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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band.

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Jede Gemeinheit (Gemeinde oder Wolost) haftet mit ihrem vollen Eigen¬
thum mittelst wechselseitiger Verbürgung für die genaue Entrichtung der Staats¬
und Provinzialsteuern abseiten eines jeden ihrer Mitglieder. Gegen Säumige
kann sie Zwangsmaßregeln ergreifen. Sie kann die Einkünfte aus dem etwaigen
Grundeigenthum derselben zur Zahlung des Rückstandes, verwenden. Sie kann
dieselben oder Glieder der Familie derselben zu Arbeiten außerhalb der Ge¬
meinde nöthigen und den Lohn dafür ^ einziehen, was jedoch nur bei solchen
zulässig ist, die ihrer Pflicht aus Widersetzlichkeit oder Trägheit nicht nachkommen.
Sie kann serner dem Säumigen einen Vormund setzen, ohne dessen Genehmi¬
gung nichts für jenen verkauft oder ausgegeben werden darf. Sie kann end¬
lich im Nothfall sein persönliches unbewegliches Vermögen, mit Ausnahme des
von ihm erkauften Bauernhofes, zum Verkauf bringen, seine Mobilien und Ge¬
bäude, soweit sie nicht zur Bauernwirthschaft unentbehrlich sind, verkaufen und
sogar einen Theil seiner Nießbrauchländereien, ja das Ganze, mit Beschlag
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Die höheren Instanzen in Sachen der. Ausführung des Reglements zur
Befreiung der Bauern sind 1) die einzelnen Friedensrichter, 2) die Bezirksfrie¬
densgerichte, 3) die Provinzialcommissionen für die Bauernangelegenheiten.

Das Amt eines Friedensrichters kann nur ein Grundeigenthümer von Adel
bekleiden. Für die ersten drei Jahre werden die Friedensrichter von den Gou¬
verneuren aus den von den Adelsversammlungen der Bezirke eingereichten Ver¬
zeichnissen ernannt und vom Senat bestätigt. ! Sie gehören nicht in die Ver¬
waltungshierarchie des Tschin. Ihre Competenz begreift folgende Geschäfte in
sich: 1) Untersuchung von Mißverständnissen, und-Streitigkeiten zwischen den
Gutsbesitzern und den zeitweilig noch verpflichteten Bauern sowie von Klagen
der Gemeinden über ihre Beamten, 2) Beglaubigung der gütlichen! Abmachungen
zwischen Gutsbesitzern und Bauern, der Entlassungsscheine, die den Hausleuten
der Gutsbesitzer ausgestellt werden, und. der Vollmachten der Bauern zum Be¬
huf gerichtlicher Klagen, 3) gewisse-Verwaltungssachen, welche die Ausführung
der.Reglementsurkunden betreffen, die Abgrenzung^ der Bauernländereien, die
Versetzung der Wohnungen^ die Bestätigung des Woloststarschina,, die Bestrafung
und Absetzung der Gemeindebeamten, 4) endlich Functionen der Zuchtpolizei in
Betreff der von den Gutsbesitzern gemietheten Individuen und etwaiger Be¬
schädigungen der Felder oder Wälder der Gutsbesitzer.

. Die Friedensrichter jedes Bezirks vereinigen sich zu bestimmten Zeiten zu
Sitzungen, denen der Adelsmarschall des Bezirks als Vorsitzender und ein Ab¬
geordneter des Gouverneurs beiwohnt, um solche Streitigkeiten zwischen Guts¬
besitzern und Bauern, in Betreff deren dieBerufung von der Entscheidung des
Friedensrichters gestattet ist, und die Klagen der Bauern gegen die Wvlostver-
sammlungen und Wolostbeamten zu entscheiden , die Reglementsurkunden! nach


Jede Gemeinheit (Gemeinde oder Wolost) haftet mit ihrem vollen Eigen¬
thum mittelst wechselseitiger Verbürgung für die genaue Entrichtung der Staats¬
und Provinzialsteuern abseiten eines jeden ihrer Mitglieder. Gegen Säumige
kann sie Zwangsmaßregeln ergreifen. Sie kann die Einkünfte aus dem etwaigen
Grundeigenthum derselben zur Zahlung des Rückstandes, verwenden. Sie kann
dieselben oder Glieder der Familie derselben zu Arbeiten außerhalb der Ge¬
meinde nöthigen und den Lohn dafür ^ einziehen, was jedoch nur bei solchen
zulässig ist, die ihrer Pflicht aus Widersetzlichkeit oder Trägheit nicht nachkommen.
Sie kann serner dem Säumigen einen Vormund setzen, ohne dessen Genehmi¬
gung nichts für jenen verkauft oder ausgegeben werden darf. Sie kann end¬
lich im Nothfall sein persönliches unbewegliches Vermögen, mit Ausnahme des
von ihm erkauften Bauernhofes, zum Verkauf bringen, seine Mobilien und Ge¬
bäude, soweit sie nicht zur Bauernwirthschaft unentbehrlich sind, verkaufen und
sogar einen Theil seiner Nießbrauchländereien, ja das Ganze, mit Beschlag
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Die höheren Instanzen in Sachen der. Ausführung des Reglements zur
Befreiung der Bauern sind 1) die einzelnen Friedensrichter, 2) die Bezirksfrie¬
densgerichte, 3) die Provinzialcommissionen für die Bauernangelegenheiten.

Das Amt eines Friedensrichters kann nur ein Grundeigenthümer von Adel
bekleiden. Für die ersten drei Jahre werden die Friedensrichter von den Gou¬
verneuren aus den von den Adelsversammlungen der Bezirke eingereichten Ver¬
zeichnissen ernannt und vom Senat bestätigt. ! Sie gehören nicht in die Ver¬
waltungshierarchie des Tschin. Ihre Competenz begreift folgende Geschäfte in
sich: 1) Untersuchung von Mißverständnissen, und-Streitigkeiten zwischen den
Gutsbesitzern und den zeitweilig noch verpflichteten Bauern sowie von Klagen
der Gemeinden über ihre Beamten, 2) Beglaubigung der gütlichen! Abmachungen
zwischen Gutsbesitzern und Bauern, der Entlassungsscheine, die den Hausleuten
der Gutsbesitzer ausgestellt werden, und. der Vollmachten der Bauern zum Be¬
huf gerichtlicher Klagen, 3) gewisse-Verwaltungssachen, welche die Ausführung
der.Reglementsurkunden betreffen, die Abgrenzung^ der Bauernländereien, die
Versetzung der Wohnungen^ die Bestätigung des Woloststarschina,, die Bestrafung
und Absetzung der Gemeindebeamten, 4) endlich Functionen der Zuchtpolizei in
Betreff der von den Gutsbesitzern gemietheten Individuen und etwaiger Be¬
schädigungen der Felder oder Wälder der Gutsbesitzer.

. Die Friedensrichter jedes Bezirks vereinigen sich zu bestimmten Zeiten zu
Sitzungen, denen der Adelsmarschall des Bezirks als Vorsitzender und ein Ab¬
geordneter des Gouverneurs beiwohnt, um solche Streitigkeiten zwischen Guts¬
besitzern und Bauern, in Betreff deren dieBerufung von der Entscheidung des
Friedensrichters gestattet ist, und die Klagen der Bauern gegen die Wvlostver-
sammlungen und Wolostbeamten zu entscheiden , die Reglementsurkunden! nach


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[0272] Jede Gemeinheit (Gemeinde oder Wolost) haftet mit ihrem vollen Eigen¬ thum mittelst wechselseitiger Verbürgung für die genaue Entrichtung der Staats¬ und Provinzialsteuern abseiten eines jeden ihrer Mitglieder. Gegen Säumige kann sie Zwangsmaßregeln ergreifen. Sie kann die Einkünfte aus dem etwaigen Grundeigenthum derselben zur Zahlung des Rückstandes, verwenden. Sie kann dieselben oder Glieder der Familie derselben zu Arbeiten außerhalb der Ge¬ meinde nöthigen und den Lohn dafür ^ einziehen, was jedoch nur bei solchen zulässig ist, die ihrer Pflicht aus Widersetzlichkeit oder Trägheit nicht nachkommen. Sie kann serner dem Säumigen einen Vormund setzen, ohne dessen Genehmi¬ gung nichts für jenen verkauft oder ausgegeben werden darf. Sie kann end¬ lich im Nothfall sein persönliches unbewegliches Vermögen, mit Ausnahme des von ihm erkauften Bauernhofes, zum Verkauf bringen, seine Mobilien und Ge¬ bäude, soweit sie nicht zur Bauernwirthschaft unentbehrlich sind, verkaufen und sogar einen Theil seiner Nießbrauchländereien, ja das Ganze, mit Beschlag heltgelk.!->!,-'!,5' '.-!,'!' .-!-.'!?ni's»!<»4 tchj'ils?«). ni »,',qil,'Mu«?.> 555 N'chnua Die höheren Instanzen in Sachen der. Ausführung des Reglements zur Befreiung der Bauern sind 1) die einzelnen Friedensrichter, 2) die Bezirksfrie¬ densgerichte, 3) die Provinzialcommissionen für die Bauernangelegenheiten. Das Amt eines Friedensrichters kann nur ein Grundeigenthümer von Adel bekleiden. Für die ersten drei Jahre werden die Friedensrichter von den Gou¬ verneuren aus den von den Adelsversammlungen der Bezirke eingereichten Ver¬ zeichnissen ernannt und vom Senat bestätigt. ! Sie gehören nicht in die Ver¬ waltungshierarchie des Tschin. Ihre Competenz begreift folgende Geschäfte in sich: 1) Untersuchung von Mißverständnissen, und-Streitigkeiten zwischen den Gutsbesitzern und den zeitweilig noch verpflichteten Bauern sowie von Klagen der Gemeinden über ihre Beamten, 2) Beglaubigung der gütlichen! Abmachungen zwischen Gutsbesitzern und Bauern, der Entlassungsscheine, die den Hausleuten der Gutsbesitzer ausgestellt werden, und. der Vollmachten der Bauern zum Be¬ huf gerichtlicher Klagen, 3) gewisse-Verwaltungssachen, welche die Ausführung der.Reglementsurkunden betreffen, die Abgrenzung^ der Bauernländereien, die Versetzung der Wohnungen^ die Bestätigung des Woloststarschina,, die Bestrafung und Absetzung der Gemeindebeamten, 4) endlich Functionen der Zuchtpolizei in Betreff der von den Gutsbesitzern gemietheten Individuen und etwaiger Be¬ schädigungen der Felder oder Wälder der Gutsbesitzer. . Die Friedensrichter jedes Bezirks vereinigen sich zu bestimmten Zeiten zu Sitzungen, denen der Adelsmarschall des Bezirks als Vorsitzender und ein Ab¬ geordneter des Gouverneurs beiwohnt, um solche Streitigkeiten zwischen Guts¬ besitzern und Bauern, in Betreff deren dieBerufung von der Entscheidung des Friedensrichters gestattet ist, und die Klagen der Bauern gegen die Wvlostver- sammlungen und Wolostbeamten zu entscheiden , die Reglementsurkunden! nach

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285587/272>, abgerufen am 22.07.2024.