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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band.

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Pflicht gethan. In ihnen war ein leiser elegischer Zug. Sie waren durch den
Krieg von Weib und Kind und von ihrer Werkstatt fortgerissen, und dachten
oft sorgenvoll dahin zurück. Sie saßen gleich in den ersten Tagen nach ihrer
Ankunft umringt von den Kindern des Hauses wie Vettern, die zur Familie
gehörten; dadurch erwiesen sie sich den Quarticrgebern als ehrenfeste und solide
Männer, mit denen man ein gcschcidies Wort sprechen konnte, sie vertraten in
ruhigem Discurs kräftig ihren Standpunkt als Preußen, aber ihr Gemüth war
zugänglich für die Beschwerden eines Bürgers und Hausbesitzers.

Sie alle kehren beim in ihre Garnisonen oder zu ihren Lieben, nur die
nicht, welche in fernem Lande die Erde deckt. Die ersten spärlichen Halme sind
auf ihrer Ruhestätte aufgeschossen, und der Herbstwind wirft das dürre Laub
darüber. Die Tausende, welche nicht wieder zur Heimath ziehen und die grö¬
ßere Zahl derer, welche ihr Leben lang eine schmerzende Erinnerung um große
Tage unsere? Geschichte mit sich herumtragen, ihnen wünschen wir vor allem,
daß der Kampf, in dem sie geblutet, dem Vaterlande zum dauernden Heil sei.

Uns allen ist Pflicht dafür zu arbeiten, aber der unvergleichlich größte
Theil dieses Friedenswerkes liegt auf dem Herzen der Männer, welche im Ge¬
heimen den entscheidenden Wassergang zwischen Preußen und Oestreich gewollt
haben.

Als der Krieg begann, war sonder Zweifel ein großes Ziel den Leitern
der preußischen Politik klar, der Krieg war ein Kampf um die Oberherrlichkeit
in Deutschland, der Siegerpreis, welchen sie hofften, war Ausschluß Oestreichs
aus einem Bundesstaat, der auf Grundlage der gemeinsamen Bcrkehröintercssen
aufgebaut werden sollte. Diesen Zweck beweist der Entwurf vom 10. Juni, ihn
beweist das wiederholte Angebot der Neutralität und Garantie des Besitzstandes
von Sachsen. Hannover, Hessen, Nassau, den Südstaaten. Was man neben
dem Ausschluß Oestreichs im günstigen Fall für Preußen und den Bundesstaat
fordern sollte, darüber war man keineswegs einig, ja es kann an entscheidender
Stelle diese Frage kaum zur Sprache gekommen sein. Noch am Tage vor der
Schlacht bei Langensalza trug Oberst v. Döring dem Könige Von Hannover
wieder Restitution in seinen Staat auf Grundlage des Programms vom 10. Juni
an, und es war bei dem unglücklichen Fürsten der äußerste Grad von Ver¬
blendung, und es waren ein blutiges Gefecht und Verluste der preußischen
Truppen nöthig, bevor in Preußen der Gedanke Boden gewann, das Land¬
gebiet, welches durch Blut erkauft war, zu behaupten. Aber auch nach der Er¬
gebung des hannoverischen Heeres noch nickt. Denn, wie man vernimmt,
wurde erst in Nikolsburg. als die Friedeiisverhandlungen mit Oestreich begannen,
beschlossen, daß man den Gewinn so glorreicher Siege nicht in Oestreich, son¬
dern in Deutschland zu suchen habe.

Daß dieser Entschluß so spät gefaßt wurde, hat die jetzt bevorstehende


Pflicht gethan. In ihnen war ein leiser elegischer Zug. Sie waren durch den
Krieg von Weib und Kind und von ihrer Werkstatt fortgerissen, und dachten
oft sorgenvoll dahin zurück. Sie saßen gleich in den ersten Tagen nach ihrer
Ankunft umringt von den Kindern des Hauses wie Vettern, die zur Familie
gehörten; dadurch erwiesen sie sich den Quarticrgebern als ehrenfeste und solide
Männer, mit denen man ein gcschcidies Wort sprechen konnte, sie vertraten in
ruhigem Discurs kräftig ihren Standpunkt als Preußen, aber ihr Gemüth war
zugänglich für die Beschwerden eines Bürgers und Hausbesitzers.

Sie alle kehren beim in ihre Garnisonen oder zu ihren Lieben, nur die
nicht, welche in fernem Lande die Erde deckt. Die ersten spärlichen Halme sind
auf ihrer Ruhestätte aufgeschossen, und der Herbstwind wirft das dürre Laub
darüber. Die Tausende, welche nicht wieder zur Heimath ziehen und die grö¬
ßere Zahl derer, welche ihr Leben lang eine schmerzende Erinnerung um große
Tage unsere? Geschichte mit sich herumtragen, ihnen wünschen wir vor allem,
daß der Kampf, in dem sie geblutet, dem Vaterlande zum dauernden Heil sei.

Uns allen ist Pflicht dafür zu arbeiten, aber der unvergleichlich größte
Theil dieses Friedenswerkes liegt auf dem Herzen der Männer, welche im Ge¬
heimen den entscheidenden Wassergang zwischen Preußen und Oestreich gewollt
haben.

Als der Krieg begann, war sonder Zweifel ein großes Ziel den Leitern
der preußischen Politik klar, der Krieg war ein Kampf um die Oberherrlichkeit
in Deutschland, der Siegerpreis, welchen sie hofften, war Ausschluß Oestreichs
aus einem Bundesstaat, der auf Grundlage der gemeinsamen Bcrkehröintercssen
aufgebaut werden sollte. Diesen Zweck beweist der Entwurf vom 10. Juni, ihn
beweist das wiederholte Angebot der Neutralität und Garantie des Besitzstandes
von Sachsen. Hannover, Hessen, Nassau, den Südstaaten. Was man neben
dem Ausschluß Oestreichs im günstigen Fall für Preußen und den Bundesstaat
fordern sollte, darüber war man keineswegs einig, ja es kann an entscheidender
Stelle diese Frage kaum zur Sprache gekommen sein. Noch am Tage vor der
Schlacht bei Langensalza trug Oberst v. Döring dem Könige Von Hannover
wieder Restitution in seinen Staat auf Grundlage des Programms vom 10. Juni
an, und es war bei dem unglücklichen Fürsten der äußerste Grad von Ver¬
blendung, und es waren ein blutiges Gefecht und Verluste der preußischen
Truppen nöthig, bevor in Preußen der Gedanke Boden gewann, das Land¬
gebiet, welches durch Blut erkauft war, zu behaupten. Aber auch nach der Er¬
gebung des hannoverischen Heeres noch nickt. Denn, wie man vernimmt,
wurde erst in Nikolsburg. als die Friedeiisverhandlungen mit Oestreich begannen,
beschlossen, daß man den Gewinn so glorreicher Siege nicht in Oestreich, son¬
dern in Deutschland zu suchen habe.

Daß dieser Entschluß so spät gefaßt wurde, hat die jetzt bevorstehende


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_286147/14>, abgerufen am 30.06.2024.