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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band.

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Schelme gescholten, und, wo solches nicht durch die Bürger, so umher gestanden.
Verhindert, hätten die Unsern ohne merklichen Schade" nicht entkommen können,
und wie sie fortgegangen und kaum bis zum sechsten Haus gekommen, sind sie
wieder von fünfen überfallen worden und kaum auf den Nicolauskirchhof enr-
kommen und unversehrt nach Hause gegangen.

Am Dienstag in der Pfingsten ist aber von einem Handwerksgesellen Fecht¬
schule gehalten worden, allda find die Unsrigen von dem vorigen Fechter mit
, schmählichen Worten angerufen worden, sagend: "Haben wir nichts von Scrivtis?
Ich meine aber nicht mit Steinwerfen; denn das gilt hier nichts." Und bald
darnach zu einem seiner Gesellen gesagt: "Ich will einmal wieder einen werfen,
daß er erschrecken soll." Solches haben die Unsern geduldet. Auf den Abend,
wie uns angezeigt ist, hat der gedachte Fröschlein alle seines Handwerks (er
war Kürschner) auch Schuster, Schneider und Andere ermahnt und gebeten,
wollten auf den Abend erscheinen und in die Nitterstraße einen Einfall thun,
mit den Studenten ein Gänglein zu haben, und haben bald darauf einen
Jungen mit der Trommel oben bei den Paulinern in die Gasse herabgeschickt
und ihn Lärm schlagen lassen. Welchen ein Bürger mit Namen Blasius Malß,
ein Kürschner, auf unsre Protestation und Bitte, er wolle solches Bezeugniß
geben, ums Maul geschlagen und dein Buben dabei gesagt: "Wärest du Meines¬
gleichen, ich wollte dich lehren, wie du in einer fürstlichen Stadt solltest Lärm
schlagen und erwecken." Bald darnach haben sie einen Jungen zu uns geschickt:
wir sollten uns die Weile nicht lang sein lassen, sie wollten kürzlich (bald) bei
uns sein und sonderlich mit diesem Reim: wer Furcht hat, der leg einen Panzer
an. Und sind bald darnach mit großen Haufen auf die Collegia zugelaufen
und zu allen Thoren hinein auf den Kirchhof gedrungen. Sind aber doch die
Unsern bei den Coll'glis, wie Ew. Magnificenz geboten, geblieben und ihnen
keine Ursach gegeben, bis acht Schuster von dem Kirchhof zu den Collegiis
geeilet und mit bloßen mordlichen Wehren auf die Unsern geschlagen, und ihrer
"och mehr denn vierzig hinter ihnen gewesen, darüber die Unsern nothgedrungen,
der Gewalt zu widerstehen. Dadurch auch ein Schuhknccht todtgeblieben, welcher
zu andern seines Handwerks umhergegangen ist. gesagt: "Wir wollen doch
sehen, was die Studenten vermögen", worüber wir von etlichen Bürgern Zeugniß
haben. Der meiste Haufen ist auf dem Kirchhof geblieben und hat mit Steinen
"ach uns geworfen, auch mit viel schmählichen Worten als Schelme, Böswichter,
Partekenfresser und bei unsern Ehren uns angereizt und aus den Kirchhof ge¬
ordert, bis so lang sie von dem Kirchhof in die Flucht gebracht, gejagt, aber
doch keiner sonderlich Schaden empfangen, außer dem Entleibten.

Am folgenden Morgen, wie man den Entleibten begraben, hat einer mit
Namen Peter Febermacher mit ausgerecktem Fingern geschworen, und wie Etliche
sagen, soll solches mit andern Handwerkern bei dem Grabe geschehen sein, es


Schelme gescholten, und, wo solches nicht durch die Bürger, so umher gestanden.
Verhindert, hätten die Unsern ohne merklichen Schade» nicht entkommen können,
und wie sie fortgegangen und kaum bis zum sechsten Haus gekommen, sind sie
wieder von fünfen überfallen worden und kaum auf den Nicolauskirchhof enr-
kommen und unversehrt nach Hause gegangen.

Am Dienstag in der Pfingsten ist aber von einem Handwerksgesellen Fecht¬
schule gehalten worden, allda find die Unsrigen von dem vorigen Fechter mit
, schmählichen Worten angerufen worden, sagend: „Haben wir nichts von Scrivtis?
Ich meine aber nicht mit Steinwerfen; denn das gilt hier nichts." Und bald
darnach zu einem seiner Gesellen gesagt: „Ich will einmal wieder einen werfen,
daß er erschrecken soll." Solches haben die Unsern geduldet. Auf den Abend,
wie uns angezeigt ist, hat der gedachte Fröschlein alle seines Handwerks (er
war Kürschner) auch Schuster, Schneider und Andere ermahnt und gebeten,
wollten auf den Abend erscheinen und in die Nitterstraße einen Einfall thun,
mit den Studenten ein Gänglein zu haben, und haben bald darauf einen
Jungen mit der Trommel oben bei den Paulinern in die Gasse herabgeschickt
und ihn Lärm schlagen lassen. Welchen ein Bürger mit Namen Blasius Malß,
ein Kürschner, auf unsre Protestation und Bitte, er wolle solches Bezeugniß
geben, ums Maul geschlagen und dein Buben dabei gesagt: „Wärest du Meines¬
gleichen, ich wollte dich lehren, wie du in einer fürstlichen Stadt solltest Lärm
schlagen und erwecken." Bald darnach haben sie einen Jungen zu uns geschickt:
wir sollten uns die Weile nicht lang sein lassen, sie wollten kürzlich (bald) bei
uns sein und sonderlich mit diesem Reim: wer Furcht hat, der leg einen Panzer
an. Und sind bald darnach mit großen Haufen auf die Collegia zugelaufen
und zu allen Thoren hinein auf den Kirchhof gedrungen. Sind aber doch die
Unsern bei den Coll'glis, wie Ew. Magnificenz geboten, geblieben und ihnen
keine Ursach gegeben, bis acht Schuster von dem Kirchhof zu den Collegiis
geeilet und mit bloßen mordlichen Wehren auf die Unsern geschlagen, und ihrer
"och mehr denn vierzig hinter ihnen gewesen, darüber die Unsern nothgedrungen,
der Gewalt zu widerstehen. Dadurch auch ein Schuhknccht todtgeblieben, welcher
zu andern seines Handwerks umhergegangen ist. gesagt: „Wir wollen doch
sehen, was die Studenten vermögen", worüber wir von etlichen Bürgern Zeugniß
haben. Der meiste Haufen ist auf dem Kirchhof geblieben und hat mit Steinen
"ach uns geworfen, auch mit viel schmählichen Worten als Schelme, Böswichter,
Partekenfresser und bei unsern Ehren uns angereizt und aus den Kirchhof ge¬
ordert, bis so lang sie von dem Kirchhof in die Flucht gebracht, gejagt, aber
doch keiner sonderlich Schaden empfangen, außer dem Entleibten.

Am folgenden Morgen, wie man den Entleibten begraben, hat einer mit
Namen Peter Febermacher mit ausgerecktem Fingern geschworen, und wie Etliche
sagen, soll solches mit andern Handwerkern bei dem Grabe geschehen sein, es


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[0335] Schelme gescholten, und, wo solches nicht durch die Bürger, so umher gestanden. Verhindert, hätten die Unsern ohne merklichen Schade» nicht entkommen können, und wie sie fortgegangen und kaum bis zum sechsten Haus gekommen, sind sie wieder von fünfen überfallen worden und kaum auf den Nicolauskirchhof enr- kommen und unversehrt nach Hause gegangen. Am Dienstag in der Pfingsten ist aber von einem Handwerksgesellen Fecht¬ schule gehalten worden, allda find die Unsrigen von dem vorigen Fechter mit , schmählichen Worten angerufen worden, sagend: „Haben wir nichts von Scrivtis? Ich meine aber nicht mit Steinwerfen; denn das gilt hier nichts." Und bald darnach zu einem seiner Gesellen gesagt: „Ich will einmal wieder einen werfen, daß er erschrecken soll." Solches haben die Unsern geduldet. Auf den Abend, wie uns angezeigt ist, hat der gedachte Fröschlein alle seines Handwerks (er war Kürschner) auch Schuster, Schneider und Andere ermahnt und gebeten, wollten auf den Abend erscheinen und in die Nitterstraße einen Einfall thun, mit den Studenten ein Gänglein zu haben, und haben bald darauf einen Jungen mit der Trommel oben bei den Paulinern in die Gasse herabgeschickt und ihn Lärm schlagen lassen. Welchen ein Bürger mit Namen Blasius Malß, ein Kürschner, auf unsre Protestation und Bitte, er wolle solches Bezeugniß geben, ums Maul geschlagen und dein Buben dabei gesagt: „Wärest du Meines¬ gleichen, ich wollte dich lehren, wie du in einer fürstlichen Stadt solltest Lärm schlagen und erwecken." Bald darnach haben sie einen Jungen zu uns geschickt: wir sollten uns die Weile nicht lang sein lassen, sie wollten kürzlich (bald) bei uns sein und sonderlich mit diesem Reim: wer Furcht hat, der leg einen Panzer an. Und sind bald darnach mit großen Haufen auf die Collegia zugelaufen und zu allen Thoren hinein auf den Kirchhof gedrungen. Sind aber doch die Unsern bei den Coll'glis, wie Ew. Magnificenz geboten, geblieben und ihnen keine Ursach gegeben, bis acht Schuster von dem Kirchhof zu den Collegiis geeilet und mit bloßen mordlichen Wehren auf die Unsern geschlagen, und ihrer "och mehr denn vierzig hinter ihnen gewesen, darüber die Unsern nothgedrungen, der Gewalt zu widerstehen. Dadurch auch ein Schuhknccht todtgeblieben, welcher zu andern seines Handwerks umhergegangen ist. gesagt: „Wir wollen doch sehen, was die Studenten vermögen", worüber wir von etlichen Bürgern Zeugniß haben. Der meiste Haufen ist auf dem Kirchhof geblieben und hat mit Steinen "ach uns geworfen, auch mit viel schmählichen Worten als Schelme, Böswichter, Partekenfresser und bei unsern Ehren uns angereizt und aus den Kirchhof ge¬ ordert, bis so lang sie von dem Kirchhof in die Flucht gebracht, gejagt, aber doch keiner sonderlich Schaden empfangen, außer dem Entleibten. Am folgenden Morgen, wie man den Entleibten begraben, hat einer mit Namen Peter Febermacher mit ausgerecktem Fingern geschworen, und wie Etliche sagen, soll solches mit andern Handwerkern bei dem Grabe geschehen sein, es

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285025/335>, abgerufen am 28.07.2024.