gardecorps
wurden diesen entgegengeworfen, sobald sie die Höhe erreicht hatten. Es kam
zu einem allseitigen, weit zerstreuten Gefecht, in welchem weder Oestreicher noch
Preußen einen Zusammenhang finden konnten und schließlich diejenigen Truppen
siegten, die den meisten Nerv in sich hatte». Die Berichte erzählen von ver¬
schiedenen gleichzeitigen Gefechten bei Orten, welche eine Meile auseinander¬
liegen und immer sind preußischerseits nur einzelne Bataillone im Kampf. Den
schlimmsten Stand hatten zwei Bataillone des Kaiser-Franz-Regiments. Der
Prinz von Würtemberg nämlich hatte das eine aus der Reserve rechts rückwärts
detachirt, um die Verbindung mit Trauten«» zu eröffnen, wo man das erste
Corps erwartete. Dies zweite Bataillon traf aber auf die vierte Brigade des
Corps Gablenz, das seine Marschrichtung so gerade in die äußerste rechte Flanke
des Gardecorps bekommen hatte. Das Bataillon erkannte die Gefahr und
warf sich allein dem siebenmal stärkeren Feind entgegen; der Major, drei Haupt¬
leute und mehre Lieutenants fielen, die meisten andern und über ein Dritt¬
theil der Mannschaft wurden außer Gefecht gesetzt, aber sie hielten Stand, bis
das erste Bataillon heranrückte, das sogar siegreich vordrang. Die Reserve des
Gardecorps wurde nunmehr auf Trautenau dirigirt und nahm den Ort, Trophäen
und Gefangene unterwegs auflesend. — Es dauerte lange, bis das Gardecorps sich
wieder zusammenfand, dagegen war aber auch der Feind vollständig gesprengt.

Die Preußen verloren in diesem, bei Soor oder Burgersdorf genannten
Gefecht 25 Offiziere und 809 Mann und machten über 4000 Gefangene. Der
östreichische Verlust an Todten und Verwundeten soll mindestens ebenso viel
betragen haben. Die Verfolgung war dem Gardecorps am 28. gar nicht mög¬
lich, aber am andern Tage ging es mit derselben Frische und Energie gegen den
Feind vor, mit dem es am Tage vorher gefochten. Am 29. folgte Prinz von
Würtemberg der vom Kronprinz gegebenen Direction gegen Königinhof, nahm
diesen Ort nach eineM lebhaften Straßengefecht, in welchem zwei Fahnen und
400 unverwundete Gefangene genommen und 1 Offizier 67 Mann verloren
wurden und überschritt mit der Avantgarde die Elbe.

General v. Steinmetz mußte am 29. Juni in drei Tagen die dritte Schlacht
schlagen, um auch seinerseits, wie ihm befohlen, bei Gradlitz. eine halbe Meile
bon Königinhof, die Elbe zu erreichen. — Die in den beiden letzten Tagen ge¬
schlagenen östreichischen Corps (das sechste und achte) waren durch das vierte Corps,
kzel. der oben erwähnten Brigade Fleischacker, aufgenommen worden und
das letztere Corps hatte sich in der Gegend von Schweinschädel, eine Meile
von Josephstadt, aufgestellt. Der Weg des General v. Steinmetz von Skalitz


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_286147/325>, abgerufen am 04.07.2024.