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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band.

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Verfassung, auf deren Fortbestehen die innere Sicherheit des Landes wesentlich
beruht, erhalten bleibe. Um dies desto gewisser zu erreichen, dürfte an die
Landesherren die Bitte zu richten sein, daß dieselben bei definitiver Feststellung
der Bundesverfassung die Garantie der bestehenden Landesverfassung durch die
Bundesgewalt in geeigneter Weise herbeizuführen geruhen wollen."

Das Erachten der aus sechs Rittern (Landrath v. Plüskow, C. I. Lueder-
Rethwisch/ Freiherrn I. v. Maltzan-Ki. Luckow, Graf v. Bassewitz-Dieckhoff,
F. v. Dewitz-Kölpin. U. O. v. Dewitz-Gr. Miltzow) bestehenden Minderheit
de>r Commission theilt die Auffassung der Thatsachen mit dem Mehrheitserachten. '
Es erkennt in dem Verfahren Preußens einen Zwang und in der Unterwerfung
unter diesen Zwang ein Unglück. Die Unterzeichner glauben aber, abweichend
von dem Mehrheitserachten, diesem Zwange, soweit es sich um die ständische
Zustimmung handelt, sich nicht fügen, sondern tapfer sich widersetzen zu müssen.
"Suchen wir," sagen sie, "nach den Gründen, durch welche die großherzoglichen
Landesregierungen die Annahme d,e>r Vorlagen empfehlen, so dürfen wir zunächst
constatiren, daß unter denselben kein Argument ist, welches sich auf eine in den
mecklenburgischen Landen vorhandene innere Nothwendigkeit stützt oder einem >
in dem engeren Vaterlande empfundenen Bedürfnisse Ausdruck giebt. Es wird
vielmehr die Unvermeidlichkeit des einzuberufenden Parlaments, dessen Unzuträg"
lichkeiten für Mecklenburg sich niemand verhehlen darfs, nur gestützt auf Ein¬
wirkungen von außen und eine dieselben begleitende Pression, der sich Mecklen¬
burg nicht länger habe entziehen können. Wir vermögen es nicht einzusehen,
daß man >einer solchen Bedrückung in einer die Lebensinteressen des Vaterlandes
berührenden Frage nachzugeben habe. Das Rad der Geschichte läuft rasch in
unseren Tagen: -- wo im Frühjahr grünende Saaten standen, sind sie in¬
zwischen vom Kriege vernichtet; wo vor wenigen Wochen noch Völkerschlachten
geschlagen wurden, wird heute schon wieder der Segen des Friedens gesäet."

Die Minorität hofft also auf einen baldigen Umschwung und meint in
dieser Hoffnung die Zustimmung zu der Betheiligung am Parlament versagen
zu können. Mecklenburg -- so heißt es weiter -- habe sich die Frage vorzu¬
legen, ob die Gefahren, welche ihm daraus erwachsen, wenn es wesentliche
Grundlagen seines staatlichen Lebens auch nur der Berathung eines Parla¬
ments unterbreite, in welchem es für seine Eigenthümlichkeit kaum hoffen dürfe
ein Verständniß zu finden, nicht größer seien als diejenigen, welche zur Zeit
eine Pression.von außen ihm bereiten könne. " Wir vertrauen, daß es "und
ohne Anordnung ,d.er intendirten Wahlen der Allerhöchsten Weisheit gelingen
werde, .das Land bei seinem Bestände und bei seinem Rechte zu erhalten." Auf
bey Vorbehalt der Majorität und die beigefügten Wünsche könne kein Gewicht
gelegt werden; denn wenn Mecklenburg sich erst an der Berathung im Parla¬
ment betheiligt habe, so werde es seiner Zeit mehr als heute eine Frage der


Verfassung, auf deren Fortbestehen die innere Sicherheit des Landes wesentlich
beruht, erhalten bleibe. Um dies desto gewisser zu erreichen, dürfte an die
Landesherren die Bitte zu richten sein, daß dieselben bei definitiver Feststellung
der Bundesverfassung die Garantie der bestehenden Landesverfassung durch die
Bundesgewalt in geeigneter Weise herbeizuführen geruhen wollen."

Das Erachten der aus sechs Rittern (Landrath v. Plüskow, C. I. Lueder-
Rethwisch/ Freiherrn I. v. Maltzan-Ki. Luckow, Graf v. Bassewitz-Dieckhoff,
F. v. Dewitz-Kölpin. U. O. v. Dewitz-Gr. Miltzow) bestehenden Minderheit
de>r Commission theilt die Auffassung der Thatsachen mit dem Mehrheitserachten. '
Es erkennt in dem Verfahren Preußens einen Zwang und in der Unterwerfung
unter diesen Zwang ein Unglück. Die Unterzeichner glauben aber, abweichend
von dem Mehrheitserachten, diesem Zwange, soweit es sich um die ständische
Zustimmung handelt, sich nicht fügen, sondern tapfer sich widersetzen zu müssen.
„Suchen wir," sagen sie, „nach den Gründen, durch welche die großherzoglichen
Landesregierungen die Annahme d,e>r Vorlagen empfehlen, so dürfen wir zunächst
constatiren, daß unter denselben kein Argument ist, welches sich auf eine in den
mecklenburgischen Landen vorhandene innere Nothwendigkeit stützt oder einem >
in dem engeren Vaterlande empfundenen Bedürfnisse Ausdruck giebt. Es wird
vielmehr die Unvermeidlichkeit des einzuberufenden Parlaments, dessen Unzuträg»
lichkeiten für Mecklenburg sich niemand verhehlen darfs, nur gestützt auf Ein¬
wirkungen von außen und eine dieselben begleitende Pression, der sich Mecklen¬
burg nicht länger habe entziehen können. Wir vermögen es nicht einzusehen,
daß man >einer solchen Bedrückung in einer die Lebensinteressen des Vaterlandes
berührenden Frage nachzugeben habe. Das Rad der Geschichte läuft rasch in
unseren Tagen: — wo im Frühjahr grünende Saaten standen, sind sie in¬
zwischen vom Kriege vernichtet; wo vor wenigen Wochen noch Völkerschlachten
geschlagen wurden, wird heute schon wieder der Segen des Friedens gesäet."

Die Minorität hofft also auf einen baldigen Umschwung und meint in
dieser Hoffnung die Zustimmung zu der Betheiligung am Parlament versagen
zu können. Mecklenburg — so heißt es weiter — habe sich die Frage vorzu¬
legen, ob die Gefahren, welche ihm daraus erwachsen, wenn es wesentliche
Grundlagen seines staatlichen Lebens auch nur der Berathung eines Parla¬
ments unterbreite, in welchem es für seine Eigenthümlichkeit kaum hoffen dürfe
ein Verständniß zu finden, nicht größer seien als diejenigen, welche zur Zeit
eine Pression.von außen ihm bereiten könne. „ Wir vertrauen, daß es «und
ohne Anordnung ,d.er intendirten Wahlen der Allerhöchsten Weisheit gelingen
werde, .das Land bei seinem Bestände und bei seinem Rechte zu erhalten." Auf
bey Vorbehalt der Majorität und die beigefügten Wünsche könne kein Gewicht
gelegt werden; denn wenn Mecklenburg sich erst an der Berathung im Parla¬
ment betheiligt habe, so werde es seiner Zeit mehr als heute eine Frage der


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_286147/240>, abgerufen am 02.07.2024.