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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band.

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den Fels gehauen. Wenn ein Pferd ausglitt, so flog Feuer aus seinen Hufen.
Laut rauschte der Fluß, heftig schlug der Regen nieder, kurz es war eine un¬
beschreibliche Noth. Wir ritten immer längst des Zab, bis ein Theil der Nacht
vorüber war. Uns war sehr bange. Wir sahen ein Feuer wie einen Stern
in einer Schlucht (?) von Tiari leuchten. Als wir an die Stelle kamen, wo
der Fluß des (Ortes) Tal in den Zab hinabstürzt, blieben wir stehen: auch das
Feuer verschwand uns da aus den Augen. Als wir nun nach dem Gipfel eines
Hohen Felsens sahen, erblickten wir ein Licht wie Mondschein (?). Wir stiegen
sogleich am Rand des Flusses hinauf und sahen da in einer Höhle ungefähr
fünfzehn Leute, welche ein Feuer angezündet hatten. Nothgedrungen*) gingen
wir zu ihnen, und da waren es Leute aus (den christlichen Districten) Tiari und
Diz. Als wir auf ihre Frage, "woher kommt Ihr?" erwiederten, "vom Hause
des Patriarchen", standen sie rasch auf, kamen auf uns zu und trockneten un¬
sere Kleider. So kamen wir zu Ruhe. Wir glaubten, daß der Herr dies Feuer
für uns eingerichtet hätte und dankten ihm sehr. Hier predigten wir nun den
Leuten von Christus, der um der Sünder willen vom Himmel herabgekommen,
und sangen ihnen geistliche Lieder vor. Sie dankten uns schön dafür. Wir
aber wunderten uns gar sehr über die Macht des Herrn, d,er uns in dieser
Nacht der Noth in einer Felsenspalte eine Gesellschaft gegeben hatte. Er tilgte
auch unsre ganze Müdigkeit: die ganze Nacht ließen wir unser Feuer nicht
ausgehen.

Dienstag verließen wir die Höhle und kamen nach Tal ins Haus des
Makel (Häuptlings) Raschu. In der Nacht blieben wir in einem Pavillon (?).
Wir predigten ihnen von der Buße.

Mittwoch verließen wir Tal und erstiege" den Berg Bet sellde. Mit
vieler Mühe kamen wir nach (dem District) Techoma. nach Gundechta. Als
wir an die Kirche kamen, sahen wir da den trunksüchtigen Priester Oschcma
(Hosianna) mit rothen Augen. Wir grüßten ihn, aber da ward er zornig und
sprach: "ich will mit Euch und Euren Engländern nichts zuthun haben, denn
ich habe um Euretwillen viel Tadel auszustehen; ick will Euch nicht einmal beher¬
bergen." So machte er großen Lärm über uns. Wir kehrten daraus beim Dia¬
conus Asaddu ein. der uns sehr gastfreundlich behandelte. Er hatte noch einen
alten, liebevollen Vater.

Donnerstag verließen wir. vom Diaconus Asaddu begleitet, Techoma und
kamen nach Bia ins Haus des Sahda. Am Abend predigten wir über den
Apostel Jacobus. Sie freuten sich sehr über die Worte Gottes. Sahda sagte:
"in meinem ganzen Leben habe ich jetzt erst zweimal eine Predigt gehört."

Nachdem wir Freitag Bia verlassen, erblickten wir eine Karavane von un¬
gefähr 40 Leuten aus Techoma. Einer von uns trat nun vor sie hin und



*) Es war zu fürchten, daß es räuberische Kurden wären.

den Fels gehauen. Wenn ein Pferd ausglitt, so flog Feuer aus seinen Hufen.
Laut rauschte der Fluß, heftig schlug der Regen nieder, kurz es war eine un¬
beschreibliche Noth. Wir ritten immer längst des Zab, bis ein Theil der Nacht
vorüber war. Uns war sehr bange. Wir sahen ein Feuer wie einen Stern
in einer Schlucht (?) von Tiari leuchten. Als wir an die Stelle kamen, wo
der Fluß des (Ortes) Tal in den Zab hinabstürzt, blieben wir stehen: auch das
Feuer verschwand uns da aus den Augen. Als wir nun nach dem Gipfel eines
Hohen Felsens sahen, erblickten wir ein Licht wie Mondschein (?). Wir stiegen
sogleich am Rand des Flusses hinauf und sahen da in einer Höhle ungefähr
fünfzehn Leute, welche ein Feuer angezündet hatten. Nothgedrungen*) gingen
wir zu ihnen, und da waren es Leute aus (den christlichen Districten) Tiari und
Diz. Als wir auf ihre Frage, „woher kommt Ihr?" erwiederten, „vom Hause
des Patriarchen", standen sie rasch auf, kamen auf uns zu und trockneten un¬
sere Kleider. So kamen wir zu Ruhe. Wir glaubten, daß der Herr dies Feuer
für uns eingerichtet hätte und dankten ihm sehr. Hier predigten wir nun den
Leuten von Christus, der um der Sünder willen vom Himmel herabgekommen,
und sangen ihnen geistliche Lieder vor. Sie dankten uns schön dafür. Wir
aber wunderten uns gar sehr über die Macht des Herrn, d,er uns in dieser
Nacht der Noth in einer Felsenspalte eine Gesellschaft gegeben hatte. Er tilgte
auch unsre ganze Müdigkeit: die ganze Nacht ließen wir unser Feuer nicht
ausgehen.

Dienstag verließen wir die Höhle und kamen nach Tal ins Haus des
Makel (Häuptlings) Raschu. In der Nacht blieben wir in einem Pavillon (?).
Wir predigten ihnen von der Buße.

Mittwoch verließen wir Tal und erstiege» den Berg Bet sellde. Mit
vieler Mühe kamen wir nach (dem District) Techoma. nach Gundechta. Als
wir an die Kirche kamen, sahen wir da den trunksüchtigen Priester Oschcma
(Hosianna) mit rothen Augen. Wir grüßten ihn, aber da ward er zornig und
sprach: „ich will mit Euch und Euren Engländern nichts zuthun haben, denn
ich habe um Euretwillen viel Tadel auszustehen; ick will Euch nicht einmal beher¬
bergen." So machte er großen Lärm über uns. Wir kehrten daraus beim Dia¬
conus Asaddu ein. der uns sehr gastfreundlich behandelte. Er hatte noch einen
alten, liebevollen Vater.

Donnerstag verließen wir. vom Diaconus Asaddu begleitet, Techoma und
kamen nach Bia ins Haus des Sahda. Am Abend predigten wir über den
Apostel Jacobus. Sie freuten sich sehr über die Worte Gottes. Sahda sagte:
„in meinem ganzen Leben habe ich jetzt erst zweimal eine Predigt gehört."

Nachdem wir Freitag Bia verlassen, erblickten wir eine Karavane von un¬
gefähr 40 Leuten aus Techoma. Einer von uns trat nun vor sie hin und



*) Es war zu fürchten, daß es räuberische Kurden wären.
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[0131] den Fels gehauen. Wenn ein Pferd ausglitt, so flog Feuer aus seinen Hufen. Laut rauschte der Fluß, heftig schlug der Regen nieder, kurz es war eine un¬ beschreibliche Noth. Wir ritten immer längst des Zab, bis ein Theil der Nacht vorüber war. Uns war sehr bange. Wir sahen ein Feuer wie einen Stern in einer Schlucht (?) von Tiari leuchten. Als wir an die Stelle kamen, wo der Fluß des (Ortes) Tal in den Zab hinabstürzt, blieben wir stehen: auch das Feuer verschwand uns da aus den Augen. Als wir nun nach dem Gipfel eines Hohen Felsens sahen, erblickten wir ein Licht wie Mondschein (?). Wir stiegen sogleich am Rand des Flusses hinauf und sahen da in einer Höhle ungefähr fünfzehn Leute, welche ein Feuer angezündet hatten. Nothgedrungen*) gingen wir zu ihnen, und da waren es Leute aus (den christlichen Districten) Tiari und Diz. Als wir auf ihre Frage, „woher kommt Ihr?" erwiederten, „vom Hause des Patriarchen", standen sie rasch auf, kamen auf uns zu und trockneten un¬ sere Kleider. So kamen wir zu Ruhe. Wir glaubten, daß der Herr dies Feuer für uns eingerichtet hätte und dankten ihm sehr. Hier predigten wir nun den Leuten von Christus, der um der Sünder willen vom Himmel herabgekommen, und sangen ihnen geistliche Lieder vor. Sie dankten uns schön dafür. Wir aber wunderten uns gar sehr über die Macht des Herrn, d,er uns in dieser Nacht der Noth in einer Felsenspalte eine Gesellschaft gegeben hatte. Er tilgte auch unsre ganze Müdigkeit: die ganze Nacht ließen wir unser Feuer nicht ausgehen. Dienstag verließen wir die Höhle und kamen nach Tal ins Haus des Makel (Häuptlings) Raschu. In der Nacht blieben wir in einem Pavillon (?). Wir predigten ihnen von der Buße. Mittwoch verließen wir Tal und erstiege» den Berg Bet sellde. Mit vieler Mühe kamen wir nach (dem District) Techoma. nach Gundechta. Als wir an die Kirche kamen, sahen wir da den trunksüchtigen Priester Oschcma (Hosianna) mit rothen Augen. Wir grüßten ihn, aber da ward er zornig und sprach: „ich will mit Euch und Euren Engländern nichts zuthun haben, denn ich habe um Euretwillen viel Tadel auszustehen; ick will Euch nicht einmal beher¬ bergen." So machte er großen Lärm über uns. Wir kehrten daraus beim Dia¬ conus Asaddu ein. der uns sehr gastfreundlich behandelte. Er hatte noch einen alten, liebevollen Vater. Donnerstag verließen wir. vom Diaconus Asaddu begleitet, Techoma und kamen nach Bia ins Haus des Sahda. Am Abend predigten wir über den Apostel Jacobus. Sie freuten sich sehr über die Worte Gottes. Sahda sagte: „in meinem ganzen Leben habe ich jetzt erst zweimal eine Predigt gehört." Nachdem wir Freitag Bia verlassen, erblickten wir eine Karavane von un¬ gefähr 40 Leuten aus Techoma. Einer von uns trat nun vor sie hin und *) Es war zu fürchten, daß es räuberische Kurden wären.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_286147/131>, abgerufen am 02.07.2024.