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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band.

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schlagen: dabei vorzubehalten und zu bedingen, daß die aus solcher Berathung
hervorgehenden Resultate demnächst den Ständen zur Abgabe ihrer verfassungs¬
mäßigen Erklärung darüber vorgelegt werden."

Eines weiteren Eingehens auf das Einzelne bedürfe es bei dieser Sach¬
lage zwar zur Zeit noch nicht: doch werde es nicht unangemessen erscheinen,
schon jetzt die preußischen Grundzüge einer näheren Erörterung zu unterziehen
und die daran sich knüpfenden Bedenken und Wünsche auszusprechen. Als solche
Bedenken und Wünsche treten dann besonders folgende Aeußerungen über die
preußischen Grundzüge vom 10. Juni hervor:

Die in den Grundzügen der Competenz der Bundesgewalt überwiesenen
Gegenstände müssen das Maximum des Competenzkreises bilden und über die
speciell dahin gewiesenen Gegenstände darf bei Feststellung des letzteren nicht
hinausgegangen werden. Ueberhaupt muß der Grundsatz gelten, daß dem Par¬
lamente eine Einwirkung auf die Versassungsverhältnisse der Einzelstaaten nicht
zuzuerkennen ist. Demnach wird unter anderm die Frage, ob und eventuell
unter welchen Bedingungen der Anschluß Mecklenburgs an den deutschen Zoll¬
verein stattzufinden habe, von der freien ständischen Vereinbarung und Zu¬
stimmung abhängig bleiben müssen. Zu der Bestimmung in Artikel 4 der
Grundzüge, wonach die Nationalvertretung aus, directen Wahlen nach Maßgabe
des Neichswahlgesetzes vom 12. April 1849 hervorgehen soll, wird bemerkt:
"Wir können dies nur sür sehr bedenklich erkennen. Die allgemeinen directen
Wahlen nach reiner Kopfzahl geben nach unserer Ueberzeugung keine Garantie
für ein dem ernsten und wichtigen Zwecke entsprechendes Ergebniß der Wahl,
sondern geben dasselbe in den meisten Fällen lediglich dem Zufall preis. Wir
halten deshalb dafür, daß in Bezug auf die Wahlen zu dem künftigen defini¬
tiven Parlament eine diese Bedenken wesentlich beseitigende Grundlage für das
zu erlassende Wahlgesetz angenommen werde und würden wir uns auch nicht
entschließen können, diese Bedenken in Ansehung des zunächst zu berufenden
Parlamentes fallen zu lassen, wenn nicht das letztere eben nur zur Be¬
rathung des demselben vorzulegenden Bundesvcrfassungsentwurfs versammelt
werden sollte." Starke Einwendungen werden sodann gegen den in Artikel 6
der Bundesgewalt zugewiesenen Competenzkrcis erhoben. Danach unterliegt
zunächst die gemeinsame Zoll- und Handclsgesetzgebung zwar in Betreff der¬
jenigen Staaten, welche dem deutschen Zollverein bereits beigetreten sind, keinen
Bedenken; aber der Eintritt Mecklenburgs in diesen Verein muß besonderer Ver¬
einbarung vorbehalten bleiben und bis dahin kann es sich rücksichtlich der
Zoll- und Handelsgesetzgebung der Bundesgewalt nicht unterwerfen. '

Zu der Competenz der Bundesgewalt hinsichtlich der Gesetzgebung über
Freizügigkeit, Heimaths- und Ansiedelungsverhältnisse, den Gewerbebetrieb, die
Colonisation und Auswanderung nach außerdeutschen Ländern wird bemerkt:


schlagen: dabei vorzubehalten und zu bedingen, daß die aus solcher Berathung
hervorgehenden Resultate demnächst den Ständen zur Abgabe ihrer verfassungs¬
mäßigen Erklärung darüber vorgelegt werden."

Eines weiteren Eingehens auf das Einzelne bedürfe es bei dieser Sach¬
lage zwar zur Zeit noch nicht: doch werde es nicht unangemessen erscheinen,
schon jetzt die preußischen Grundzüge einer näheren Erörterung zu unterziehen
und die daran sich knüpfenden Bedenken und Wünsche auszusprechen. Als solche
Bedenken und Wünsche treten dann besonders folgende Aeußerungen über die
preußischen Grundzüge vom 10. Juni hervor:

Die in den Grundzügen der Competenz der Bundesgewalt überwiesenen
Gegenstände müssen das Maximum des Competenzkreises bilden und über die
speciell dahin gewiesenen Gegenstände darf bei Feststellung des letzteren nicht
hinausgegangen werden. Ueberhaupt muß der Grundsatz gelten, daß dem Par¬
lamente eine Einwirkung auf die Versassungsverhältnisse der Einzelstaaten nicht
zuzuerkennen ist. Demnach wird unter anderm die Frage, ob und eventuell
unter welchen Bedingungen der Anschluß Mecklenburgs an den deutschen Zoll¬
verein stattzufinden habe, von der freien ständischen Vereinbarung und Zu¬
stimmung abhängig bleiben müssen. Zu der Bestimmung in Artikel 4 der
Grundzüge, wonach die Nationalvertretung aus, directen Wahlen nach Maßgabe
des Neichswahlgesetzes vom 12. April 1849 hervorgehen soll, wird bemerkt:
„Wir können dies nur sür sehr bedenklich erkennen. Die allgemeinen directen
Wahlen nach reiner Kopfzahl geben nach unserer Ueberzeugung keine Garantie
für ein dem ernsten und wichtigen Zwecke entsprechendes Ergebniß der Wahl,
sondern geben dasselbe in den meisten Fällen lediglich dem Zufall preis. Wir
halten deshalb dafür, daß in Bezug auf die Wahlen zu dem künftigen defini¬
tiven Parlament eine diese Bedenken wesentlich beseitigende Grundlage für das
zu erlassende Wahlgesetz angenommen werde und würden wir uns auch nicht
entschließen können, diese Bedenken in Ansehung des zunächst zu berufenden
Parlamentes fallen zu lassen, wenn nicht das letztere eben nur zur Be¬
rathung des demselben vorzulegenden Bundesvcrfassungsentwurfs versammelt
werden sollte." Starke Einwendungen werden sodann gegen den in Artikel 6
der Bundesgewalt zugewiesenen Competenzkrcis erhoben. Danach unterliegt
zunächst die gemeinsame Zoll- und Handclsgesetzgebung zwar in Betreff der¬
jenigen Staaten, welche dem deutschen Zollverein bereits beigetreten sind, keinen
Bedenken; aber der Eintritt Mecklenburgs in diesen Verein muß besonderer Ver¬
einbarung vorbehalten bleiben und bis dahin kann es sich rücksichtlich der
Zoll- und Handelsgesetzgebung der Bundesgewalt nicht unterwerfen. '

Zu der Competenz der Bundesgewalt hinsichtlich der Gesetzgebung über
Freizügigkeit, Heimaths- und Ansiedelungsverhältnisse, den Gewerbebetrieb, die
Colonisation und Auswanderung nach außerdeutschen Ländern wird bemerkt:


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_286147/236>, abgerufen am 02.07.2024.