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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band.

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Bischöfe und ihres Anhangs, abhängig und gab dem einflußreichen Klerus selbst
durch das Gemeindegesetz die Mittel, ansässige Protestanten von jedem Antheil
an der Gemeindeverwaltung auszuschließen. Als sich kurz nachher die Friedens¬
sonne zu verdüstern begann, war ihre Sorge, dieses Ausnahmegesetz durch die
Zeitungen zu verkünden, um sich des Dankes der Allvermögendcn zu versichern.
Auch ließen es diese nicht an Kundgebungen ermangeln, in wie nahen Be¬
ziehungen der tirolische Heldenmuth zur Glaubenseinheit stehe, indem sie un¬
mittelbar vor Beginn des Krieges eine Wallfahrt aller Landgemeinden des
innsbrucker Dekanatsbezirkes zur dortigen Pfarrkirche veranstalteten "zum Danke
für jene allerhöchste Entscheidung und zur Erflehung des Segens im bevor¬
stehenden Kampfe".

Am Psingstdienstage, unmittelbar nach dem Aufgebot der Landesvertheidi¬
gung, hatte auch der Fürstbischof Gaffer von Brixen eine Aufforderung an
seinen Diöcesanklerus erlassen, daran den thätigsten Antheil zu nehmen. "Bei
dem bevorstehenden Kampf." hieß es daselbst, "stehen die wichtigsten Interessen
der christlichen Religion und der katholischen Kirche auf dem Spiele." Die
klerikalen "Tiroler Stimmen" erläuterten diese Worte dahin, daß ein erbitterter
Kampf gegen die "stockprotestantischen Preußen und die Feinde Roms in Italien"
bevorstehe. Wie der brixner Bischof ließ sich auch der auf dem Stuhle von
Trient vernehmen und ermahnte seine Heerde, "die ungereAen Angriffe des
Feindes in heiliger Absicht zurückzuhalten", während der Erzbischof von
Salzburg dem sämmtlichen Klerus seines Diöcesanantheils in Tirol thätiges
Zusammenwirken mit den k. k. Behörden und warme Theilnahme an der Landes-
vertheidigung durch Wort und Beispiel einschärfte. Dem eifrigen brixencr
Bischof genügte aber nicht sein erster Aufruf; am 19. Juni und 13. Juli sandte
er einen zweiten und dritten nach, beide mit dem Refrain: "Gelobt sei Jesus
Christus und die unbefleckte Empfängniß Maria." Im zweiten wurde hervor-
gehoben, daß "eine öffentliche Stimme in der Kammer zu Florenz die katho¬
lische Religion für abgethan erklärte", im dritten aber der größte Nachdruck auf
"das Gottvertrauen der Christen" gelegt. Diesen Stimmen aus der Bundes¬
lade folgten Feste zur Erneuerung des Bündnisses mit dem Herzen Jesu, die
schon Andrä Hofer alljährlich angeordnet, mittlerweile aber in Verfall gekommen,
und Processtonen mit den wunderthätigen Bildern in Absam, Trens und Bozen.
Bei der letzteren siel die andächtige Menge auf die Kniee nieder, wenn die
Geistlichen die steinerne "Gnadenmutter" vorübertrugen, in Steinach wurde ein
Bußgang mit "unserm Herrn im Elend" gefeiert.

Die Landesschützen, nämlich die Reservisten und jene Militärpflichtiger, die
das Loos dazu bestimmte, wurden schon im Mai in Compagnien aufgestellt
und vom I.Juni an eingeübt, gleichzeitig aber auch im Ober- und Unterinn¬
thal Scharfschützen geworben und daselbst wie in Mntschgau, Meran, Sana,


Bischöfe und ihres Anhangs, abhängig und gab dem einflußreichen Klerus selbst
durch das Gemeindegesetz die Mittel, ansässige Protestanten von jedem Antheil
an der Gemeindeverwaltung auszuschließen. Als sich kurz nachher die Friedens¬
sonne zu verdüstern begann, war ihre Sorge, dieses Ausnahmegesetz durch die
Zeitungen zu verkünden, um sich des Dankes der Allvermögendcn zu versichern.
Auch ließen es diese nicht an Kundgebungen ermangeln, in wie nahen Be¬
ziehungen der tirolische Heldenmuth zur Glaubenseinheit stehe, indem sie un¬
mittelbar vor Beginn des Krieges eine Wallfahrt aller Landgemeinden des
innsbrucker Dekanatsbezirkes zur dortigen Pfarrkirche veranstalteten „zum Danke
für jene allerhöchste Entscheidung und zur Erflehung des Segens im bevor¬
stehenden Kampfe".

Am Psingstdienstage, unmittelbar nach dem Aufgebot der Landesvertheidi¬
gung, hatte auch der Fürstbischof Gaffer von Brixen eine Aufforderung an
seinen Diöcesanklerus erlassen, daran den thätigsten Antheil zu nehmen. „Bei
dem bevorstehenden Kampf." hieß es daselbst, „stehen die wichtigsten Interessen
der christlichen Religion und der katholischen Kirche auf dem Spiele." Die
klerikalen „Tiroler Stimmen" erläuterten diese Worte dahin, daß ein erbitterter
Kampf gegen die „stockprotestantischen Preußen und die Feinde Roms in Italien"
bevorstehe. Wie der brixner Bischof ließ sich auch der auf dem Stuhle von
Trient vernehmen und ermahnte seine Heerde, „die ungereAen Angriffe des
Feindes in heiliger Absicht zurückzuhalten", während der Erzbischof von
Salzburg dem sämmtlichen Klerus seines Diöcesanantheils in Tirol thätiges
Zusammenwirken mit den k. k. Behörden und warme Theilnahme an der Landes-
vertheidigung durch Wort und Beispiel einschärfte. Dem eifrigen brixencr
Bischof genügte aber nicht sein erster Aufruf; am 19. Juni und 13. Juli sandte
er einen zweiten und dritten nach, beide mit dem Refrain: „Gelobt sei Jesus
Christus und die unbefleckte Empfängniß Maria." Im zweiten wurde hervor-
gehoben, daß „eine öffentliche Stimme in der Kammer zu Florenz die katho¬
lische Religion für abgethan erklärte", im dritten aber der größte Nachdruck auf
„das Gottvertrauen der Christen" gelegt. Diesen Stimmen aus der Bundes¬
lade folgten Feste zur Erneuerung des Bündnisses mit dem Herzen Jesu, die
schon Andrä Hofer alljährlich angeordnet, mittlerweile aber in Verfall gekommen,
und Processtonen mit den wunderthätigen Bildern in Absam, Trens und Bozen.
Bei der letzteren siel die andächtige Menge auf die Kniee nieder, wenn die
Geistlichen die steinerne „Gnadenmutter" vorübertrugen, in Steinach wurde ein
Bußgang mit „unserm Herrn im Elend" gefeiert.

Die Landesschützen, nämlich die Reservisten und jene Militärpflichtiger, die
das Loos dazu bestimmte, wurden schon im Mai in Compagnien aufgestellt
und vom I.Juni an eingeübt, gleichzeitig aber auch im Ober- und Unterinn¬
thal Scharfschützen geworben und daselbst wie in Mntschgau, Meran, Sana,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_286147/116>, abgerufen am 02.07.2024.