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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band.

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bricht wieder eine große Fehde zwischen den Studenten und den Hcmdswerks-
gesellen -ins. die wir uns von jenen selbst erzählen lassen, dabei aber unser
Theil denken und annehmen wollen, daß nicht blos der Gegenpart der Erzähler
Werch am Rocken gehabt haben wird. In dem "Unterricht gemeiner Studenten¬
schaft", der damals an den Rector Arnold Wöstcnfeld abging, heißt es:

"ES ist einer löblichen Universität und ehrbaren Rathe noch wohl bewußt,
was für Widerwille und Unfug sich vor jetzt drei Jahren ungefähr zwischen den
Kürschnern als Anfängern und den Studenten in Stürmung der Collegicn zu¬
getragen, und ist derselben Empörung Ursache gewesen Sebald Fröschlein der
Fechtmeister.

Demnach trägt sich jetzt eben durch denselben Fröschlein zu, daß er auf
verwichncn Sonntag Exaudi Fechtschule (eine öffentliche Production seiner Künste)
gehalten und den Tag um ein Uhr durch die Studcntengasse mit Trommeln
und Pfeifen hart an den Collegien hingestreift und also vom Rannschen Thor
aufs Schloß ohne alle Verhinderung gezogen. Darnach am Abend um neun
Uhr ungefähr abermals den Brühl heraufgetrommclt. bis sie in die Nittcrsiraße
gekommen. Allda haben sie sich von ihrer Seite und gewöhnlichem Gange zu
den Collegien gewandt und den gewöhnlichen Laut der Trommel in ein Lärm¬
schlagen verwandelt, allda etliche Gesellen, so vor den Collegiis gestanden, ge¬
stoßen, so daß die Unsrigen gewichen. Dadurch etliche Studenten bewegt worden
und in die Trommel geschlagen, und während deß sind etliche von uns zu ihnen
auf den Kirchhof, dahin sie gewichen, gegangen, sie mit guten Worten gebeten,
sie wollten doch freundlich abscheiden, denen etliche von den Kürschnern gütlich
geantwortet, aber der Fechtmeister und ein Tischlergesell haben durchaus keinen
Frieden geben wollen, die auch durch ihre Gesellen Schelme gescholten worden
um ihres Hochmuths willen, und haben endlich angefangen mit Steinen zu
werfen, und zu den Collegien hingedrungen trotz unsrer gütlichen Bitten.

Darnach den Montag in den Pfingstfeiertagen um neun Uhr ungefähr
haben zwei Schneider mit einem Buben fünf junge Studenten vor der Apotheke
am Markt angesprengt und die zwei, welche vorangegangen, ungeachtet sie
freundlich gebeten, sie wären nicht Haders halber da, wäre ihnen auch von
ihrem Herrn Rector Friede zu halten geboten, welchem sie gern nachkommen
wollten -- wie dem allem, haben doch die Schneider dieselben zwei Studenten
heftig und den Einen bis auf den Tod verwundet, bis so lang die andern drei
Hintennach gekommen, haben die Schneider die Flucht gegeben, aber -doch nicht
unverletzt, dazu dann endlich auch der Fechtmeister gekommen, welches alles mit
des Apothekers Gesellen genugsam darzuthun ist.

Den andern Tag sind zwei aus unsern Gesellen von Prag aus Hieronymus
Walters Haus gegangen und anheyme gewesen, allda sind ihnen ungefähr
acht begegnet, unter welchen sie drei mit bloßen Messern angesprungen, sie


bricht wieder eine große Fehde zwischen den Studenten und den Hcmdswerks-
gesellen -ins. die wir uns von jenen selbst erzählen lassen, dabei aber unser
Theil denken und annehmen wollen, daß nicht blos der Gegenpart der Erzähler
Werch am Rocken gehabt haben wird. In dem „Unterricht gemeiner Studenten¬
schaft", der damals an den Rector Arnold Wöstcnfeld abging, heißt es:

„ES ist einer löblichen Universität und ehrbaren Rathe noch wohl bewußt,
was für Widerwille und Unfug sich vor jetzt drei Jahren ungefähr zwischen den
Kürschnern als Anfängern und den Studenten in Stürmung der Collegicn zu¬
getragen, und ist derselben Empörung Ursache gewesen Sebald Fröschlein der
Fechtmeister.

Demnach trägt sich jetzt eben durch denselben Fröschlein zu, daß er auf
verwichncn Sonntag Exaudi Fechtschule (eine öffentliche Production seiner Künste)
gehalten und den Tag um ein Uhr durch die Studcntengasse mit Trommeln
und Pfeifen hart an den Collegien hingestreift und also vom Rannschen Thor
aufs Schloß ohne alle Verhinderung gezogen. Darnach am Abend um neun
Uhr ungefähr abermals den Brühl heraufgetrommclt. bis sie in die Nittcrsiraße
gekommen. Allda haben sie sich von ihrer Seite und gewöhnlichem Gange zu
den Collegien gewandt und den gewöhnlichen Laut der Trommel in ein Lärm¬
schlagen verwandelt, allda etliche Gesellen, so vor den Collegiis gestanden, ge¬
stoßen, so daß die Unsrigen gewichen. Dadurch etliche Studenten bewegt worden
und in die Trommel geschlagen, und während deß sind etliche von uns zu ihnen
auf den Kirchhof, dahin sie gewichen, gegangen, sie mit guten Worten gebeten,
sie wollten doch freundlich abscheiden, denen etliche von den Kürschnern gütlich
geantwortet, aber der Fechtmeister und ein Tischlergesell haben durchaus keinen
Frieden geben wollen, die auch durch ihre Gesellen Schelme gescholten worden
um ihres Hochmuths willen, und haben endlich angefangen mit Steinen zu
werfen, und zu den Collegien hingedrungen trotz unsrer gütlichen Bitten.

Darnach den Montag in den Pfingstfeiertagen um neun Uhr ungefähr
haben zwei Schneider mit einem Buben fünf junge Studenten vor der Apotheke
am Markt angesprengt und die zwei, welche vorangegangen, ungeachtet sie
freundlich gebeten, sie wären nicht Haders halber da, wäre ihnen auch von
ihrem Herrn Rector Friede zu halten geboten, welchem sie gern nachkommen
wollten — wie dem allem, haben doch die Schneider dieselben zwei Studenten
heftig und den Einen bis auf den Tod verwundet, bis so lang die andern drei
Hintennach gekommen, haben die Schneider die Flucht gegeben, aber -doch nicht
unverletzt, dazu dann endlich auch der Fechtmeister gekommen, welches alles mit
des Apothekers Gesellen genugsam darzuthun ist.

Den andern Tag sind zwei aus unsern Gesellen von Prag aus Hieronymus
Walters Haus gegangen und anheyme gewesen, allda sind ihnen ungefähr
acht begegnet, unter welchen sie drei mit bloßen Messern angesprungen, sie


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285025/334>, abgerufen am 28.07.2024.