Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band.etwas zu sanfte Ermahnung des officiellen Staatsanzeigers gerichtet, die in Bei dem Eintreffen der ersten Siegesnachrichten aus Böhmen suchte die etwas zu sanfte Ermahnung des officiellen Staatsanzeigers gerichtet, die in Bei dem Eintreffen der ersten Siegesnachrichten aus Böhmen suchte die <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0243" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/285831"/> <p xml:id="ID_728" prev="#ID_727"> etwas zu sanfte Ermahnung des officiellen Staatsanzeigers gerichtet, die in<lb/> Form einer lobenden Anerkennung der seltenen Eintracht und versöhnlichsten<lb/> Gesinnnung der Bekenner der veiden großen Kirchengemeinschaften auf die in<lb/> Preußen herrschende große Toleranz und religiöse Freiheit hinwies, eine Hin-<lb/> Weisung, die durch ein „absichtlich ausgestreutes Mißtrauen" nur zu sehr pro¬<lb/> vocirt war.</p><lb/> <p xml:id="ID_729" next="#ID_730"> Bei dem Eintreffen der ersten Siegesnachrichten aus Böhmen suchte die<lb/> ultramontane Reaction sich anfangs mit den wiener und frankfurter Lügen¬<lb/> telegrammen und mit den bombastischer Schilderungen der Wichtigkeit des<lb/> Sieges von Cusivzza zu trösten; — als aber Schlag auf Schlag von den preu¬<lb/> ßischen Waffen die östreichische Macht vernichtet wurde, als die k. k. Armee in<lb/> wilder Flucht das Schlachtfeld von Königgrcitz verlassen mußte, da wurden die<lb/> langen Gesichter dieser Oestreicker in Preußen, welche trotz ihrer Klugheit es<lb/> nicht vermochten, gute Miene zum bösen Spiel zu machen, zur dunkeln Folie,<lb/> auf der sich der Siegesjubel der preußisch gesinnten Menge nur um so leuchtender<lb/> hervorhob, wie sich auch bei den Siegesilluminationcn die Obscuranten und<lb/> Illuminaten deutlich von einander schieden. Der Bürgermeister einer Klein¬<lb/> stadt hat, wie eine westfälische Zeitung berichtet, in stillem Grimm sogar den<lb/> genialen Versuch gemacht, die Siegesfeierlichkeiten und das „Heil dir im Sieger¬<lb/> kranz" unter die Kategorie des Straßenscandals zu subsummiren. — und zur<lb/> polizeilichen Bestrafung zu ziehen. Die schmähliche Cession Venetiens, des ge¬<lb/> wesenen „Bollwerks Germaniens" an Napoleon den Dritten, der Versuch zur<lb/> Herbeiführung einer bewaffneten Intervention Frankreichs, welcher deutlich zeigt,<lb/> daß der Kaiser Franz Joseph sich nach der Schlacht bei Königgrätz in einer<lb/> andern Stimmung befunden haben muß, als Franz der Erste nach der<lb/> Schlacht bei Pavia, der sich mit dem Wort: „tout est xeräu sg.ut l'^onneur",<lb/> trösten konnte, — richtete den Muth der Ultramontanen wieder etwas auf.<lb/> Dieses Meisterstück diplomatischer Schlauheit werde, so hofften sie, mit einem<lb/> Schlage die ganze Situation ändern, und der gehaßte Napoleon werde als<lb/> Retter des Hauses Lothringen, welches zur Aufrechthaltung der Traditionen vom<lb/> heiligen deutschen Reich immer als das Haus Habsburg bezeichnet wird, sich<lb/> erweisen. Als nun aber auch diese Hoffnung scheiterte, und es immer deut¬<lb/> licher hervortrat, daß Oestreich ein Koloß auf thönernen Füßen ist, der bei dem<lb/> nächsten Stoß auseinanderfalten kann, da hat die düstre Stimmung einer ver¬<lb/> bissenen Resignation sich dieser Fraction bemächtigt. Oestreich gilt jetzt als das<lb/> edle zu Tode gehetzte Wild, dem die stille Thräne der Wehmuth gewidmet ist<lb/> über die in Trümmern gefallenen Hoffnungen auf die glorreiche Wiederauf-<lb/> nchtung nicht allein des Habsburgischen Kaiserstaats, sondern auch der geistlichen<lb/> Kurfürstenthümer. Die Pläne zur „Revindication" des Mrimomum ecclesiae<lb/> in Italien und Deutschland, zur Revocation der Säcularisation, jenes großen</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0243]
etwas zu sanfte Ermahnung des officiellen Staatsanzeigers gerichtet, die in
Form einer lobenden Anerkennung der seltenen Eintracht und versöhnlichsten
Gesinnnung der Bekenner der veiden großen Kirchengemeinschaften auf die in
Preußen herrschende große Toleranz und religiöse Freiheit hinwies, eine Hin-
Weisung, die durch ein „absichtlich ausgestreutes Mißtrauen" nur zu sehr pro¬
vocirt war.
Bei dem Eintreffen der ersten Siegesnachrichten aus Böhmen suchte die
ultramontane Reaction sich anfangs mit den wiener und frankfurter Lügen¬
telegrammen und mit den bombastischer Schilderungen der Wichtigkeit des
Sieges von Cusivzza zu trösten; — als aber Schlag auf Schlag von den preu¬
ßischen Waffen die östreichische Macht vernichtet wurde, als die k. k. Armee in
wilder Flucht das Schlachtfeld von Königgrcitz verlassen mußte, da wurden die
langen Gesichter dieser Oestreicker in Preußen, welche trotz ihrer Klugheit es
nicht vermochten, gute Miene zum bösen Spiel zu machen, zur dunkeln Folie,
auf der sich der Siegesjubel der preußisch gesinnten Menge nur um so leuchtender
hervorhob, wie sich auch bei den Siegesilluminationcn die Obscuranten und
Illuminaten deutlich von einander schieden. Der Bürgermeister einer Klein¬
stadt hat, wie eine westfälische Zeitung berichtet, in stillem Grimm sogar den
genialen Versuch gemacht, die Siegesfeierlichkeiten und das „Heil dir im Sieger¬
kranz" unter die Kategorie des Straßenscandals zu subsummiren. — und zur
polizeilichen Bestrafung zu ziehen. Die schmähliche Cession Venetiens, des ge¬
wesenen „Bollwerks Germaniens" an Napoleon den Dritten, der Versuch zur
Herbeiführung einer bewaffneten Intervention Frankreichs, welcher deutlich zeigt,
daß der Kaiser Franz Joseph sich nach der Schlacht bei Königgrätz in einer
andern Stimmung befunden haben muß, als Franz der Erste nach der
Schlacht bei Pavia, der sich mit dem Wort: „tout est xeräu sg.ut l'^onneur",
trösten konnte, — richtete den Muth der Ultramontanen wieder etwas auf.
Dieses Meisterstück diplomatischer Schlauheit werde, so hofften sie, mit einem
Schlage die ganze Situation ändern, und der gehaßte Napoleon werde als
Retter des Hauses Lothringen, welches zur Aufrechthaltung der Traditionen vom
heiligen deutschen Reich immer als das Haus Habsburg bezeichnet wird, sich
erweisen. Als nun aber auch diese Hoffnung scheiterte, und es immer deut¬
licher hervortrat, daß Oestreich ein Koloß auf thönernen Füßen ist, der bei dem
nächsten Stoß auseinanderfalten kann, da hat die düstre Stimmung einer ver¬
bissenen Resignation sich dieser Fraction bemächtigt. Oestreich gilt jetzt als das
edle zu Tode gehetzte Wild, dem die stille Thräne der Wehmuth gewidmet ist
über die in Trümmern gefallenen Hoffnungen auf die glorreiche Wiederauf-
nchtung nicht allein des Habsburgischen Kaiserstaats, sondern auch der geistlichen
Kurfürstenthümer. Die Pläne zur „Revindication" des Mrimomum ecclesiae
in Italien und Deutschland, zur Revocation der Säcularisation, jenes großen
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