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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band.

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Soldaten erhielten bei ihrem Ausmarsch durch eine aus dem Haupiquartier
Zwittau in Mähren datirte Proclamation des Großherzogs Friedlich Franz
vom 11. Juli über ihre Bestimmung und Aufgabe einigen Aufschluß, der aber
noch manches dunkel ließ. Die Proclamation lautet: "Soldaten! Ich sende
euch, indem ihr die Grenzen des engeren Vaterlandes überschreitet, um unter
den Oberbefehl Sr. Majestät des Königs von Preußen zu treten, meinen kriegs.
herrlichen Gruß! -- Ich vertraue, daß ihr auch in diesem Feldzuge euch als
gute Soldaten bewähren und, dem mecklenburgischen Namen Ehre machen werdet.
-- Wir sind es nicht, die den deutschen Bund in den Kampf hineingezogen
haben, jetzt aber wollen wir freudig unser Leben an die Vertheidigung der guten
Sache setzen. Es handelt sich um den Fortbestand auch unseres mecklenburgi¬
schen Vaterlandes, um die höchsten Güter der deutschen Nation, um ihre Un¬
abhängigkeit von ausländischem Einflüsse. -- Darum fest mit Gott, der die
gerechte Sache zum Siege hinausführen wird, für Pflicht und Ehre!" In den
Worten, daß es sich "um den Fortbestand auch unseres engeren Vaterlandes"
handle, scheint ein Hinweis auf die von Preußen gestellte Alternative durch¬
zuschimmern. .In der Proclamation vom 19. Juli, mit welcher der Gro߬
herzog das Commando über das Armeecorps antrat, sowie in einer andern,
welche er von Hof aus am 24. Juli an die Bewohner von Oberfranken erließ,
spricht er nur als preußischer General, nicht im Hinblick auf politische Aufgaben
und Ziele.

Die gegen Preußen eingegangenen Verpflichtungen und die dafür erlangten
Zusicherungen erhielten ihren vertragsmäßigen Ausdruck in einem Bündnißver-
trage, welcher zwischen Preußen und anderen Verbündeten Staaten am 18. August,
mit Mecklenburg aber erst am 21. August, abgeschlossen und am 10. September
ratificirt ward. Der preußisch-mecklenburgische Bündnisvertrag macht in Bezug
auf das Parlament und die Zwecke des definitiven Bündnisses noch einen Vor¬
behalt, indem Mecklenburg seine Zustimmung zu diesen Theilen des Vertrages
von einer vorgängigen Berathung mit den mecklenburgischen Landständen ab¬
hängig macht. Doch enthält der Vertrag zugleich das Versprechen der beiden
großherzoglichen Regierungen, die Erledigung dieses Vorbehalts sofort einleiten
und thunlichst beschleunigen zu wollen. In Ausführung dieses Versprechens
wurde auf den 26. September ein außerordentlicher Landtag nach Schwerin ein¬
berufen, welcher "über die Rückwirkung der politischen Ereignisse in Deutschland
auf die inneren Verhältnisse Mecklenburgs, insbesondere über das Wahlgesetz für
das unter Führung Sr. Majestät des Königs von Preußen zu berufende deutsche
Parlament" berathen soll.

Diesem Landtage gegenüber wird nun der Minister v. Oertzen die Auf¬
gabe zu erfüllen haben, einen Vertrag zu verfechten, welcher als Ziel die Er¬
richtung eines norddeutschen Bundes aufstellt, der die bisherigen Rechte der


Soldaten erhielten bei ihrem Ausmarsch durch eine aus dem Haupiquartier
Zwittau in Mähren datirte Proclamation des Großherzogs Friedlich Franz
vom 11. Juli über ihre Bestimmung und Aufgabe einigen Aufschluß, der aber
noch manches dunkel ließ. Die Proclamation lautet: „Soldaten! Ich sende
euch, indem ihr die Grenzen des engeren Vaterlandes überschreitet, um unter
den Oberbefehl Sr. Majestät des Königs von Preußen zu treten, meinen kriegs.
herrlichen Gruß! — Ich vertraue, daß ihr auch in diesem Feldzuge euch als
gute Soldaten bewähren und, dem mecklenburgischen Namen Ehre machen werdet.
— Wir sind es nicht, die den deutschen Bund in den Kampf hineingezogen
haben, jetzt aber wollen wir freudig unser Leben an die Vertheidigung der guten
Sache setzen. Es handelt sich um den Fortbestand auch unseres mecklenburgi¬
schen Vaterlandes, um die höchsten Güter der deutschen Nation, um ihre Un¬
abhängigkeit von ausländischem Einflüsse. — Darum fest mit Gott, der die
gerechte Sache zum Siege hinausführen wird, für Pflicht und Ehre!" In den
Worten, daß es sich „um den Fortbestand auch unseres engeren Vaterlandes"
handle, scheint ein Hinweis auf die von Preußen gestellte Alternative durch¬
zuschimmern. .In der Proclamation vom 19. Juli, mit welcher der Gro߬
herzog das Commando über das Armeecorps antrat, sowie in einer andern,
welche er von Hof aus am 24. Juli an die Bewohner von Oberfranken erließ,
spricht er nur als preußischer General, nicht im Hinblick auf politische Aufgaben
und Ziele.

Die gegen Preußen eingegangenen Verpflichtungen und die dafür erlangten
Zusicherungen erhielten ihren vertragsmäßigen Ausdruck in einem Bündnißver-
trage, welcher zwischen Preußen und anderen Verbündeten Staaten am 18. August,
mit Mecklenburg aber erst am 21. August, abgeschlossen und am 10. September
ratificirt ward. Der preußisch-mecklenburgische Bündnisvertrag macht in Bezug
auf das Parlament und die Zwecke des definitiven Bündnisses noch einen Vor¬
behalt, indem Mecklenburg seine Zustimmung zu diesen Theilen des Vertrages
von einer vorgängigen Berathung mit den mecklenburgischen Landständen ab¬
hängig macht. Doch enthält der Vertrag zugleich das Versprechen der beiden
großherzoglichen Regierungen, die Erledigung dieses Vorbehalts sofort einleiten
und thunlichst beschleunigen zu wollen. In Ausführung dieses Versprechens
wurde auf den 26. September ein außerordentlicher Landtag nach Schwerin ein¬
berufen, welcher „über die Rückwirkung der politischen Ereignisse in Deutschland
auf die inneren Verhältnisse Mecklenburgs, insbesondere über das Wahlgesetz für
das unter Führung Sr. Majestät des Königs von Preußen zu berufende deutsche
Parlament" berathen soll.

Diesem Landtage gegenüber wird nun der Minister v. Oertzen die Auf¬
gabe zu erfüllen haben, einen Vertrag zu verfechten, welcher als Ziel die Er¬
richtung eines norddeutschen Bundes aufstellt, der die bisherigen Rechte der


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_286147/26>, abgerufen am 30.06.2024.