Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

des norddeutschen Bundes enthalten ist. Diese lautet: "Wähler ist jeder
unbescholtene Staatsbürger eines der zum norddeutschen Bunde
zusammentretender Staaten :c."

2) Der schwerinsche Entwurf hat in § 2 den Zusatz: "Die Ausübung des
Wahlrechts der activen Militärpersonen ruht jedoch, solange sie bei der
Fahne stehen." Das Reichswahlgesctz gewährt dagegen ausdrücklich auch den
Soldaten und Militärpersonen das Recht zu wählen. Der strelitzische
Entwurf, in welchem jener Satz des schwerinschen fehlte, war daher in diesem
Punkte mit dem Reichswchlgesetz in Einklang.

3) Nach dem Neichswahlgesetze ist "wählbar zum Abgeordneten jeder wahl¬
berechtigte Deutsche, welcher das 25. Lebensjahr zurückgelegt und seit minde¬
stens drei Jahren einem deutschen Staate angehört hat" und das preußische
Wahlgesetz enthält die analoge Bestimmung: "Wählbar zum Abgeordneten ist
jeder Wahlberechtigte, der einem zum Bunde gehörigen Staate seit mindestens
drei Jahren angehört hat." Die mecklenburgischen Entwürfe enthalten dafür
die Bestimmung: "Wählbar zum Abgeordneten ist jeder nach den vorstehenden
Bestimmungen wahlberechtigte Mecklenburger."

4) In dem Reichs- und dem preußischen Wahlgesetz findet sich die Vor¬
schrift: "Erstandene (verbüßte) oder durch Begnadigung erlassene Strafe wegen
politischer Verbrechen schließt von der Wahl nicht aus", und rückstchtlich
des activen Wahlrechts wird der Begriff der Besch o tems e it dahin restringirt,
daß als bescholten diejenigen Personen gelten sollen, "welchen durch rechts¬
kräftiges Erkenntniß der Vollgenuß der staatsbürgerlichen Rechte entzogen' ist,
sofern sie in diese Rechte nicht wieder eingesetzt sind." Die mecklenburgischen
Entwürfe enthalten den ersteren Satz nicht und für bescholten erklären sie
solche Personen, "welche wegen begangener Verbrechen Zuchthausstrafe erlitten
haben oder wegen eines entehrenden Verbrechens gerichtlich bestraft sind, so
lange sie nicht etwa durch landesherrliche Begnadigung Herstellung ihrer Ehren¬
rechte erlangt haben". Der einzige Mann in Mecklenburg, welcher in einem
politischen Proceß zur Zuchthausstrafe verurtheilt wurde und dieselbe wirklich
hat erleiden müssen, ist der hochgeachtete frühere Präsident der mecklenburgischen
Abgeordnetenkammer, Moritz Wiggers. Die Absicht, ihn vom Parlament aus¬
zuschließen, sollte durch diese Abweichung vom Reichswahlgesetz wo möglich ver¬
wirklicht werden.

5) Nach den mecklenburgischen Entwürfen muß, "wer das Wahlrecht in
einem Wahlbezirke ausüben will, in demselben zur Zeit der Wahl das Nieder¬
lassungsrecht erworben haben". Das Reichswahlgesetz stellt als Bedingung
der Ausübung des Wahlrechts nur auf. daß der Betreffende in dem Wahlbezirk
zur Zeit der Wahl seinen "festen Wohnsitz" habe, und das preußische Wahl¬
gesetz fordert nur den Wohnsitz. In Mecklenburg wird aus dem Lande das


des norddeutschen Bundes enthalten ist. Diese lautet: „Wähler ist jeder
unbescholtene Staatsbürger eines der zum norddeutschen Bunde
zusammentretender Staaten :c."

2) Der schwerinsche Entwurf hat in § 2 den Zusatz: „Die Ausübung des
Wahlrechts der activen Militärpersonen ruht jedoch, solange sie bei der
Fahne stehen." Das Reichswahlgesctz gewährt dagegen ausdrücklich auch den
Soldaten und Militärpersonen das Recht zu wählen. Der strelitzische
Entwurf, in welchem jener Satz des schwerinschen fehlte, war daher in diesem
Punkte mit dem Reichswchlgesetz in Einklang.

3) Nach dem Neichswahlgesetze ist „wählbar zum Abgeordneten jeder wahl¬
berechtigte Deutsche, welcher das 25. Lebensjahr zurückgelegt und seit minde¬
stens drei Jahren einem deutschen Staate angehört hat" und das preußische
Wahlgesetz enthält die analoge Bestimmung: „Wählbar zum Abgeordneten ist
jeder Wahlberechtigte, der einem zum Bunde gehörigen Staate seit mindestens
drei Jahren angehört hat." Die mecklenburgischen Entwürfe enthalten dafür
die Bestimmung: „Wählbar zum Abgeordneten ist jeder nach den vorstehenden
Bestimmungen wahlberechtigte Mecklenburger."

4) In dem Reichs- und dem preußischen Wahlgesetz findet sich die Vor¬
schrift: „Erstandene (verbüßte) oder durch Begnadigung erlassene Strafe wegen
politischer Verbrechen schließt von der Wahl nicht aus", und rückstchtlich
des activen Wahlrechts wird der Begriff der Besch o tems e it dahin restringirt,
daß als bescholten diejenigen Personen gelten sollen, „welchen durch rechts¬
kräftiges Erkenntniß der Vollgenuß der staatsbürgerlichen Rechte entzogen' ist,
sofern sie in diese Rechte nicht wieder eingesetzt sind." Die mecklenburgischen
Entwürfe enthalten den ersteren Satz nicht und für bescholten erklären sie
solche Personen, „welche wegen begangener Verbrechen Zuchthausstrafe erlitten
haben oder wegen eines entehrenden Verbrechens gerichtlich bestraft sind, so
lange sie nicht etwa durch landesherrliche Begnadigung Herstellung ihrer Ehren¬
rechte erlangt haben". Der einzige Mann in Mecklenburg, welcher in einem
politischen Proceß zur Zuchthausstrafe verurtheilt wurde und dieselbe wirklich
hat erleiden müssen, ist der hochgeachtete frühere Präsident der mecklenburgischen
Abgeordnetenkammer, Moritz Wiggers. Die Absicht, ihn vom Parlament aus¬
zuschließen, sollte durch diese Abweichung vom Reichswahlgesetz wo möglich ver¬
wirklicht werden.

5) Nach den mecklenburgischen Entwürfen muß, „wer das Wahlrecht in
einem Wahlbezirke ausüben will, in demselben zur Zeit der Wahl das Nieder¬
lassungsrecht erworben haben". Das Reichswahlgesetz stellt als Bedingung
der Ausübung des Wahlrechts nur auf. daß der Betreffende in dem Wahlbezirk
zur Zeit der Wahl seinen „festen Wohnsitz" habe, und das preußische Wahl¬
gesetz fordert nur den Wohnsitz. In Mecklenburg wird aus dem Lande das


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0238" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/286386"/>
          <p xml:id="ID_686" prev="#ID_685"> des norddeutschen Bundes enthalten ist. Diese lautet: &#x201E;Wähler ist jeder<lb/>
unbescholtene Staatsbürger eines der zum norddeutschen Bunde<lb/>
zusammentretender Staaten :c."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_687"> 2) Der schwerinsche Entwurf hat in § 2 den Zusatz: &#x201E;Die Ausübung des<lb/>
Wahlrechts der activen Militärpersonen ruht jedoch, solange sie bei der<lb/>
Fahne stehen." Das Reichswahlgesctz gewährt dagegen ausdrücklich auch den<lb/>
Soldaten und Militärpersonen das Recht zu wählen. Der strelitzische<lb/>
Entwurf, in welchem jener Satz des schwerinschen fehlte, war daher in diesem<lb/>
Punkte mit dem Reichswchlgesetz in Einklang.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_688"> 3) Nach dem Neichswahlgesetze ist &#x201E;wählbar zum Abgeordneten jeder wahl¬<lb/>
berechtigte Deutsche, welcher das 25. Lebensjahr zurückgelegt und seit minde¬<lb/>
stens drei Jahren einem deutschen Staate angehört hat" und das preußische<lb/>
Wahlgesetz enthält die analoge Bestimmung: &#x201E;Wählbar zum Abgeordneten ist<lb/>
jeder Wahlberechtigte, der einem zum Bunde gehörigen Staate seit mindestens<lb/>
drei Jahren angehört hat." Die mecklenburgischen Entwürfe enthalten dafür<lb/>
die Bestimmung: &#x201E;Wählbar zum Abgeordneten ist jeder nach den vorstehenden<lb/>
Bestimmungen wahlberechtigte Mecklenburger."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_689"> 4) In dem Reichs- und dem preußischen Wahlgesetz findet sich die Vor¬<lb/>
schrift: &#x201E;Erstandene (verbüßte) oder durch Begnadigung erlassene Strafe wegen<lb/>
politischer Verbrechen schließt von der Wahl nicht aus", und rückstchtlich<lb/>
des activen Wahlrechts wird der Begriff der Besch o tems e it dahin restringirt,<lb/>
daß als bescholten diejenigen Personen gelten sollen, &#x201E;welchen durch rechts¬<lb/>
kräftiges Erkenntniß der Vollgenuß der staatsbürgerlichen Rechte entzogen' ist,<lb/>
sofern sie in diese Rechte nicht wieder eingesetzt sind." Die mecklenburgischen<lb/>
Entwürfe enthalten den ersteren Satz nicht und für bescholten erklären sie<lb/>
solche Personen, &#x201E;welche wegen begangener Verbrechen Zuchthausstrafe erlitten<lb/>
haben oder wegen eines entehrenden Verbrechens gerichtlich bestraft sind, so<lb/>
lange sie nicht etwa durch landesherrliche Begnadigung Herstellung ihrer Ehren¬<lb/>
rechte erlangt haben". Der einzige Mann in Mecklenburg, welcher in einem<lb/>
politischen Proceß zur Zuchthausstrafe verurtheilt wurde und dieselbe wirklich<lb/>
hat erleiden müssen, ist der hochgeachtete frühere Präsident der mecklenburgischen<lb/>
Abgeordnetenkammer, Moritz Wiggers. Die Absicht, ihn vom Parlament aus¬<lb/>
zuschließen, sollte durch diese Abweichung vom Reichswahlgesetz wo möglich ver¬<lb/>
wirklicht werden.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_690" next="#ID_691"> 5) Nach den mecklenburgischen Entwürfen muß, &#x201E;wer das Wahlrecht in<lb/>
einem Wahlbezirke ausüben will, in demselben zur Zeit der Wahl das Nieder¬<lb/>
lassungsrecht erworben haben". Das Reichswahlgesetz stellt als Bedingung<lb/>
der Ausübung des Wahlrechts nur auf. daß der Betreffende in dem Wahlbezirk<lb/>
zur Zeit der Wahl seinen &#x201E;festen Wohnsitz" habe, und das preußische Wahl¬<lb/>
gesetz fordert nur den Wohnsitz.  In Mecklenburg wird aus dem Lande das</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0238] des norddeutschen Bundes enthalten ist. Diese lautet: „Wähler ist jeder unbescholtene Staatsbürger eines der zum norddeutschen Bunde zusammentretender Staaten :c." 2) Der schwerinsche Entwurf hat in § 2 den Zusatz: „Die Ausübung des Wahlrechts der activen Militärpersonen ruht jedoch, solange sie bei der Fahne stehen." Das Reichswahlgesctz gewährt dagegen ausdrücklich auch den Soldaten und Militärpersonen das Recht zu wählen. Der strelitzische Entwurf, in welchem jener Satz des schwerinschen fehlte, war daher in diesem Punkte mit dem Reichswchlgesetz in Einklang. 3) Nach dem Neichswahlgesetze ist „wählbar zum Abgeordneten jeder wahl¬ berechtigte Deutsche, welcher das 25. Lebensjahr zurückgelegt und seit minde¬ stens drei Jahren einem deutschen Staate angehört hat" und das preußische Wahlgesetz enthält die analoge Bestimmung: „Wählbar zum Abgeordneten ist jeder Wahlberechtigte, der einem zum Bunde gehörigen Staate seit mindestens drei Jahren angehört hat." Die mecklenburgischen Entwürfe enthalten dafür die Bestimmung: „Wählbar zum Abgeordneten ist jeder nach den vorstehenden Bestimmungen wahlberechtigte Mecklenburger." 4) In dem Reichs- und dem preußischen Wahlgesetz findet sich die Vor¬ schrift: „Erstandene (verbüßte) oder durch Begnadigung erlassene Strafe wegen politischer Verbrechen schließt von der Wahl nicht aus", und rückstchtlich des activen Wahlrechts wird der Begriff der Besch o tems e it dahin restringirt, daß als bescholten diejenigen Personen gelten sollen, „welchen durch rechts¬ kräftiges Erkenntniß der Vollgenuß der staatsbürgerlichen Rechte entzogen' ist, sofern sie in diese Rechte nicht wieder eingesetzt sind." Die mecklenburgischen Entwürfe enthalten den ersteren Satz nicht und für bescholten erklären sie solche Personen, „welche wegen begangener Verbrechen Zuchthausstrafe erlitten haben oder wegen eines entehrenden Verbrechens gerichtlich bestraft sind, so lange sie nicht etwa durch landesherrliche Begnadigung Herstellung ihrer Ehren¬ rechte erlangt haben". Der einzige Mann in Mecklenburg, welcher in einem politischen Proceß zur Zuchthausstrafe verurtheilt wurde und dieselbe wirklich hat erleiden müssen, ist der hochgeachtete frühere Präsident der mecklenburgischen Abgeordnetenkammer, Moritz Wiggers. Die Absicht, ihn vom Parlament aus¬ zuschließen, sollte durch diese Abweichung vom Reichswahlgesetz wo möglich ver¬ wirklicht werden. 5) Nach den mecklenburgischen Entwürfen muß, „wer das Wahlrecht in einem Wahlbezirke ausüben will, in demselben zur Zeit der Wahl das Nieder¬ lassungsrecht erworben haben". Das Reichswahlgesetz stellt als Bedingung der Ausübung des Wahlrechts nur auf. daß der Betreffende in dem Wahlbezirk zur Zeit der Wahl seinen „festen Wohnsitz" habe, und das preußische Wahl¬ gesetz fordert nur den Wohnsitz. In Mecklenburg wird aus dem Lande das

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_286147
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_286147/238
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_286147/238>, abgerufen am 02.07.2024.