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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band.

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pfangen, als durch jenen hierauf bezüglichen Act bestimmt worden ist." Wie
Charles Knight richtig ausführt, war dies ein Erlaß, der lediglich zu Schutz
und Ehre der regelmäßigen Schauspieltruppen dienen mußte.

Und selbst gegen die vereinzelten Wanderkomödianten wurde nur einge¬
schritten, wenn sie keine Erlaubniß zu ihrem Gewerbe erhalten hatten. Dann
aber wurde gegen sie als Vagabonden verfahren und zwar verfügt das darauf
bezügliche Gesetz (das erste Edward des Sechsten): daß dem unglücklichen Wan¬
derer, der keine Arbeit nachweisen konnte, ein V (VaZaboncl) mit einem heißen
Eisen auf die Brust gebrannt werden und er auf zwei Jahre Leibeigner (Slave)
dessen sein solle, der ihn vor dem Friedensrichter denuncirt; und das Statut
weist den Inhaber des Leibeigenen an, "den besagten Leibeigenen mit Schlägen.
Fesseln oder sonst zum Arbeiten anzuhalten." Als man sah. daß durch solches
Verfahren die Demoralisation wuchs, wurde die Acte bald aufgehoben.

Daß "Elisabeth sich gleich nach dem Antritt ihrer Regierung zu einem all¬
gemeinen Verbot der öffentlichen Bühnen verstanden", wie Rümelin behauptet,
ist unwahr. Sie erneuerte das Edict von 1549, das unter Eduard dem Sechsten
aus politischen Rücksichten die Schauspiele von Ostern bis Allerheiligen unter¬
sagte, keineswegs im Allgemeinen. Auch wurde trotzdem bei Hose gespielt.
Die jährlichen Gehalte des Musik- und Komödiantenetats betragen just in jener
Zeit 1,230 Pf.*) Dazu findet sich ein Schreiben vom Jahre 1574 mit dem
Privatsiegel an den Großsicgelbewahrer, das ihm bestehlt, an alle Justitiarien :c.
Patentbriefe zu senden, welche James Burbadge und vier andre Personen.
Diener des Grafen von Leicester ermächtigen: "Die Kunst und das Fach Ko¬
mödien. Tragödien. Bühnenstücke und andres dergleichen, wie sie bereits aus¬
geübt und einstudirt oder hiernach ausüben und einstudiren wollen, auszuüben,
zu Pflegen und zu betreiben, sowohl zur Ergötzung unsrer lieben Unterthanen,
als zu unsrer Labung und Vergnügen, wenn wir es für gut finden, sie zu
sehen." -- wer sich solcher Verpflichtung bei Hofe zu spielen weigern wollte,
solle mit Gefängniß, ohne Bürgschaft, zu seiner Pflicht angehalten werden --
und gestattet ihnen ihre Aufführungen "sowohl innerhalb unsrer Stadt London
und den Bezirken derselben" als auch "allenthalben in unserem Königreiche
England abzuhalten."

Auch das Folgende ist ein Versehen Rümelins: "Die Wirkungen der
Bühne," schreibt er. "waren rein localer Natur, da sie sich auf die Hauptstadt
beschränkten und von einer Bedeutung der Theater in anderen Städten oder
gar auf dem Land so viel als nichts zu sagen ist."

Es ist eine bekannte Thatsache, daß einzelne Städte, wie Aork. Coventrv.
Cavenham. Ehester, Kingstone u. a. ihre eigne Truppe hielten. **) Die von




") Siehe W, von Baudissins Ben Jonson und s. Schule. 1. Theil. xaZ. XXVII.
-) Siehe Ulrici B. I, S. 40 u, 41,

pfangen, als durch jenen hierauf bezüglichen Act bestimmt worden ist." Wie
Charles Knight richtig ausführt, war dies ein Erlaß, der lediglich zu Schutz
und Ehre der regelmäßigen Schauspieltruppen dienen mußte.

Und selbst gegen die vereinzelten Wanderkomödianten wurde nur einge¬
schritten, wenn sie keine Erlaubniß zu ihrem Gewerbe erhalten hatten. Dann
aber wurde gegen sie als Vagabonden verfahren und zwar verfügt das darauf
bezügliche Gesetz (das erste Edward des Sechsten): daß dem unglücklichen Wan¬
derer, der keine Arbeit nachweisen konnte, ein V (VaZaboncl) mit einem heißen
Eisen auf die Brust gebrannt werden und er auf zwei Jahre Leibeigner (Slave)
dessen sein solle, der ihn vor dem Friedensrichter denuncirt; und das Statut
weist den Inhaber des Leibeigenen an, „den besagten Leibeigenen mit Schlägen.
Fesseln oder sonst zum Arbeiten anzuhalten." Als man sah. daß durch solches
Verfahren die Demoralisation wuchs, wurde die Acte bald aufgehoben.

Daß „Elisabeth sich gleich nach dem Antritt ihrer Regierung zu einem all¬
gemeinen Verbot der öffentlichen Bühnen verstanden", wie Rümelin behauptet,
ist unwahr. Sie erneuerte das Edict von 1549, das unter Eduard dem Sechsten
aus politischen Rücksichten die Schauspiele von Ostern bis Allerheiligen unter¬
sagte, keineswegs im Allgemeinen. Auch wurde trotzdem bei Hose gespielt.
Die jährlichen Gehalte des Musik- und Komödiantenetats betragen just in jener
Zeit 1,230 Pf.*) Dazu findet sich ein Schreiben vom Jahre 1574 mit dem
Privatsiegel an den Großsicgelbewahrer, das ihm bestehlt, an alle Justitiarien :c.
Patentbriefe zu senden, welche James Burbadge und vier andre Personen.
Diener des Grafen von Leicester ermächtigen: „Die Kunst und das Fach Ko¬
mödien. Tragödien. Bühnenstücke und andres dergleichen, wie sie bereits aus¬
geübt und einstudirt oder hiernach ausüben und einstudiren wollen, auszuüben,
zu Pflegen und zu betreiben, sowohl zur Ergötzung unsrer lieben Unterthanen,
als zu unsrer Labung und Vergnügen, wenn wir es für gut finden, sie zu
sehen." — wer sich solcher Verpflichtung bei Hofe zu spielen weigern wollte,
solle mit Gefängniß, ohne Bürgschaft, zu seiner Pflicht angehalten werden —
und gestattet ihnen ihre Aufführungen „sowohl innerhalb unsrer Stadt London
und den Bezirken derselben" als auch „allenthalben in unserem Königreiche
England abzuhalten."

Auch das Folgende ist ein Versehen Rümelins: „Die Wirkungen der
Bühne," schreibt er. „waren rein localer Natur, da sie sich auf die Hauptstadt
beschränkten und von einer Bedeutung der Theater in anderen Städten oder
gar auf dem Land so viel als nichts zu sagen ist."

Es ist eine bekannte Thatsache, daß einzelne Städte, wie Aork. Coventrv.
Cavenham. Ehester, Kingstone u. a. ihre eigne Truppe hielten. **) Die von




") Siehe W, von Baudissins Ben Jonson und s. Schule. 1. Theil. xaZ. XXVII.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_286147/194>, abgerufen am 27.07.2024.