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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band.

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Die innern Fortschritte Rußlands.
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Dem Gutsbesitzer verbleibt nach der neuen Gesetzgebung von 1861 inner¬
halb gewisser Grenzen die gutsherrliche Polizei in der Gemeinde, und er hat
das Schutzherrnrecht über dieselbe und somit die Aufsicht über die Erhaltung
von Ruhe und Sicherheit, aber nur so lange, als die Gemeinde ihm das ihr
zugetheilte Land noch nicht abgekauft hat, was jetzt bereits in sehr vielen Fällen
geschehen ist. Demnach hat der Starost des Dorfes ohne Verzug die Anord-
nungen des Gutsbesitzers in dieser Hinsicht zu vollstrecken. Als Schutzherr hat
der letztere ferner das Recht, über etwaige unregelmäßige Vertheilung der
Leistungen und Abgaben, sowie über andere Unztbühr bei den Behörden Be¬
schwerde zu führen, und weiter steht ihm zu, ihm nützlich scheinende gerichtliche
Schritte für die Gemeinde oder für Einzelne zu thun. Er kann Mittheilung
der Beschlüsse der Gemeindeversammlung verlangen, und wenn er darin etwas
die Gesetze, das Wohl der Bauern oder sein eignes Recht Verletzendes findet,
sich der Vollstreckung widersetzen und den Fall vor den Friedensrichter bringen.
Mit der Gemeinde verkehrt er durch den Starosten. Er darf seine Rechte durch
einen Bevollmächtigten ausüben lassen.

Für die Staatskasse und die Provinzialkassen haben die befreiten Bauern
folgende Leistungen zu entrichten: 1) die KoPfstemr, 2) die Beiträge zur Siche¬
rung des Lebensmittelvorraths. Z) den Beitrag für die Anfertigung der Ab¬
gabenregister. Diese Leistungen werden nach der Größe der den" Bauern zu
beständiger Nutznießung verliehenen oder von ihnen, eigenthümlich erworbenen
Ländereien berechnet. Die Erhebung geschieht durch den Starosten oder durch
den Steuereinnehmer, falls die Gemeinde einen! solchen angestellt halt. Die
innern Bedürfnisse der Gemeinden sind, "von denselben besonders aufzubringen.
Dieselben können je nach ihren Mitteln für Kirchen und Schulen und Andere
öffentliche Anstalten Steuerw! unter sich einführen. Zu ihren Lasten gehören
die Kosten ihrer Verwaltung, der Impfung und ähnlicher medicinischer Ma߬
regeln, der Getreidemagazine, der Gemeindewege, der Wasserläufe auf dem Ge¬
biet der Gemeinde, der Armen- und Waisenversorgung und der Anstalten gegen
Brand, Überschwemmung und Heuschreckenverwüstung. Die Steuern bloser
Art können, je nach ihrer Natur und dem Beschlusse der Gemeinheit in Geld
oder in rmturs, entrichtet werden.


Grenzboten III. 1866. 32
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Die innern Fortschritte Rußlands.
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Dem Gutsbesitzer verbleibt nach der neuen Gesetzgebung von 1861 inner¬
halb gewisser Grenzen die gutsherrliche Polizei in der Gemeinde, und er hat
das Schutzherrnrecht über dieselbe und somit die Aufsicht über die Erhaltung
von Ruhe und Sicherheit, aber nur so lange, als die Gemeinde ihm das ihr
zugetheilte Land noch nicht abgekauft hat, was jetzt bereits in sehr vielen Fällen
geschehen ist. Demnach hat der Starost des Dorfes ohne Verzug die Anord-
nungen des Gutsbesitzers in dieser Hinsicht zu vollstrecken. Als Schutzherr hat
der letztere ferner das Recht, über etwaige unregelmäßige Vertheilung der
Leistungen und Abgaben, sowie über andere Unztbühr bei den Behörden Be¬
schwerde zu führen, und weiter steht ihm zu, ihm nützlich scheinende gerichtliche
Schritte für die Gemeinde oder für Einzelne zu thun. Er kann Mittheilung
der Beschlüsse der Gemeindeversammlung verlangen, und wenn er darin etwas
die Gesetze, das Wohl der Bauern oder sein eignes Recht Verletzendes findet,
sich der Vollstreckung widersetzen und den Fall vor den Friedensrichter bringen.
Mit der Gemeinde verkehrt er durch den Starosten. Er darf seine Rechte durch
einen Bevollmächtigten ausüben lassen.

Für die Staatskasse und die Provinzialkassen haben die befreiten Bauern
folgende Leistungen zu entrichten: 1) die KoPfstemr, 2) die Beiträge zur Siche¬
rung des Lebensmittelvorraths. Z) den Beitrag für die Anfertigung der Ab¬
gabenregister. Diese Leistungen werden nach der Größe der den« Bauern zu
beständiger Nutznießung verliehenen oder von ihnen, eigenthümlich erworbenen
Ländereien berechnet. Die Erhebung geschieht durch den Starosten oder durch
den Steuereinnehmer, falls die Gemeinde einen! solchen angestellt halt. Die
innern Bedürfnisse der Gemeinden sind, «von denselben besonders aufzubringen.
Dieselben können je nach ihren Mitteln für Kirchen und Schulen und Andere
öffentliche Anstalten Steuerw! unter sich einführen. Zu ihren Lasten gehören
die Kosten ihrer Verwaltung, der Impfung und ähnlicher medicinischer Ma߬
regeln, der Getreidemagazine, der Gemeindewege, der Wasserläufe auf dem Ge¬
biet der Gemeinde, der Armen- und Waisenversorgung und der Anstalten gegen
Brand, Überschwemmung und Heuschreckenverwüstung. Die Steuern bloser
Art können, je nach ihrer Natur und dem Beschlusse der Gemeinheit in Geld
oder in rmturs, entrichtet werden.


Grenzboten III. 1866. 32
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[0271] ^^^^^ Die innern Fortschritte Rußlands. ^ . s^chlliß/ - ' Dem Gutsbesitzer verbleibt nach der neuen Gesetzgebung von 1861 inner¬ halb gewisser Grenzen die gutsherrliche Polizei in der Gemeinde, und er hat das Schutzherrnrecht über dieselbe und somit die Aufsicht über die Erhaltung von Ruhe und Sicherheit, aber nur so lange, als die Gemeinde ihm das ihr zugetheilte Land noch nicht abgekauft hat, was jetzt bereits in sehr vielen Fällen geschehen ist. Demnach hat der Starost des Dorfes ohne Verzug die Anord- nungen des Gutsbesitzers in dieser Hinsicht zu vollstrecken. Als Schutzherr hat der letztere ferner das Recht, über etwaige unregelmäßige Vertheilung der Leistungen und Abgaben, sowie über andere Unztbühr bei den Behörden Be¬ schwerde zu führen, und weiter steht ihm zu, ihm nützlich scheinende gerichtliche Schritte für die Gemeinde oder für Einzelne zu thun. Er kann Mittheilung der Beschlüsse der Gemeindeversammlung verlangen, und wenn er darin etwas die Gesetze, das Wohl der Bauern oder sein eignes Recht Verletzendes findet, sich der Vollstreckung widersetzen und den Fall vor den Friedensrichter bringen. Mit der Gemeinde verkehrt er durch den Starosten. Er darf seine Rechte durch einen Bevollmächtigten ausüben lassen. Für die Staatskasse und die Provinzialkassen haben die befreiten Bauern folgende Leistungen zu entrichten: 1) die KoPfstemr, 2) die Beiträge zur Siche¬ rung des Lebensmittelvorraths. Z) den Beitrag für die Anfertigung der Ab¬ gabenregister. Diese Leistungen werden nach der Größe der den« Bauern zu beständiger Nutznießung verliehenen oder von ihnen, eigenthümlich erworbenen Ländereien berechnet. Die Erhebung geschieht durch den Starosten oder durch den Steuereinnehmer, falls die Gemeinde einen! solchen angestellt halt. Die innern Bedürfnisse der Gemeinden sind, «von denselben besonders aufzubringen. Dieselben können je nach ihren Mitteln für Kirchen und Schulen und Andere öffentliche Anstalten Steuerw! unter sich einführen. Zu ihren Lasten gehören die Kosten ihrer Verwaltung, der Impfung und ähnlicher medicinischer Ma߬ regeln, der Getreidemagazine, der Gemeindewege, der Wasserläufe auf dem Ge¬ biet der Gemeinde, der Armen- und Waisenversorgung und der Anstalten gegen Brand, Überschwemmung und Heuschreckenverwüstung. Die Steuern bloser Art können, je nach ihrer Natur und dem Beschlusse der Gemeinheit in Geld oder in rmturs, entrichtet werden. Grenzboten III. 1866. 32

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285587/271>, abgerufen am 22.07.2024.