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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band.

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diese Gebote Gottes zu schwer sind, so halte diese Fastenregel." So ward er
beschämt, wir aber sagten: "lieber Bruder Urias, kannst Du beten?" Er sagte:
"el freilich!" Als wir ihn nun das Vater unser beten ließen, sing er zwar
an, kam aber nicht zu Ende, sondern verwirrte sich. Da lachten die Leute
über ihn, wir aber sagten: "Urias, gieb Dich Christo hin, der wird Dich heilen."
Er schwieg.

Am Montag gingen wir nach Hasar zum Reis Josef. Am Abend
kamen die Bewohner des Ortes zusammen und wir predigten. Ein papistischer
Diaconus aus Gezira stritt sich mit uns, aber er war der Lehre nicht kundig
und ward durch die Zeugnisse der heiligen Schrift widerlegt. Einige Menschen
aus Dschelu (der höchsten Gegend des innern Gebirges), die grade da waren,
finsteren den Leuten in die Ohren: "diese Leute sind Engländer geworden, sie
haben keine Fasten" und säeten so viel Unkraut aus, aber der Reis schalt
sie und.beschämte sie. Auch schrieb er nach Schach, daß man ihnen nichts geben
sollte (me,der Quartier noch Nahrung).

Am Dienstag gingen wir wieder nach Naherwan. Unterwegs überfiel
uns ein Regenwetter, wir verloren den Weg und kamen erst in der Dunkelheit
mit Mühe nach Naherwan, wo wir zwei Tage beim Reis Schimon blieben und
den Leuten predigten.

Von Naherwan wandten wir uns zurück nach Mansuria und von da
gingen wir nach unserm Quartier Mar Aehä. Hier erzählten wir dem (zurück¬
gebliebenen) Musche, welche Liebe man uns bezeigt und MM .gut man Gottes
Worte im Lande Botan aufgenommen habe. Darüber war^ große Freude.

Als der Priester Goriel hörte, daß wir im Lande Botan so aufgenommen
wären, ward er vom Teufelseifer erfüllt und ließ uns durch einige Leute sagen,
daß wir nicht in die Kirche kämen, da wir nicht zu ihrer Religion gehörten.
Wir hörten jedoch nicht darauf und gingen doch dahin; denn wenn das Land
Botan gehört hätte, daß der Priester Goriel uns aus der Kirche gejagt, so
wären viele Leute wieder verstockt geworden.

Als nun das Gebet zu Ende war. redeten wir mit der Gemeinde folgender¬
maßen: "Liebe Väter und Brüder; habt Ihr uns sagen lassen, daß wir nicht
in die Kirche kämen? Wir haben dock, längere Zeit bei Euch zugebracht: was
für eine Irrlehre habt Ihr von uns gehört?" "Keine," erwiederten sie. Da
sagten wir: "O Priester Goriel: was für ein schlechtes Wort hast Du von
uns gehört?" G. "Ihr seid Protestanten. Engländer. Irrlehren" Wir: "O
Priester Goriel, haben wir nicht den ersten Sonntag nach unserer Ankunft aus
Deiner Hand das Sacrament empfangen?" G.: "Ihr habt uns betrogen."
Wir: "Wir haben die Kirchenordnungen, wie Ihr, ebenso Bischöfe, Priester,
Diaconen. Kirchen und den Patriarchen." G.: "Die nehme ich nicht an." Wir:
"Wenn Du die nicht annimmst, so nehmen wir auch Dich nicht an."


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diese Gebote Gottes zu schwer sind, so halte diese Fastenregel." So ward er
beschämt, wir aber sagten: „lieber Bruder Urias, kannst Du beten?" Er sagte:
„el freilich!" Als wir ihn nun das Vater unser beten ließen, sing er zwar
an, kam aber nicht zu Ende, sondern verwirrte sich. Da lachten die Leute
über ihn, wir aber sagten: „Urias, gieb Dich Christo hin, der wird Dich heilen."
Er schwieg.

Am Montag gingen wir nach Hasar zum Reis Josef. Am Abend
kamen die Bewohner des Ortes zusammen und wir predigten. Ein papistischer
Diaconus aus Gezira stritt sich mit uns, aber er war der Lehre nicht kundig
und ward durch die Zeugnisse der heiligen Schrift widerlegt. Einige Menschen
aus Dschelu (der höchsten Gegend des innern Gebirges), die grade da waren,
finsteren den Leuten in die Ohren: „diese Leute sind Engländer geworden, sie
haben keine Fasten" und säeten so viel Unkraut aus, aber der Reis schalt
sie und.beschämte sie. Auch schrieb er nach Schach, daß man ihnen nichts geben
sollte (me,der Quartier noch Nahrung).

Am Dienstag gingen wir wieder nach Naherwan. Unterwegs überfiel
uns ein Regenwetter, wir verloren den Weg und kamen erst in der Dunkelheit
mit Mühe nach Naherwan, wo wir zwei Tage beim Reis Schimon blieben und
den Leuten predigten.

Von Naherwan wandten wir uns zurück nach Mansuria und von da
gingen wir nach unserm Quartier Mar Aehä. Hier erzählten wir dem (zurück¬
gebliebenen) Musche, welche Liebe man uns bezeigt und MM .gut man Gottes
Worte im Lande Botan aufgenommen habe. Darüber war^ große Freude.

Als der Priester Goriel hörte, daß wir im Lande Botan so aufgenommen
wären, ward er vom Teufelseifer erfüllt und ließ uns durch einige Leute sagen,
daß wir nicht in die Kirche kämen, da wir nicht zu ihrer Religion gehörten.
Wir hörten jedoch nicht darauf und gingen doch dahin; denn wenn das Land
Botan gehört hätte, daß der Priester Goriel uns aus der Kirche gejagt, so
wären viele Leute wieder verstockt geworden.

Als nun das Gebet zu Ende war. redeten wir mit der Gemeinde folgender¬
maßen: „Liebe Väter und Brüder; habt Ihr uns sagen lassen, daß wir nicht
in die Kirche kämen? Wir haben dock, längere Zeit bei Euch zugebracht: was
für eine Irrlehre habt Ihr von uns gehört?" „Keine," erwiederten sie. Da
sagten wir: „O Priester Goriel: was für ein schlechtes Wort hast Du von
uns gehört?" G. „Ihr seid Protestanten. Engländer. Irrlehren" Wir: „O
Priester Goriel, haben wir nicht den ersten Sonntag nach unserer Ankunft aus
Deiner Hand das Sacrament empfangen?" G.: „Ihr habt uns betrogen."
Wir: „Wir haben die Kirchenordnungen, wie Ihr, ebenso Bischöfe, Priester,
Diaconen. Kirchen und den Patriarchen." G.: „Die nehme ich nicht an." Wir:
„Wenn Du die nicht annimmst, so nehmen wir auch Dich nicht an."


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_286147/255>, abgerufen am 04.07.2024.