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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band.

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"Kirchenraubes", haben wieder g,ä (Ügltznäg-K Zraeoas vertagt werden müssen,
in Sack und Asche trauert, die Partei bei dem Siegesjubel des preußischen
Volks, bei den frohen Hoffnungen aller deutschen Patrioten.

Wie für die Wünsche der Unvernunft keine Strafe härter ist als die Er¬
füllung derselben, so könnte man es diesen Oestreichern in Preußen gönnen,
wenn sie bei den Veränderungen der Karte Deutschlands zu Oestreichern würden;
sie sollten die Segnungen einer corrumpirten Concvldatswirthschaft fühlen,
quoä puis peccat, xsr item punitur et icleni". Wahrscheinlich bat auch
die preußische Regierung die Wolfsgesichter unter dem Lammfließ erkannt und
gesehen, daß es mißlich ist, einer Partei übergroße Begünstigung zu erweisen,
welche das Ministerium nur deshalb unterstützte, weil sie mit dem Sieg der
L. H. extremen Reaction im Innern ein zweites Olmütz hoffte.




Die innern Fortschritte Rußlands.

Die ländliche Verfassung Rußlands. Ihre Entwickelung und ihre Feststellung in der
Gesetzgebung von 1861. Von August Freiherr" v. Haxthausen. Leipzig, Verlag
von F. A. Brockhaus. 1866. 423 S. 8.

Der 19. Februar 1861 eröffnete in Rußland eine Aera gesetzgeberischer
Neugestaltung der socialen Zustände des Volkes, wie sie so großartig kaum ein
Staat Europas im Laufe dieses Jahrhunderts erlebt hatte. Die Einführung
der Gewerbefreiheit in Preußen und später in andern deutschen Ländern, sowie
in Oestreich, die Aufhebung der Korngesetze und die Emancipation der Katho¬
liken in England und ähnliche Reformen ließen sich an.Bedeutung nur entfernt
mit der an jenem denkwürdigen Tage von Kaiser Alexander verfügten Maßregel^
der Bauernbefreiung vergleichen, welche den gestimmten äußern Organismus des'
russischen Volkslebens, namentlich die Grundlage desselben, die agrarischen Ver¬
hältnisse, umzustoßen und neu aufzubauen bestimmt war. Nicht ohne Bangig¬
keit beobachtete man seitdem die Wirkung dieser so tief einschneidenden Gesetz¬
gebung. Bisweilen schien es, als ob sich die schlimmsten Befürchtungen der
Schwarzsehenden bestätigen wollten, und in den ersten Jahren machte mancher
sich bereits darauf gefaßt, die friedliche Metamorphose in eine gewaltsame um-


„Kirchenraubes", haben wieder g,ä (Ügltznäg-K Zraeoas vertagt werden müssen,
in Sack und Asche trauert, die Partei bei dem Siegesjubel des preußischen
Volks, bei den frohen Hoffnungen aller deutschen Patrioten.

Wie für die Wünsche der Unvernunft keine Strafe härter ist als die Er¬
füllung derselben, so könnte man es diesen Oestreichern in Preußen gönnen,
wenn sie bei den Veränderungen der Karte Deutschlands zu Oestreichern würden;
sie sollten die Segnungen einer corrumpirten Concvldatswirthschaft fühlen,
quoä puis peccat, xsr item punitur et icleni". Wahrscheinlich bat auch
die preußische Regierung die Wolfsgesichter unter dem Lammfließ erkannt und
gesehen, daß es mißlich ist, einer Partei übergroße Begünstigung zu erweisen,
welche das Ministerium nur deshalb unterstützte, weil sie mit dem Sieg der
L. H. extremen Reaction im Innern ein zweites Olmütz hoffte.




Die innern Fortschritte Rußlands.

Die ländliche Verfassung Rußlands. Ihre Entwickelung und ihre Feststellung in der
Gesetzgebung von 1861. Von August Freiherr« v. Haxthausen. Leipzig, Verlag
von F. A. Brockhaus. 1866. 423 S. 8.

Der 19. Februar 1861 eröffnete in Rußland eine Aera gesetzgeberischer
Neugestaltung der socialen Zustände des Volkes, wie sie so großartig kaum ein
Staat Europas im Laufe dieses Jahrhunderts erlebt hatte. Die Einführung
der Gewerbefreiheit in Preußen und später in andern deutschen Ländern, sowie
in Oestreich, die Aufhebung der Korngesetze und die Emancipation der Katho¬
liken in England und ähnliche Reformen ließen sich an.Bedeutung nur entfernt
mit der an jenem denkwürdigen Tage von Kaiser Alexander verfügten Maßregel^
der Bauernbefreiung vergleichen, welche den gestimmten äußern Organismus des'
russischen Volkslebens, namentlich die Grundlage desselben, die agrarischen Ver¬
hältnisse, umzustoßen und neu aufzubauen bestimmt war. Nicht ohne Bangig¬
keit beobachtete man seitdem die Wirkung dieser so tief einschneidenden Gesetz¬
gebung. Bisweilen schien es, als ob sich die schlimmsten Befürchtungen der
Schwarzsehenden bestätigen wollten, und in den ersten Jahren machte mancher
sich bereits darauf gefaßt, die friedliche Metamorphose in eine gewaltsame um-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285587/244>, abgerufen am 22.07.2024.