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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band.

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gister abgeschreckt werden/) sollen die sieben Traktate des Petrus Hispanus ge¬
lesen werden, welcher mit Uebergehung von Umwegen die Zuhörer auf bequemer
Bahn in die Tiefen der Dialektik einführt, so daß sie nicht auf jenen wie an
syrenischen (das y aus dem Original herübergenommen) Klippen über ihr Alter
zu Greisen werden.

Zu derselben Stunde. Da Aristoteles, der Führer der Peripathetiker, durch
das Beispiel des Jsokrates bewogen, den philosophischen Disputationen ora"
dorische Thesen anpaßte, so werden, damit Ihr diese nicht vernachlässigt, im
Sommer. Cäsar g,ä Herenuium und im Winter die drei Bücher Ciceros über
den Redner gelesen werden, die seinem Bruder Quintus gewidmet sind, und
in welchen dem Hieronymus Cicero den Cicero übertroffen zu haben scheint.

In derselben Stunde. Themistius**) über die Physik wird im Sommer
gelesen werden, im Winter aber werden die drei Bücher des Themistius über
die Seele ausgelegt werden, welche Hermolaus Barbarus, Patriarch von Aqui-
leja, im Griechischen und Lateinischen und allenthalben bewandert, so fein und
elegant übertragen hat, daß niemand weniger barbarisch erscheint als Barbarus,
niemand in dieser Materie fließender und würdevoller redet als der lateinische
Themistius.

Um ein Uhr. Da ohne dialektische.Gewandtheit im Bereich der Topiken
und Syllogismen die Disputationen der Redner, Philosophen und Rechtsge-
lehrten keinen festen Halt haben (vaeillMt), werden im Sommer die Bücher
des Aristoteles über die wissenschaftliche Methode, in der Ueversetzung des Ar-
chyropylus, im Winter die vier Bücher der Topiken gelesen werden.

Zu derselben Stunde. Damit nicht der Sinn für Höheres ungeübt bleibe
(? im Original ris M5rjorurli ingonig, xraLwleautur), werden im Sommer die
Bücher des Aristoteles über den Sinn und Verstand, über das Gedächtniß und
die Erinnerung, über Traum und Wachen, über die Länge und Kürze des
Lebens, im Winter aber die Bücher desselben Aristoteles üver die Entstehung
und Zerstörung in der Uebertragung des Augustin Nyphus, und der heilige
Thomas über Sein und Wesen gelesen werden, damit nicht ein bequemer Zu¬
gang zur Metaphysik fehle.

Zu derselben Stunde. Da der Redner zwar geboren, die Anlage desselben
aber durch Kunst vervollkommnet wird, so werden die Anweisungen zur Bered¬
samkeit von F. Quinctilian gelesen werden, die durch scharfen Verstand und
geniale Kürze ausgezeichnet sind, und mit denen er den zukünftigen Redner von
den Windeln der Kindheit an bis zur höchsten Staffel seiner Laufbahn und
zum Gipfel der Trefflichkeit ausbildet und emporführt.




*j Wir machen darauf aufmerksam, daß die deutsche Ueberscjzung den unbeholfene" und
wunderlichen Stil des Originals wiederzugeben versucht.
") Themistius Pletho, Platoniker, um 1440 in Italien.

gister abgeschreckt werden/) sollen die sieben Traktate des Petrus Hispanus ge¬
lesen werden, welcher mit Uebergehung von Umwegen die Zuhörer auf bequemer
Bahn in die Tiefen der Dialektik einführt, so daß sie nicht auf jenen wie an
syrenischen (das y aus dem Original herübergenommen) Klippen über ihr Alter
zu Greisen werden.

Zu derselben Stunde. Da Aristoteles, der Führer der Peripathetiker, durch
das Beispiel des Jsokrates bewogen, den philosophischen Disputationen ora»
dorische Thesen anpaßte, so werden, damit Ihr diese nicht vernachlässigt, im
Sommer. Cäsar g,ä Herenuium und im Winter die drei Bücher Ciceros über
den Redner gelesen werden, die seinem Bruder Quintus gewidmet sind, und
in welchen dem Hieronymus Cicero den Cicero übertroffen zu haben scheint.

In derselben Stunde. Themistius**) über die Physik wird im Sommer
gelesen werden, im Winter aber werden die drei Bücher des Themistius über
die Seele ausgelegt werden, welche Hermolaus Barbarus, Patriarch von Aqui-
leja, im Griechischen und Lateinischen und allenthalben bewandert, so fein und
elegant übertragen hat, daß niemand weniger barbarisch erscheint als Barbarus,
niemand in dieser Materie fließender und würdevoller redet als der lateinische
Themistius.

Um ein Uhr. Da ohne dialektische.Gewandtheit im Bereich der Topiken
und Syllogismen die Disputationen der Redner, Philosophen und Rechtsge-
lehrten keinen festen Halt haben (vaeillMt), werden im Sommer die Bücher
des Aristoteles über die wissenschaftliche Methode, in der Ueversetzung des Ar-
chyropylus, im Winter die vier Bücher der Topiken gelesen werden.

Zu derselben Stunde. Damit nicht der Sinn für Höheres ungeübt bleibe
(? im Original ris M5rjorurli ingonig, xraLwleautur), werden im Sommer die
Bücher des Aristoteles über den Sinn und Verstand, über das Gedächtniß und
die Erinnerung, über Traum und Wachen, über die Länge und Kürze des
Lebens, im Winter aber die Bücher desselben Aristoteles üver die Entstehung
und Zerstörung in der Uebertragung des Augustin Nyphus, und der heilige
Thomas über Sein und Wesen gelesen werden, damit nicht ein bequemer Zu¬
gang zur Metaphysik fehle.

Zu derselben Stunde. Da der Redner zwar geboren, die Anlage desselben
aber durch Kunst vervollkommnet wird, so werden die Anweisungen zur Bered¬
samkeit von F. Quinctilian gelesen werden, die durch scharfen Verstand und
geniale Kürze ausgezeichnet sind, und mit denen er den zukünftigen Redner von
den Windeln der Kindheit an bis zur höchsten Staffel seiner Laufbahn und
zum Gipfel der Trefflichkeit ausbildet und emporführt.




*j Wir machen darauf aufmerksam, daß die deutsche Ueberscjzung den unbeholfene» und
wunderlichen Stil des Originals wiederzugeben versucht.
") Themistius Pletho, Platoniker, um 1440 in Italien.
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[0530] gister abgeschreckt werden/) sollen die sieben Traktate des Petrus Hispanus ge¬ lesen werden, welcher mit Uebergehung von Umwegen die Zuhörer auf bequemer Bahn in die Tiefen der Dialektik einführt, so daß sie nicht auf jenen wie an syrenischen (das y aus dem Original herübergenommen) Klippen über ihr Alter zu Greisen werden. Zu derselben Stunde. Da Aristoteles, der Führer der Peripathetiker, durch das Beispiel des Jsokrates bewogen, den philosophischen Disputationen ora» dorische Thesen anpaßte, so werden, damit Ihr diese nicht vernachlässigt, im Sommer. Cäsar g,ä Herenuium und im Winter die drei Bücher Ciceros über den Redner gelesen werden, die seinem Bruder Quintus gewidmet sind, und in welchen dem Hieronymus Cicero den Cicero übertroffen zu haben scheint. In derselben Stunde. Themistius**) über die Physik wird im Sommer gelesen werden, im Winter aber werden die drei Bücher des Themistius über die Seele ausgelegt werden, welche Hermolaus Barbarus, Patriarch von Aqui- leja, im Griechischen und Lateinischen und allenthalben bewandert, so fein und elegant übertragen hat, daß niemand weniger barbarisch erscheint als Barbarus, niemand in dieser Materie fließender und würdevoller redet als der lateinische Themistius. Um ein Uhr. Da ohne dialektische.Gewandtheit im Bereich der Topiken und Syllogismen die Disputationen der Redner, Philosophen und Rechtsge- lehrten keinen festen Halt haben (vaeillMt), werden im Sommer die Bücher des Aristoteles über die wissenschaftliche Methode, in der Ueversetzung des Ar- chyropylus, im Winter die vier Bücher der Topiken gelesen werden. Zu derselben Stunde. Damit nicht der Sinn für Höheres ungeübt bleibe (? im Original ris M5rjorurli ingonig, xraLwleautur), werden im Sommer die Bücher des Aristoteles über den Sinn und Verstand, über das Gedächtniß und die Erinnerung, über Traum und Wachen, über die Länge und Kürze des Lebens, im Winter aber die Bücher desselben Aristoteles üver die Entstehung und Zerstörung in der Uebertragung des Augustin Nyphus, und der heilige Thomas über Sein und Wesen gelesen werden, damit nicht ein bequemer Zu¬ gang zur Metaphysik fehle. Zu derselben Stunde. Da der Redner zwar geboren, die Anlage desselben aber durch Kunst vervollkommnet wird, so werden die Anweisungen zur Bered¬ samkeit von F. Quinctilian gelesen werden, die durch scharfen Verstand und geniale Kürze ausgezeichnet sind, und mit denen er den zukünftigen Redner von den Windeln der Kindheit an bis zur höchsten Staffel seiner Laufbahn und zum Gipfel der Trefflichkeit ausbildet und emporführt. *j Wir machen darauf aufmerksam, daß die deutsche Ueberscjzung den unbeholfene» und wunderlichen Stil des Originals wiederzugeben versucht. ") Themistius Pletho, Platoniker, um 1440 in Italien.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_284469/530>, abgerufen am 01.07.2024.