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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band.

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Mittwoch veUießen wir Tschiniza und begaben uns nach dem Gebiet Bra-
dus nach Gangatschin ins Haus Mariwas; auch da predigten wir.

Donnerstag begaben Wir uns nach Kala demiru ins Haus Bados und
predigten auch da; man hörte sehr schön zu.

Freitag gingen wir von dort nach Mamekan ins Haus des Diakonus
Taman, wo wir drei Tage blieben; wir warteten nämlich auf den Herrn
Doctor (der Mission), der von Kutschanis kommen sollte.

Mittwoch (sie) verließen wir Mamekan und begaben uns nach Schewa-
wuta in? Haus des Reis (Ortsvorsteher) Kanun, der, uns mit großer Freude
empfing. Man brachte uns ein Evangelienbuch. Abends predigten wir vor
ungefähr dreißig Menschen.

Donnerstag gingen wir von dort nach Kutsch amis, wo wir im Hause
des (Patriarchen) Mar Schimon sehr freundlich aufgenommen wurden. Wir
hatten Audienz bei ihm, küßten ihm die Hand und gaben ihm die Briefe (der
Missionäre). Er ließ uns Platz nehmen, trat ans Fenster, las die Briefe, gab
uns jedoch keine Antwort. Am Sonnabend sagten wir dem Denchs, er möchte
doch den Patriarchen bitten, uns einen Brief zu geben. Er hatte dies nämlich
versprochen^ Am Montag hatten wir wieder Audienz und redeten mit ihm
folgendermaßen: "Wir sind an Dich gesandt, daß Du uns einen (Empfehlungs-)
Brief gebest, damit wir ins Land Botan zum Predigen gehen können." "An
wen," erwiederte er, "soll ich Euch einen Brief geben? Ich habe die Leute in
Botan nie gesehen." Als wir sagten, wir wüßten die Namen der Ortsvorsteher,
sprach er: es geht nicht an!" Die Priester Kanun, Huria und Abdelahad
disputirten mit uns über die Lehren von dem Kreuz, dem Abendmahl und der
Taufe; wir erwiederten ihnen sanftmüthig. Der Patriarch betheiligte sich nicht
dabei, seine einzigen Worten waren: "alle Sahebs*) sind gute Leute."

Wir erhoben uns, baten um Urlaub und küßten ihm die Hand. Am
Freitag war ein Erdbeben in Kutschanis, welches das Haus des Patriarchen
erschütterte.

Am Montag verließen wir Kutschanis. Als wir an den Berg Bar Tschella
kamen, war er mit Schnee bedeckt, so daß wir nur mit vieler Mühe hinauf
kamen. Dann kamen wir nach Dschulamerg. Jetzt überfiel uns ein Regen¬
wetter; außer uns beiden bestand die Gesellschaft noch aus einem Mann aus
(dem Distnct) Tiari und zweien aus (dem District) Vaz. Wir waren am Rande
des Zab, als die Sonne unterging. Die Leute aus Baz trennten sich von uns,
wir aber gingen am Rande des Zab fort in Finsterniß, Dunkel und fürchter¬
lichem Regen, Zu beiden Seiten des Zab sind hohe Berge, der Weg ist in



") Sasch, "Herr", werden im Orient gern die Europäer genannt; bei diesen Syrern
sind es immer die amerikanischen Misstonäre.

Mittwoch veUießen wir Tschiniza und begaben uns nach dem Gebiet Bra-
dus nach Gangatschin ins Haus Mariwas; auch da predigten wir.

Donnerstag begaben Wir uns nach Kala demiru ins Haus Bados und
predigten auch da; man hörte sehr schön zu.

Freitag gingen wir von dort nach Mamekan ins Haus des Diakonus
Taman, wo wir drei Tage blieben; wir warteten nämlich auf den Herrn
Doctor (der Mission), der von Kutschanis kommen sollte.

Mittwoch (sie) verließen wir Mamekan und begaben uns nach Schewa-
wuta in? Haus des Reis (Ortsvorsteher) Kanun, der, uns mit großer Freude
empfing. Man brachte uns ein Evangelienbuch. Abends predigten wir vor
ungefähr dreißig Menschen.

Donnerstag gingen wir von dort nach Kutsch amis, wo wir im Hause
des (Patriarchen) Mar Schimon sehr freundlich aufgenommen wurden. Wir
hatten Audienz bei ihm, küßten ihm die Hand und gaben ihm die Briefe (der
Missionäre). Er ließ uns Platz nehmen, trat ans Fenster, las die Briefe, gab
uns jedoch keine Antwort. Am Sonnabend sagten wir dem Denchs, er möchte
doch den Patriarchen bitten, uns einen Brief zu geben. Er hatte dies nämlich
versprochen^ Am Montag hatten wir wieder Audienz und redeten mit ihm
folgendermaßen: „Wir sind an Dich gesandt, daß Du uns einen (Empfehlungs-)
Brief gebest, damit wir ins Land Botan zum Predigen gehen können." „An
wen," erwiederte er, „soll ich Euch einen Brief geben? Ich habe die Leute in
Botan nie gesehen." Als wir sagten, wir wüßten die Namen der Ortsvorsteher,
sprach er: es geht nicht an!" Die Priester Kanun, Huria und Abdelahad
disputirten mit uns über die Lehren von dem Kreuz, dem Abendmahl und der
Taufe; wir erwiederten ihnen sanftmüthig. Der Patriarch betheiligte sich nicht
dabei, seine einzigen Worten waren: „alle Sahebs*) sind gute Leute."

Wir erhoben uns, baten um Urlaub und küßten ihm die Hand. Am
Freitag war ein Erdbeben in Kutschanis, welches das Haus des Patriarchen
erschütterte.

Am Montag verließen wir Kutschanis. Als wir an den Berg Bar Tschella
kamen, war er mit Schnee bedeckt, so daß wir nur mit vieler Mühe hinauf
kamen. Dann kamen wir nach Dschulamerg. Jetzt überfiel uns ein Regen¬
wetter; außer uns beiden bestand die Gesellschaft noch aus einem Mann aus
(dem Distnct) Tiari und zweien aus (dem District) Vaz. Wir waren am Rande
des Zab, als die Sonne unterging. Die Leute aus Baz trennten sich von uns,
wir aber gingen am Rande des Zab fort in Finsterniß, Dunkel und fürchter¬
lichem Regen, Zu beiden Seiten des Zab sind hohe Berge, der Weg ist in



") Sasch, „Herr", werden im Orient gern die Europäer genannt; bei diesen Syrern
sind es immer die amerikanischen Misstonäre.
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[0130] Mittwoch veUießen wir Tschiniza und begaben uns nach dem Gebiet Bra- dus nach Gangatschin ins Haus Mariwas; auch da predigten wir. Donnerstag begaben Wir uns nach Kala demiru ins Haus Bados und predigten auch da; man hörte sehr schön zu. Freitag gingen wir von dort nach Mamekan ins Haus des Diakonus Taman, wo wir drei Tage blieben; wir warteten nämlich auf den Herrn Doctor (der Mission), der von Kutschanis kommen sollte. Mittwoch (sie) verließen wir Mamekan und begaben uns nach Schewa- wuta in? Haus des Reis (Ortsvorsteher) Kanun, der, uns mit großer Freude empfing. Man brachte uns ein Evangelienbuch. Abends predigten wir vor ungefähr dreißig Menschen. Donnerstag gingen wir von dort nach Kutsch amis, wo wir im Hause des (Patriarchen) Mar Schimon sehr freundlich aufgenommen wurden. Wir hatten Audienz bei ihm, küßten ihm die Hand und gaben ihm die Briefe (der Missionäre). Er ließ uns Platz nehmen, trat ans Fenster, las die Briefe, gab uns jedoch keine Antwort. Am Sonnabend sagten wir dem Denchs, er möchte doch den Patriarchen bitten, uns einen Brief zu geben. Er hatte dies nämlich versprochen^ Am Montag hatten wir wieder Audienz und redeten mit ihm folgendermaßen: „Wir sind an Dich gesandt, daß Du uns einen (Empfehlungs-) Brief gebest, damit wir ins Land Botan zum Predigen gehen können." „An wen," erwiederte er, „soll ich Euch einen Brief geben? Ich habe die Leute in Botan nie gesehen." Als wir sagten, wir wüßten die Namen der Ortsvorsteher, sprach er: es geht nicht an!" Die Priester Kanun, Huria und Abdelahad disputirten mit uns über die Lehren von dem Kreuz, dem Abendmahl und der Taufe; wir erwiederten ihnen sanftmüthig. Der Patriarch betheiligte sich nicht dabei, seine einzigen Worten waren: „alle Sahebs*) sind gute Leute." Wir erhoben uns, baten um Urlaub und küßten ihm die Hand. Am Freitag war ein Erdbeben in Kutschanis, welches das Haus des Patriarchen erschütterte. Am Montag verließen wir Kutschanis. Als wir an den Berg Bar Tschella kamen, war er mit Schnee bedeckt, so daß wir nur mit vieler Mühe hinauf kamen. Dann kamen wir nach Dschulamerg. Jetzt überfiel uns ein Regen¬ wetter; außer uns beiden bestand die Gesellschaft noch aus einem Mann aus (dem Distnct) Tiari und zweien aus (dem District) Vaz. Wir waren am Rande des Zab, als die Sonne unterging. Die Leute aus Baz trennten sich von uns, wir aber gingen am Rande des Zab fort in Finsterniß, Dunkel und fürchter¬ lichem Regen, Zu beiden Seiten des Zab sind hohe Berge, der Weg ist in ") Sasch, „Herr", werden im Orient gern die Europäer genannt; bei diesen Syrern sind es immer die amerikanischen Misstonäre.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_286147/130>, abgerufen am 02.07.2024.