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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band.

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kann ebenso gut, wie das alte Institut dieses Namens, zahlungsunfähig werden;
daß schon jetzt bei beginnender Geldcalamität die Inhaber von Banknoten
dieses fürchteten, zeigten sie durch die Masse der Umwechslungsofferten ihrer
Noten gegen baar bei der Hauptbankkasse in Berlin. Tritt die Insolvenz ein.
so verlieren die preußischen Staatsangehörigen doppelt, einmal den Betrag der
in ihrem Besitze befindlichen Noten, zweitens den der in öffentlichen Kassen
liegenden Banknoten, deren ausfallende Summen durch die Steuern natür¬
lich ersetzt werden müssen. Und in wie weit die öffentlichen Kassen zur Annahme
dieser Noten -- auf Risico des Landes und nur zum Vortheil der Theilhaber
am Bankvermögen -- verpflichtet sind, zeigt die Cabinetsordre vom 9. Juni
1847. welche die Annahme außer den Staats-, Provinzial-. Kreis-, (auch Ge¬
meinde-?) Kirchen-Kassen u. a. selbst den gerichtlichen Depositalkassen (also
mit Mündelgeldern und ähnlichen?) anbefiehlt.

Wie gefährlich für den Staat und seine Angehörigen die Vermehrung des
preußischen Papiergeldes in 28 Jahren, 1820--48, von 7 Millionen bis circa
31 Millionen Thaler, in verkehrsstillen, geldarmen, drohenden Zeiten werden
muß, liegt auf der Hand. Die Staatsregierung hat dies erkannt, indem sie,
wie gezeigt, 18S6 den Betrag des Papiergeldes verringerte. Allein man muß
hierbei nicht die anderweite Uebertragung der allerdings vom Papiergelde ab¬
genommenen Summe von circa 16 Millionen Thaler übersehen und muß dazu
"rwägen. daß die Is Millionen Thaler eingezogener Kassenanweisungen nach
einem Vertrage mit der preußischen Bank vom 28. Januar 1856 von dieser
zwar eingelöst und zur Vernichtung abgeliefert werden sollten, statt dessen aber
die Bank zu einer entsprechend großen Erweiterung ihrer Notenemission ermächtigt
wurde. Gesetzlich sind alle öffentlichen ^Kassen zur Annahme des Staatspapier¬
geldes verpflichtet, nicht dagegen die Privatleute. Aus der Annahmepflicht
jener Kassen aber kann man eine Annahmcpflicht der Privaten schon allgemein
juristisch nicht folgern, noch weniger aber von rein praktischem Gesichtspunkte
aus, als hätte die Anncchmeweigerung eines Privaten keinen Sinn, da er ja
das Papiergeld bei jeder Kasse einwechseln könne. Denn grade in Zeiten der
Geldnoth, äußerer Gefahr u. s. w., wenn man die Annahmepflicht der öffent¬
lichen Kassen am dringendsten verlangt, versagt sie. So machte vor kurzen die
breslauer Kreissteuerkasse im Kreisblatte bekannt: 1) die Ortssteuererheber sollen
ihre Einnahmen in Silber abliefern, da "die Soldaten im Felde (welchen aus
den Steuergeldern der Sold gezahlt wird) nicht täglich Papiergeld verwenden
können, sondern zum sicheren Transport (!) des Silbergeldes bedürfen"; 2) Heraus¬
zahlungen auf große Kassenanweisungen können jetzt nicht mehr geschehen. Und
daß die Privatleute in Preußen das Unzuverlässige des preußischen Papiergeldes
fühlen, zeigen sie schon jetzt bei dem Beginn der Geldnoth und Verkehrs-


kann ebenso gut, wie das alte Institut dieses Namens, zahlungsunfähig werden;
daß schon jetzt bei beginnender Geldcalamität die Inhaber von Banknoten
dieses fürchteten, zeigten sie durch die Masse der Umwechslungsofferten ihrer
Noten gegen baar bei der Hauptbankkasse in Berlin. Tritt die Insolvenz ein.
so verlieren die preußischen Staatsangehörigen doppelt, einmal den Betrag der
in ihrem Besitze befindlichen Noten, zweitens den der in öffentlichen Kassen
liegenden Banknoten, deren ausfallende Summen durch die Steuern natür¬
lich ersetzt werden müssen. Und in wie weit die öffentlichen Kassen zur Annahme
dieser Noten — auf Risico des Landes und nur zum Vortheil der Theilhaber
am Bankvermögen — verpflichtet sind, zeigt die Cabinetsordre vom 9. Juni
1847. welche die Annahme außer den Staats-, Provinzial-. Kreis-, (auch Ge¬
meinde-?) Kirchen-Kassen u. a. selbst den gerichtlichen Depositalkassen (also
mit Mündelgeldern und ähnlichen?) anbefiehlt.

Wie gefährlich für den Staat und seine Angehörigen die Vermehrung des
preußischen Papiergeldes in 28 Jahren, 1820—48, von 7 Millionen bis circa
31 Millionen Thaler, in verkehrsstillen, geldarmen, drohenden Zeiten werden
muß, liegt auf der Hand. Die Staatsregierung hat dies erkannt, indem sie,
wie gezeigt, 18S6 den Betrag des Papiergeldes verringerte. Allein man muß
hierbei nicht die anderweite Uebertragung der allerdings vom Papiergelde ab¬
genommenen Summe von circa 16 Millionen Thaler übersehen und muß dazu
«rwägen. daß die Is Millionen Thaler eingezogener Kassenanweisungen nach
einem Vertrage mit der preußischen Bank vom 28. Januar 1856 von dieser
zwar eingelöst und zur Vernichtung abgeliefert werden sollten, statt dessen aber
die Bank zu einer entsprechend großen Erweiterung ihrer Notenemission ermächtigt
wurde. Gesetzlich sind alle öffentlichen ^Kassen zur Annahme des Staatspapier¬
geldes verpflichtet, nicht dagegen die Privatleute. Aus der Annahmepflicht
jener Kassen aber kann man eine Annahmcpflicht der Privaten schon allgemein
juristisch nicht folgern, noch weniger aber von rein praktischem Gesichtspunkte
aus, als hätte die Anncchmeweigerung eines Privaten keinen Sinn, da er ja
das Papiergeld bei jeder Kasse einwechseln könne. Denn grade in Zeiten der
Geldnoth, äußerer Gefahr u. s. w., wenn man die Annahmepflicht der öffent¬
lichen Kassen am dringendsten verlangt, versagt sie. So machte vor kurzen die
breslauer Kreissteuerkasse im Kreisblatte bekannt: 1) die Ortssteuererheber sollen
ihre Einnahmen in Silber abliefern, da „die Soldaten im Felde (welchen aus
den Steuergeldern der Sold gezahlt wird) nicht täglich Papiergeld verwenden
können, sondern zum sicheren Transport (!) des Silbergeldes bedürfen"; 2) Heraus¬
zahlungen auf große Kassenanweisungen können jetzt nicht mehr geschehen. Und
daß die Privatleute in Preußen das Unzuverlässige des preußischen Papiergeldes
fühlen, zeigen sie schon jetzt bei dem Beginn der Geldnoth und Verkehrs-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285025/542>, abgerufen am 28.07.2024.