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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band.

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Batterien erkannte, welche doch von der preußischen Negierung geliefert waren.
Man wird in der preußischen Armee dazu schreiten müssen, auch nur gezogene
Geschütze zu verwenden, um den eventuellen Gegnern auch in dieser Waffe über¬
legen zu sein.

Bei der Cavalerie waren die Unterschiede in der Bewaffnung nur darin
vorhanden, daß die preußischen Ulanen längere Lanzen hatten als die Gegner,
und daß die Husaren und Dragoner auch Zündnadelcarabiner führten. Ersterer
Vortheil soll sich mehrfach geltend gemacht haben, überhaupt hat sich die Lanze
wieder als sehr wirksame Waffe bewährt. Die Zündnadelcarabiner sind nur
im Vorpostengefecht zur Anwendung gekommen, wenigstens läugnen die Preußen,
was östreichische Berichte erzählen, daß preußische Cavalerielinien die Oestreicher
mit Salven empfangen hätten. Dem preußischen Cavaleriereglement und der
preußischen Cavalerietradition widerspricht dies wenigstens ganz. Schon Friedrich
der Große sprach sich sehr ernst dagegen aus.

Berühren wir nun kurz die Vorbereitungen zum Kriege. Seit Anfang des
Jahres 1866 wurde das Verhältniß zwischen Oestreich und Preußen mit jedem
Tage gespannter. Oestreich glaubte, seinem Gegner sei mit dem Verfassungs¬
conflict ein Krieg unmöglich. Keinensalls erwartete es, daß das im Frieden
groß gewordene preußische Heer wagen würde, sich mit der kriegsgewohnten
östreichischen Macht und ganz Deutschland zu messen. So ließ sich der Kaiser
von einem Schritt zum andern hinreißen, beide Heere fingen an zu rufen,
Preußen mit dem vollen Bewußtsein dessen, was es wollte, seine Gegner wider¬
willig, zögernd und halb. So kam es zu dem, den Krieg aussprechenden Bun>
desbeschluß vom 14. Juni, den Preußen sofort benutzte, um eine Basis zum
Kriege zu schaffen, welche ihm seine getrennten Provinzen nicht boten. Zunächst
demonstrirte es die östreichische Brigade Kalik, welche einen prächtigen Kern bot,
um den sich die hannöverschen und hessischen Truppen sammeln konnten, um
sich zwischen die preußische Macht einzuschiebe", aus Holstein; ging dann gegen
Hannover und Kurhessen vor, legte diese lahm, zwang die andern norddeutschen
Staaten zur Passivität und disponirte fast seine ganze Armee gegen die öst¬
reichischen Kräfte. Am 19. Juni erklärte König Wilhelm den Krieg an Oestreich,
übernahm selbst den Oberbefehl und hatte folgende Kräfte aufgestellt:

1) Die erste Armee Prinz Friedrich Karl mit dem zweiten, dritten und
vierten Armeecorps und Cavaleriecorps, 72 Bataillone -- 72,000 Mann,
18 Cavalerieregimenter ----- 11,000 Pferde und 49 Batterien mit 294 Geschützen
in der Gegend von Görlitz.

2) Die Elbarmee unter General v. Herwarth, das achte Armeecorps und
das halbe siebente Armeecorps, 34 Bataillone ^ 34,000 Mann, 6 Regimenter
Cavalerie -- 3.900 Pferde. 22 Batterien mit 132 Geschützen bei Torgau.

3) Die zweite Armee, der Kronprinz, das Garde-, erste, fünfte und sechste


Batterien erkannte, welche doch von der preußischen Negierung geliefert waren.
Man wird in der preußischen Armee dazu schreiten müssen, auch nur gezogene
Geschütze zu verwenden, um den eventuellen Gegnern auch in dieser Waffe über¬
legen zu sein.

Bei der Cavalerie waren die Unterschiede in der Bewaffnung nur darin
vorhanden, daß die preußischen Ulanen längere Lanzen hatten als die Gegner,
und daß die Husaren und Dragoner auch Zündnadelcarabiner führten. Ersterer
Vortheil soll sich mehrfach geltend gemacht haben, überhaupt hat sich die Lanze
wieder als sehr wirksame Waffe bewährt. Die Zündnadelcarabiner sind nur
im Vorpostengefecht zur Anwendung gekommen, wenigstens läugnen die Preußen,
was östreichische Berichte erzählen, daß preußische Cavalerielinien die Oestreicher
mit Salven empfangen hätten. Dem preußischen Cavaleriereglement und der
preußischen Cavalerietradition widerspricht dies wenigstens ganz. Schon Friedrich
der Große sprach sich sehr ernst dagegen aus.

Berühren wir nun kurz die Vorbereitungen zum Kriege. Seit Anfang des
Jahres 1866 wurde das Verhältniß zwischen Oestreich und Preußen mit jedem
Tage gespannter. Oestreich glaubte, seinem Gegner sei mit dem Verfassungs¬
conflict ein Krieg unmöglich. Keinensalls erwartete es, daß das im Frieden
groß gewordene preußische Heer wagen würde, sich mit der kriegsgewohnten
östreichischen Macht und ganz Deutschland zu messen. So ließ sich der Kaiser
von einem Schritt zum andern hinreißen, beide Heere fingen an zu rufen,
Preußen mit dem vollen Bewußtsein dessen, was es wollte, seine Gegner wider¬
willig, zögernd und halb. So kam es zu dem, den Krieg aussprechenden Bun>
desbeschluß vom 14. Juni, den Preußen sofort benutzte, um eine Basis zum
Kriege zu schaffen, welche ihm seine getrennten Provinzen nicht boten. Zunächst
demonstrirte es die östreichische Brigade Kalik, welche einen prächtigen Kern bot,
um den sich die hannöverschen und hessischen Truppen sammeln konnten, um
sich zwischen die preußische Macht einzuschiebe», aus Holstein; ging dann gegen
Hannover und Kurhessen vor, legte diese lahm, zwang die andern norddeutschen
Staaten zur Passivität und disponirte fast seine ganze Armee gegen die öst¬
reichischen Kräfte. Am 19. Juni erklärte König Wilhelm den Krieg an Oestreich,
übernahm selbst den Oberbefehl und hatte folgende Kräfte aufgestellt:

1) Die erste Armee Prinz Friedrich Karl mit dem zweiten, dritten und
vierten Armeecorps und Cavaleriecorps, 72 Bataillone — 72,000 Mann,
18 Cavalerieregimenter ----- 11,000 Pferde und 49 Batterien mit 294 Geschützen
in der Gegend von Görlitz.

2) Die Elbarmee unter General v. Herwarth, das achte Armeecorps und
das halbe siebente Armeecorps, 34 Bataillone ^ 34,000 Mann, 6 Regimenter
Cavalerie — 3.900 Pferde. 22 Batterien mit 132 Geschützen bei Torgau.

3) Die zweite Armee, der Kronprinz, das Garde-, erste, fünfte und sechste


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[0228] Batterien erkannte, welche doch von der preußischen Negierung geliefert waren. Man wird in der preußischen Armee dazu schreiten müssen, auch nur gezogene Geschütze zu verwenden, um den eventuellen Gegnern auch in dieser Waffe über¬ legen zu sein. Bei der Cavalerie waren die Unterschiede in der Bewaffnung nur darin vorhanden, daß die preußischen Ulanen längere Lanzen hatten als die Gegner, und daß die Husaren und Dragoner auch Zündnadelcarabiner führten. Ersterer Vortheil soll sich mehrfach geltend gemacht haben, überhaupt hat sich die Lanze wieder als sehr wirksame Waffe bewährt. Die Zündnadelcarabiner sind nur im Vorpostengefecht zur Anwendung gekommen, wenigstens läugnen die Preußen, was östreichische Berichte erzählen, daß preußische Cavalerielinien die Oestreicher mit Salven empfangen hätten. Dem preußischen Cavaleriereglement und der preußischen Cavalerietradition widerspricht dies wenigstens ganz. Schon Friedrich der Große sprach sich sehr ernst dagegen aus. Berühren wir nun kurz die Vorbereitungen zum Kriege. Seit Anfang des Jahres 1866 wurde das Verhältniß zwischen Oestreich und Preußen mit jedem Tage gespannter. Oestreich glaubte, seinem Gegner sei mit dem Verfassungs¬ conflict ein Krieg unmöglich. Keinensalls erwartete es, daß das im Frieden groß gewordene preußische Heer wagen würde, sich mit der kriegsgewohnten östreichischen Macht und ganz Deutschland zu messen. So ließ sich der Kaiser von einem Schritt zum andern hinreißen, beide Heere fingen an zu rufen, Preußen mit dem vollen Bewußtsein dessen, was es wollte, seine Gegner wider¬ willig, zögernd und halb. So kam es zu dem, den Krieg aussprechenden Bun> desbeschluß vom 14. Juni, den Preußen sofort benutzte, um eine Basis zum Kriege zu schaffen, welche ihm seine getrennten Provinzen nicht boten. Zunächst demonstrirte es die östreichische Brigade Kalik, welche einen prächtigen Kern bot, um den sich die hannöverschen und hessischen Truppen sammeln konnten, um sich zwischen die preußische Macht einzuschiebe», aus Holstein; ging dann gegen Hannover und Kurhessen vor, legte diese lahm, zwang die andern norddeutschen Staaten zur Passivität und disponirte fast seine ganze Armee gegen die öst¬ reichischen Kräfte. Am 19. Juni erklärte König Wilhelm den Krieg an Oestreich, übernahm selbst den Oberbefehl und hatte folgende Kräfte aufgestellt: 1) Die erste Armee Prinz Friedrich Karl mit dem zweiten, dritten und vierten Armeecorps und Cavaleriecorps, 72 Bataillone — 72,000 Mann, 18 Cavalerieregimenter ----- 11,000 Pferde und 49 Batterien mit 294 Geschützen in der Gegend von Görlitz. 2) Die Elbarmee unter General v. Herwarth, das achte Armeecorps und das halbe siebente Armeecorps, 34 Bataillone ^ 34,000 Mann, 6 Regimenter Cavalerie — 3.900 Pferde. 22 Batterien mit 132 Geschützen bei Torgau. 3) Die zweite Armee, der Kronprinz, das Garde-, erste, fünfte und sechste

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_286147/228>, abgerufen am 02.07.2024.