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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band.

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Stockung. Sie suchen die Einwechselung gegen baar bei den öffentlichen Kassen,
sie weigern im Privatverkehre die Annahme zum Nennwerthe.-

Man denke an die Asstgnatenwirthschaft in Frankreich und an den heutigen
Finanzzustand Oestreichs. Der Curs des Papiergelds fällt zuletzt so tief, daß
es die Druckkostcn nicht trägt. Die Assignaten sanken auf bis Procent,
die östreichischen Bankozettel auf 6 Procent ihres Nennwerths, im Juni 179K
und im Februar 1811 verkündeten die Gesetze den Staatsbankerott. In Frank¬
reich beseitigte man dann das Staatspapiergeld, in Oestreich emittirte man eine
neue Sorte. Neues Sinken, neue Mittel. Die Staatseinnahmen vermindern
sich, der Verkehr ist zerrüttet, der öffentliche Credit äußerst erschüttert, die Preise
im Inlande und an den Grenzen differiren stark, Steuerzuschläge drücken daher
leicht auf den Industriellen, den Kaufmann, schwer auf den Landmann, Be¬
amten. Ebenso wenig entsprechen sich des Staates Einnahmen und Ausgaben,
er bezieht daher Steuern voraus, verpfändet Einnahmequellen u. f. w., um
seinen Staatsausgaben zu genügen und sinkt nur tiefer.

Man verordnete die Emission von neuen Darlchnskassenscheinen, um
den Kaufleuten und Gewerbtreibenden gegen Pfänder in Waaren baar Geld
zu bieten bei der allgemeinen Verkehrsstockung. Unzweifelhaft bringen diese
Scheine den genannten Classen für ihre unmittelbaren Gcldbcdürfnisse zur Lohn¬
zahlung an Arbeiter, zur Tilgung eingegangener Verpflichtungen ihren Nutzen, dem
Staatscredit Gefahren. Aber noch ein Punkt ist zu betonen. Das preußische Staats¬
papiergeld droht nicht blos du?es seine Höhe und mögliche Vermehrung, sondern
auch durch seine n i ed e rü A p p o in es von nur 1 Thaler und 5 Thaler. Nur das
große Papiergeld ist im günstigen Falle zu billigen; denn es setzt die nöthige Masse
Metallgeld für alle kleineren Zahlungen im Verkehre voraus. Tritt bei letzteren
statt des Metallgelbs Papier ein, so zieht sich das Metallgeld in gleichem Be-
trage zu bessrer Verfügung aus dem Lande. Münzfälschungen serner von großen
Appoints Papiergeldes entdeckt man leicht, bei kleinen Appoints schwer. Denn
die falschen Scheine sind schnell in Umlauf gesetzt und wegen der großen Massen
des kleinen Geldes bleiben sie lange unentdeckt. Endlich steigen die Preise je
mit der Menge des emittirten kleinen Papiergeldes. Daher müssen in Preußen
-- zumal bei der höchst bequemen und billigen Einrichtung von Postanweisungen
für Baarsendnngen -- in günstiger Finanzzcit die Staatspapiergelder von je
1 Thaler und 6 Thaler eingezogen weiden, von deren circa 16 Millionen gewiß
schon eine Masse verloren, vernichtet sein dürfte.

Man erwäge 1) daß die Bank von England, eine Privatbank, Noten unter
S Pfd. nicht ausgiebt, ohne Beeinträchtigung des Verkehrs; 2) daß der 70 Tage
lange italienische Krieg Oestreich circa 220 Millionen Gulden, d. i. täglich circa
3 Millionen Gulden, außer seinem gewöhnlichen Kriegsbudget kostete. Preußen
serner in gleichem Falle 2/, Millionen Thaler täglich, d. i. 20 Millionen Thaler


Stockung. Sie suchen die Einwechselung gegen baar bei den öffentlichen Kassen,
sie weigern im Privatverkehre die Annahme zum Nennwerthe.-

Man denke an die Asstgnatenwirthschaft in Frankreich und an den heutigen
Finanzzustand Oestreichs. Der Curs des Papiergelds fällt zuletzt so tief, daß
es die Druckkostcn nicht trägt. Die Assignaten sanken auf bis Procent,
die östreichischen Bankozettel auf 6 Procent ihres Nennwerths, im Juni 179K
und im Februar 1811 verkündeten die Gesetze den Staatsbankerott. In Frank¬
reich beseitigte man dann das Staatspapiergeld, in Oestreich emittirte man eine
neue Sorte. Neues Sinken, neue Mittel. Die Staatseinnahmen vermindern
sich, der Verkehr ist zerrüttet, der öffentliche Credit äußerst erschüttert, die Preise
im Inlande und an den Grenzen differiren stark, Steuerzuschläge drücken daher
leicht auf den Industriellen, den Kaufmann, schwer auf den Landmann, Be¬
amten. Ebenso wenig entsprechen sich des Staates Einnahmen und Ausgaben,
er bezieht daher Steuern voraus, verpfändet Einnahmequellen u. f. w., um
seinen Staatsausgaben zu genügen und sinkt nur tiefer.

Man verordnete die Emission von neuen Darlchnskassenscheinen, um
den Kaufleuten und Gewerbtreibenden gegen Pfänder in Waaren baar Geld
zu bieten bei der allgemeinen Verkehrsstockung. Unzweifelhaft bringen diese
Scheine den genannten Classen für ihre unmittelbaren Gcldbcdürfnisse zur Lohn¬
zahlung an Arbeiter, zur Tilgung eingegangener Verpflichtungen ihren Nutzen, dem
Staatscredit Gefahren. Aber noch ein Punkt ist zu betonen. Das preußische Staats¬
papiergeld droht nicht blos du?es seine Höhe und mögliche Vermehrung, sondern
auch durch seine n i ed e rü A p p o in es von nur 1 Thaler und 5 Thaler. Nur das
große Papiergeld ist im günstigen Falle zu billigen; denn es setzt die nöthige Masse
Metallgeld für alle kleineren Zahlungen im Verkehre voraus. Tritt bei letzteren
statt des Metallgelbs Papier ein, so zieht sich das Metallgeld in gleichem Be-
trage zu bessrer Verfügung aus dem Lande. Münzfälschungen serner von großen
Appoints Papiergeldes entdeckt man leicht, bei kleinen Appoints schwer. Denn
die falschen Scheine sind schnell in Umlauf gesetzt und wegen der großen Massen
des kleinen Geldes bleiben sie lange unentdeckt. Endlich steigen die Preise je
mit der Menge des emittirten kleinen Papiergeldes. Daher müssen in Preußen
— zumal bei der höchst bequemen und billigen Einrichtung von Postanweisungen
für Baarsendnngen — in günstiger Finanzzcit die Staatspapiergelder von je
1 Thaler und 6 Thaler eingezogen weiden, von deren circa 16 Millionen gewiß
schon eine Masse verloren, vernichtet sein dürfte.

Man erwäge 1) daß die Bank von England, eine Privatbank, Noten unter
S Pfd. nicht ausgiebt, ohne Beeinträchtigung des Verkehrs; 2) daß der 70 Tage
lange italienische Krieg Oestreich circa 220 Millionen Gulden, d. i. täglich circa
3 Millionen Gulden, außer seinem gewöhnlichen Kriegsbudget kostete. Preußen
serner in gleichem Falle 2/, Millionen Thaler täglich, d. i. 20 Millionen Thaler


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[0543] Stockung. Sie suchen die Einwechselung gegen baar bei den öffentlichen Kassen, sie weigern im Privatverkehre die Annahme zum Nennwerthe.- Man denke an die Asstgnatenwirthschaft in Frankreich und an den heutigen Finanzzustand Oestreichs. Der Curs des Papiergelds fällt zuletzt so tief, daß es die Druckkostcn nicht trägt. Die Assignaten sanken auf bis Procent, die östreichischen Bankozettel auf 6 Procent ihres Nennwerths, im Juni 179K und im Februar 1811 verkündeten die Gesetze den Staatsbankerott. In Frank¬ reich beseitigte man dann das Staatspapiergeld, in Oestreich emittirte man eine neue Sorte. Neues Sinken, neue Mittel. Die Staatseinnahmen vermindern sich, der Verkehr ist zerrüttet, der öffentliche Credit äußerst erschüttert, die Preise im Inlande und an den Grenzen differiren stark, Steuerzuschläge drücken daher leicht auf den Industriellen, den Kaufmann, schwer auf den Landmann, Be¬ amten. Ebenso wenig entsprechen sich des Staates Einnahmen und Ausgaben, er bezieht daher Steuern voraus, verpfändet Einnahmequellen u. f. w., um seinen Staatsausgaben zu genügen und sinkt nur tiefer. Man verordnete die Emission von neuen Darlchnskassenscheinen, um den Kaufleuten und Gewerbtreibenden gegen Pfänder in Waaren baar Geld zu bieten bei der allgemeinen Verkehrsstockung. Unzweifelhaft bringen diese Scheine den genannten Classen für ihre unmittelbaren Gcldbcdürfnisse zur Lohn¬ zahlung an Arbeiter, zur Tilgung eingegangener Verpflichtungen ihren Nutzen, dem Staatscredit Gefahren. Aber noch ein Punkt ist zu betonen. Das preußische Staats¬ papiergeld droht nicht blos du?es seine Höhe und mögliche Vermehrung, sondern auch durch seine n i ed e rü A p p o in es von nur 1 Thaler und 5 Thaler. Nur das große Papiergeld ist im günstigen Falle zu billigen; denn es setzt die nöthige Masse Metallgeld für alle kleineren Zahlungen im Verkehre voraus. Tritt bei letzteren statt des Metallgelbs Papier ein, so zieht sich das Metallgeld in gleichem Be- trage zu bessrer Verfügung aus dem Lande. Münzfälschungen serner von großen Appoints Papiergeldes entdeckt man leicht, bei kleinen Appoints schwer. Denn die falschen Scheine sind schnell in Umlauf gesetzt und wegen der großen Massen des kleinen Geldes bleiben sie lange unentdeckt. Endlich steigen die Preise je mit der Menge des emittirten kleinen Papiergeldes. Daher müssen in Preußen — zumal bei der höchst bequemen und billigen Einrichtung von Postanweisungen für Baarsendnngen — in günstiger Finanzzcit die Staatspapiergelder von je 1 Thaler und 6 Thaler eingezogen weiden, von deren circa 16 Millionen gewiß schon eine Masse verloren, vernichtet sein dürfte. Man erwäge 1) daß die Bank von England, eine Privatbank, Noten unter S Pfd. nicht ausgiebt, ohne Beeinträchtigung des Verkehrs; 2) daß der 70 Tage lange italienische Krieg Oestreich circa 220 Millionen Gulden, d. i. täglich circa 3 Millionen Gulden, außer seinem gewöhnlichen Kriegsbudget kostete. Preußen serner in gleichem Falle 2/, Millionen Thaler täglich, d. i. 20 Millionen Thaler

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285025/543>, abgerufen am 27.07.2024.