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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band.

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ters. daß der letzte feste Entschluß unmittelbar vor der That so plötzlich bei dem
Feste des Hofes und auf so drastische Weise ins Leben gerufen sei. Nur das
wird man glauben können, daß der schon entschlossene König nun gereizt seinen
Willen verkündete und sein Gelübde that.

Das Gedicht setzt die Zeit der Begebenheit in den September 1338.
Dies ist entschieden unrichtig und kann nur auf einen Irrthum des Verfassers
oder des Abschreibers sich gründen. Was zuerst das Jahr selbst betrifft, so
könnte man deshalb geneigt sein, die Begebenheit schon in das vorangegangene
Jahr 1337 zu verlegen, weil nach Rymer IV. 798 schon am 21. August
1337 der königliche Herold zu Rochester die Kriegserklärung gegen Frankreich
verkündet haben soll. Allein die um die Zeit erlassenen königlichen Proklama¬
tionen enthalten nichl sowohl eine solche Kriegserklärung schon, als vielmehr
nur eine Darlegung der von Frankreich zugefügten Unbill, aus welcher die
Nothwendigfeit. Geldmittel zu Rüstungen gegen Frankreich zu gewähren, vor
dem Lande hergeleitet werden sollte. Abgesehn aber davon, so fällt die weiter
unten zu erwähnende Geburt des Kindes, dessen Leben unter ihrem Herzen die
Königin Philippe nach dem Gedichte bekennt, in den Monat November
1338. Nimmt man nun also auch das Jahr 1338 als richtig angegeben
an. so ist doch jedenfalls die Angabe des Monats September unrichtig.
Eduard schiffte sich bereits am 12. Juli 1338 mit seiner Gemahlin auf
dem Schiffe Christophm'us ein, um sich nach den Niederlanden zu begeben.
Am S. September hatte er in Coblenz die bekannte Zusammenkunft mit
dem deutschen Kaiser Ludwig von Bayern; am 8. September war er in
Bonn, am 13. in Antwerpen und blieb während des ganzen Jahres diesseits
des Kanals, mit den Vorbereitungen zum künftigen Kriege beschäftigt. Hiernach
kann die Begebenheit nur in d.in Zeitraum vom März (jene Geburt im November
berücksichtigt) bis zum 12. Juli (dem Tage der Einschiffung) fallen. Und in
der That gieht es eine Spur, aus welcher man selbst den Tag, an dem sie
sich zutrug, anzugeben versucht sein kann. Am 24. December 1337 versprach
nämlich Eduard dem Papst Benedict dein Zwölften, der vielfach bemüht war.
den Bruch zwischen Frankreich und England zu verhüten, seine Expedition
gegen ^ Frankreich jedenfalls, bis zum März des folgenden Jahres hinaus¬
zuschieben. Am 24. Februar 1338 ließ er sich bewegen, einen abermaligen
Aufschub bis zum Johannistage, den 24. Juni, zu versprechen.' Allein am
6. Mai 1338 widerrief er plötzlich dieses Versprechen. Hier muß ein besondrer,
geschichtlich unaufgeklärter Anstoß dazu vorgelegen haben, da es sich um den
Widerruf eines dem Haupte der Christenheit selbst gegebenen Versprechens
handelte. Sollte die Annahme zu fern liegen. daß dieser Anstoß in der Be¬
gebenheit, die unser Gebiet't erzählt, wenn sie überhaupt dadurch und durch
die übrigen Umstände eine Beglaubigung findet, gelegen habe? Dann wäre


ters. daß der letzte feste Entschluß unmittelbar vor der That so plötzlich bei dem
Feste des Hofes und auf so drastische Weise ins Leben gerufen sei. Nur das
wird man glauben können, daß der schon entschlossene König nun gereizt seinen
Willen verkündete und sein Gelübde that.

Das Gedicht setzt die Zeit der Begebenheit in den September 1338.
Dies ist entschieden unrichtig und kann nur auf einen Irrthum des Verfassers
oder des Abschreibers sich gründen. Was zuerst das Jahr selbst betrifft, so
könnte man deshalb geneigt sein, die Begebenheit schon in das vorangegangene
Jahr 1337 zu verlegen, weil nach Rymer IV. 798 schon am 21. August
1337 der königliche Herold zu Rochester die Kriegserklärung gegen Frankreich
verkündet haben soll. Allein die um die Zeit erlassenen königlichen Proklama¬
tionen enthalten nichl sowohl eine solche Kriegserklärung schon, als vielmehr
nur eine Darlegung der von Frankreich zugefügten Unbill, aus welcher die
Nothwendigfeit. Geldmittel zu Rüstungen gegen Frankreich zu gewähren, vor
dem Lande hergeleitet werden sollte. Abgesehn aber davon, so fällt die weiter
unten zu erwähnende Geburt des Kindes, dessen Leben unter ihrem Herzen die
Königin Philippe nach dem Gedichte bekennt, in den Monat November
1338. Nimmt man nun also auch das Jahr 1338 als richtig angegeben
an. so ist doch jedenfalls die Angabe des Monats September unrichtig.
Eduard schiffte sich bereits am 12. Juli 1338 mit seiner Gemahlin auf
dem Schiffe Christophm'us ein, um sich nach den Niederlanden zu begeben.
Am S. September hatte er in Coblenz die bekannte Zusammenkunft mit
dem deutschen Kaiser Ludwig von Bayern; am 8. September war er in
Bonn, am 13. in Antwerpen und blieb während des ganzen Jahres diesseits
des Kanals, mit den Vorbereitungen zum künftigen Kriege beschäftigt. Hiernach
kann die Begebenheit nur in d.in Zeitraum vom März (jene Geburt im November
berücksichtigt) bis zum 12. Juli (dem Tage der Einschiffung) fallen. Und in
der That gieht es eine Spur, aus welcher man selbst den Tag, an dem sie
sich zutrug, anzugeben versucht sein kann. Am 24. December 1337 versprach
nämlich Eduard dem Papst Benedict dein Zwölften, der vielfach bemüht war.
den Bruch zwischen Frankreich und England zu verhüten, seine Expedition
gegen ^ Frankreich jedenfalls, bis zum März des folgenden Jahres hinaus¬
zuschieben. Am 24. Februar 1338 ließ er sich bewegen, einen abermaligen
Aufschub bis zum Johannistage, den 24. Juni, zu versprechen.' Allein am
6. Mai 1338 widerrief er plötzlich dieses Versprechen. Hier muß ein besondrer,
geschichtlich unaufgeklärter Anstoß dazu vorgelegen haben, da es sich um den
Widerruf eines dem Haupte der Christenheit selbst gegebenen Versprechens
handelte. Sollte die Annahme zu fern liegen. daß dieser Anstoß in der Be¬
gebenheit, die unser Gebiet't erzählt, wenn sie überhaupt dadurch und durch
die übrigen Umstände eine Beglaubigung findet, gelegen habe? Dann wäre


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_284469/74>, abgerufen am 29.06.2024.