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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band.

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Cawarden, von 1560 an Sir Thomas Banger, von 167,3 Sir Thomas Bla-
grave als sein substitue. von 1579 Sir Edmund Tilney mit Umgehung Lillys,
der sich in einem vorhandenen Briefe auf das ihm für diese Stelle gegebene
Versprechen beruft.

Unter Jacob erhält 1621 Ben Jonson eine nie in Erfüllung gegangene Sur-
vivance, 1622 Sir John AM) dieselbe Stelle.-- Ein Schriftstück, das Shake¬
speare um die Stelle nachsuchen läßt, ist längst als gefälscht erkannt.*)

Der mütterliche Adel soll William Shakespeare geweigert worden sein. Es
ist unserm eifrigsten Suchen nicht gelungen, herauszubekommen, wer Gustav
Rümelin gesagt hat, daß William Shakespeare sich darum bemüht habe. Es bleibe
hier dahin gestellt, wie weit so etwas bei englischem Adelsbrauch überhaupt
möglich war. Dagegen theilen alle Berichterstatter mit, daß John Shakespeare,
' des Dichter Williams Bater, das Wappen her Urteils, der Familie seiner Frau,
auf sich übertragen zu sehn wünschte und daß ihm dieser Wunsch in einem
langen Diplome erfüllt wurde.**)

Die Zeichen der Ungunst König Jacobs fiele" somit weg, aber auch Zeichen
der Gunst finden sich. Unmittelbar nach seinem Regierungsantritt erhob Jacob
durch ein Patent***) die Truppe des Lordkanzler, Shakespeare als zweiten Unter¬
nehmer, zu königlichen Schauspielern. Und wenn sich auch unter Elisabeths
Regierung, wo leider die Rechnungsbücher mangeln, außer dem Zeugnisse der
Zeitgenossen Chettle und Ben Jonson und wenig anderen Andeutungen, Shake¬
speares Gunst nicht beweisen läßt, to kann sie unter Jacob gar nicht in Zweifel
> gezogen werden. In den Registern der Hoffeste von 1604 und 6 finden wir
unter vierzehn bei Hofe gespielten Stücken meist ungenannter Dichter, acht von
Shakespeare, meist mit Angabe feines Namens. Zu jener oben erwähnten
Bermählung der Prinzessin Elisabeth gab man unter vierzehn Stücken sechs
shakcspearesche, in einer Zeit, wo er sich längst von der Bühne zurückgezogen
hatte. Und als wegen der Pest die Theater in London geschlossen wurden,
ließ Jacob sich seine Truppe nach Wilton kommen.5)

Was endlich Shakespeares Ungelehrtheit betrifft, so könnte davon nur dem
übergelehrten Benjamin Jonson gegenüber die Rede sein. Man hat viel zu
thun, will man alle Werke in englischer oder die unübersetzten fremder Sprachen
aufzählen, die Shakespeare zum mindesten flüchtig inne haben mußte. Wenn
Rechtsgelehrte ihn zum gewesenen Advocatenschreiber machen, um der technischen
Ausdrücke willen, die ihm geläufig waren, so spricht diese Annahme eben nickt






") Vergleiche N, E. S. A. Hcnniltons. Sir Jredenick Mutters, Halliwells. Huntcrs und
endlich noch C. W, Jnglevys Untersuchungen der von Pciyne Collier gegebenen Documente.
") Siehe Delius, Shakespeares Werke, V. VII, S. 23,
Delius. B, VII, S, SO,
f) Siehe Knights Stratford Shakespeare S, 137.

Cawarden, von 1560 an Sir Thomas Banger, von 167,3 Sir Thomas Bla-
grave als sein substitue. von 1579 Sir Edmund Tilney mit Umgehung Lillys,
der sich in einem vorhandenen Briefe auf das ihm für diese Stelle gegebene
Versprechen beruft.

Unter Jacob erhält 1621 Ben Jonson eine nie in Erfüllung gegangene Sur-
vivance, 1622 Sir John AM) dieselbe Stelle.— Ein Schriftstück, das Shake¬
speare um die Stelle nachsuchen läßt, ist längst als gefälscht erkannt.*)

Der mütterliche Adel soll William Shakespeare geweigert worden sein. Es
ist unserm eifrigsten Suchen nicht gelungen, herauszubekommen, wer Gustav
Rümelin gesagt hat, daß William Shakespeare sich darum bemüht habe. Es bleibe
hier dahin gestellt, wie weit so etwas bei englischem Adelsbrauch überhaupt
möglich war. Dagegen theilen alle Berichterstatter mit, daß John Shakespeare,
' des Dichter Williams Bater, das Wappen her Urteils, der Familie seiner Frau,
auf sich übertragen zu sehn wünschte und daß ihm dieser Wunsch in einem
langen Diplome erfüllt wurde.**)

Die Zeichen der Ungunst König Jacobs fiele« somit weg, aber auch Zeichen
der Gunst finden sich. Unmittelbar nach seinem Regierungsantritt erhob Jacob
durch ein Patent***) die Truppe des Lordkanzler, Shakespeare als zweiten Unter¬
nehmer, zu königlichen Schauspielern. Und wenn sich auch unter Elisabeths
Regierung, wo leider die Rechnungsbücher mangeln, außer dem Zeugnisse der
Zeitgenossen Chettle und Ben Jonson und wenig anderen Andeutungen, Shake¬
speares Gunst nicht beweisen läßt, to kann sie unter Jacob gar nicht in Zweifel
> gezogen werden. In den Registern der Hoffeste von 1604 und 6 finden wir
unter vierzehn bei Hofe gespielten Stücken meist ungenannter Dichter, acht von
Shakespeare, meist mit Angabe feines Namens. Zu jener oben erwähnten
Bermählung der Prinzessin Elisabeth gab man unter vierzehn Stücken sechs
shakcspearesche, in einer Zeit, wo er sich längst von der Bühne zurückgezogen
hatte. Und als wegen der Pest die Theater in London geschlossen wurden,
ließ Jacob sich seine Truppe nach Wilton kommen.5)

Was endlich Shakespeares Ungelehrtheit betrifft, so könnte davon nur dem
übergelehrten Benjamin Jonson gegenüber die Rede sein. Man hat viel zu
thun, will man alle Werke in englischer oder die unübersetzten fremder Sprachen
aufzählen, die Shakespeare zum mindesten flüchtig inne haben mußte. Wenn
Rechtsgelehrte ihn zum gewesenen Advocatenschreiber machen, um der technischen
Ausdrücke willen, die ihm geläufig waren, so spricht diese Annahme eben nickt






") Vergleiche N, E. S. A. Hcnniltons. Sir Jredenick Mutters, Halliwells. Huntcrs und
endlich noch C. W, Jnglevys Untersuchungen der von Pciyne Collier gegebenen Documente.
") Siehe Delius, Shakespeares Werke, V. VII, S. 23,
Delius. B, VII, S, SO,
f) Siehe Knights Stratford Shakespeare S, 137.
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[0201] Cawarden, von 1560 an Sir Thomas Banger, von 167,3 Sir Thomas Bla- grave als sein substitue. von 1579 Sir Edmund Tilney mit Umgehung Lillys, der sich in einem vorhandenen Briefe auf das ihm für diese Stelle gegebene Versprechen beruft. Unter Jacob erhält 1621 Ben Jonson eine nie in Erfüllung gegangene Sur- vivance, 1622 Sir John AM) dieselbe Stelle.— Ein Schriftstück, das Shake¬ speare um die Stelle nachsuchen läßt, ist längst als gefälscht erkannt.*) Der mütterliche Adel soll William Shakespeare geweigert worden sein. Es ist unserm eifrigsten Suchen nicht gelungen, herauszubekommen, wer Gustav Rümelin gesagt hat, daß William Shakespeare sich darum bemüht habe. Es bleibe hier dahin gestellt, wie weit so etwas bei englischem Adelsbrauch überhaupt möglich war. Dagegen theilen alle Berichterstatter mit, daß John Shakespeare, ' des Dichter Williams Bater, das Wappen her Urteils, der Familie seiner Frau, auf sich übertragen zu sehn wünschte und daß ihm dieser Wunsch in einem langen Diplome erfüllt wurde.**) Die Zeichen der Ungunst König Jacobs fiele« somit weg, aber auch Zeichen der Gunst finden sich. Unmittelbar nach seinem Regierungsantritt erhob Jacob durch ein Patent***) die Truppe des Lordkanzler, Shakespeare als zweiten Unter¬ nehmer, zu königlichen Schauspielern. Und wenn sich auch unter Elisabeths Regierung, wo leider die Rechnungsbücher mangeln, außer dem Zeugnisse der Zeitgenossen Chettle und Ben Jonson und wenig anderen Andeutungen, Shake¬ speares Gunst nicht beweisen läßt, to kann sie unter Jacob gar nicht in Zweifel > gezogen werden. In den Registern der Hoffeste von 1604 und 6 finden wir unter vierzehn bei Hofe gespielten Stücken meist ungenannter Dichter, acht von Shakespeare, meist mit Angabe feines Namens. Zu jener oben erwähnten Bermählung der Prinzessin Elisabeth gab man unter vierzehn Stücken sechs shakcspearesche, in einer Zeit, wo er sich längst von der Bühne zurückgezogen hatte. Und als wegen der Pest die Theater in London geschlossen wurden, ließ Jacob sich seine Truppe nach Wilton kommen.5) Was endlich Shakespeares Ungelehrtheit betrifft, so könnte davon nur dem übergelehrten Benjamin Jonson gegenüber die Rede sein. Man hat viel zu thun, will man alle Werke in englischer oder die unübersetzten fremder Sprachen aufzählen, die Shakespeare zum mindesten flüchtig inne haben mußte. Wenn Rechtsgelehrte ihn zum gewesenen Advocatenschreiber machen, um der technischen Ausdrücke willen, die ihm geläufig waren, so spricht diese Annahme eben nickt ") Vergleiche N, E. S. A. Hcnniltons. Sir Jredenick Mutters, Halliwells. Huntcrs und endlich noch C. W, Jnglevys Untersuchungen der von Pciyne Collier gegebenen Documente. ") Siehe Delius, Shakespeares Werke, V. VII, S. 23, Delius. B, VII, S, SO, f) Siehe Knights Stratford Shakespeare S, 137.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_286147/201>, abgerufen am 02.07.2024.