Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

sehr erfahrenen Akademiker, der römischen Kirche Cardinal und gelehrten Zög.
ling Griechenlands so geschickt und in gutem Latein wiedergegeben, daß sie von
den griechischen Ausgaben und Aussprüchen nicht um eines Nagels Breite ab¬
zuweichen scheint.

Zu derselben Stunde. Aber damit auch die entlegenen Zugänge andrer
Wissenschaften durch die Dialektik den Zuhörern der Mittelclasse offen stehen,
werden im Sommer die Jsagoge des Porphyrius. die Kategorien des Aristoteles
und die Principia des Gilbert Porretanus in der Uebertragung des Hermolaus
Barbarus. im Winter die Bücher des Aristoteles über die Auslegekunst, von
Argyropylus in eleganter und gemeinfaßlicher Berdolmetschung zugänglich ge¬
macht, ferner der heilige Thomas über die Feinheiten der Vernunftschlüsse, die
rasche Auffindung des Mtttelschlusses, die vielfältige Bedeutung der Schlüsse
bei der Bildung von modalen Vordersätzen und besondern Eigenschaften gelesen
werden.

Zu derselben Stunde. Damit nicht die gelehrte und ernste Majestät der
Naturphilosophie und eine hastig verschlungn" Wissensmasse schon in der ersten
Vorhalle der aristotelischen Philosophie die Gemüther der Anhänger verwirre
und abschrecke, werden sie durch Doctor Albertus (Magnus). der auf die be¬
quemste Weise die ganze Physik des Aristoteles umsaßt, zum Begreifen der
schwierigen Lehrsätze und Naturgeheimnisse herangebildet werden.

Um acht Uhr. Es wird gelesen werden über die acht uns überlieferten
Schriften des Aristoteles über die Physik, in der Uebersetzung des Augustin
Nyphus. welcher nach der Feinheit und Anmuth des Argyropylus mit so treff¬
licher Uebersetzertreue strebte, daß durchaus nicht anzunehmen ist. er sei wissent¬
lich von der Schaar des Aristoteles gewichen.

In derselben Stunde, Da. wie Fabius nach dem Ausspruch des Plato
sagt, das Geschick durch Uebung wächst, so wird der Herr Dekan der philo¬
sophischen Facultät mit den Kandidaten für das Magisterium und Baccalaureat
Uebungen durch Vorlesungen und Disputationen vornehmen.

In derselben Stunde. Da es, wie Cicero sagt, einfältig (mers) sein würde,
eifrig den Bächen des Geistes nachzugehen und die Quellen der Dinge zu ver¬
nachlässigen, so wird Priscian gelesen werden, aus welchem die neuen Bäche
der Grammatiker hervorsprudeln.

In den Nachmittagsstunden.

Um elf Uhr. Damit nicht durch verwickelte Fragen nach secundären und
Primärer Vordersätzen die Anfänger in der Dialektik und durch jene mäandrischen
Formeln der Scotisten und die durch Häufung von Gründen gebildeten Trug¬
schlüsse des Chrysipp oder den dialektischen Wetzstein der Geister sogar die Ma-


63*

sehr erfahrenen Akademiker, der römischen Kirche Cardinal und gelehrten Zög.
ling Griechenlands so geschickt und in gutem Latein wiedergegeben, daß sie von
den griechischen Ausgaben und Aussprüchen nicht um eines Nagels Breite ab¬
zuweichen scheint.

Zu derselben Stunde. Aber damit auch die entlegenen Zugänge andrer
Wissenschaften durch die Dialektik den Zuhörern der Mittelclasse offen stehen,
werden im Sommer die Jsagoge des Porphyrius. die Kategorien des Aristoteles
und die Principia des Gilbert Porretanus in der Uebertragung des Hermolaus
Barbarus. im Winter die Bücher des Aristoteles über die Auslegekunst, von
Argyropylus in eleganter und gemeinfaßlicher Berdolmetschung zugänglich ge¬
macht, ferner der heilige Thomas über die Feinheiten der Vernunftschlüsse, die
rasche Auffindung des Mtttelschlusses, die vielfältige Bedeutung der Schlüsse
bei der Bildung von modalen Vordersätzen und besondern Eigenschaften gelesen
werden.

Zu derselben Stunde. Damit nicht die gelehrte und ernste Majestät der
Naturphilosophie und eine hastig verschlungn« Wissensmasse schon in der ersten
Vorhalle der aristotelischen Philosophie die Gemüther der Anhänger verwirre
und abschrecke, werden sie durch Doctor Albertus (Magnus). der auf die be¬
quemste Weise die ganze Physik des Aristoteles umsaßt, zum Begreifen der
schwierigen Lehrsätze und Naturgeheimnisse herangebildet werden.

Um acht Uhr. Es wird gelesen werden über die acht uns überlieferten
Schriften des Aristoteles über die Physik, in der Uebersetzung des Augustin
Nyphus. welcher nach der Feinheit und Anmuth des Argyropylus mit so treff¬
licher Uebersetzertreue strebte, daß durchaus nicht anzunehmen ist. er sei wissent¬
lich von der Schaar des Aristoteles gewichen.

In derselben Stunde, Da. wie Fabius nach dem Ausspruch des Plato
sagt, das Geschick durch Uebung wächst, so wird der Herr Dekan der philo¬
sophischen Facultät mit den Kandidaten für das Magisterium und Baccalaureat
Uebungen durch Vorlesungen und Disputationen vornehmen.

In derselben Stunde. Da es, wie Cicero sagt, einfältig (mers) sein würde,
eifrig den Bächen des Geistes nachzugehen und die Quellen der Dinge zu ver¬
nachlässigen, so wird Priscian gelesen werden, aus welchem die neuen Bäche
der Grammatiker hervorsprudeln.

In den Nachmittagsstunden.

Um elf Uhr. Damit nicht durch verwickelte Fragen nach secundären und
Primärer Vordersätzen die Anfänger in der Dialektik und durch jene mäandrischen
Formeln der Scotisten und die durch Häufung von Gründen gebildeten Trug¬
schlüsse des Chrysipp oder den dialektischen Wetzstein der Geister sogar die Ma-


63*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0529" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/284999"/>
          <p xml:id="ID_1732" prev="#ID_1731"> sehr erfahrenen Akademiker, der römischen Kirche Cardinal und gelehrten Zög.<lb/>
ling Griechenlands so geschickt und in gutem Latein wiedergegeben, daß sie von<lb/>
den griechischen Ausgaben und Aussprüchen nicht um eines Nagels Breite ab¬<lb/>
zuweichen scheint.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1733"> Zu derselben Stunde. Aber damit auch die entlegenen Zugänge andrer<lb/>
Wissenschaften durch die Dialektik den Zuhörern der Mittelclasse offen stehen,<lb/>
werden im Sommer die Jsagoge des Porphyrius. die Kategorien des Aristoteles<lb/>
und die Principia des Gilbert Porretanus in der Uebertragung des Hermolaus<lb/>
Barbarus. im Winter die Bücher des Aristoteles über die Auslegekunst, von<lb/>
Argyropylus in eleganter und gemeinfaßlicher Berdolmetschung zugänglich ge¬<lb/>
macht, ferner der heilige Thomas über die Feinheiten der Vernunftschlüsse, die<lb/>
rasche Auffindung des Mtttelschlusses, die vielfältige Bedeutung der Schlüsse<lb/>
bei der Bildung von modalen Vordersätzen und besondern Eigenschaften gelesen<lb/>
werden.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1734"> Zu derselben Stunde. Damit nicht die gelehrte und ernste Majestät der<lb/>
Naturphilosophie und eine hastig verschlungn« Wissensmasse schon in der ersten<lb/>
Vorhalle der aristotelischen Philosophie die Gemüther der Anhänger verwirre<lb/>
und abschrecke, werden sie durch Doctor Albertus (Magnus). der auf die be¬<lb/>
quemste Weise die ganze Physik des Aristoteles umsaßt, zum Begreifen der<lb/>
schwierigen Lehrsätze und Naturgeheimnisse herangebildet werden.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1735"> Um acht Uhr. Es wird gelesen werden über die acht uns überlieferten<lb/>
Schriften des Aristoteles über die Physik, in der Uebersetzung des Augustin<lb/>
Nyphus. welcher nach der Feinheit und Anmuth des Argyropylus mit so treff¬<lb/>
licher Uebersetzertreue strebte, daß durchaus nicht anzunehmen ist. er sei wissent¬<lb/>
lich von der Schaar des Aristoteles gewichen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1736"> In derselben Stunde, Da. wie Fabius nach dem Ausspruch des Plato<lb/>
sagt, das Geschick durch Uebung wächst, so wird der Herr Dekan der philo¬<lb/>
sophischen Facultät mit den Kandidaten für das Magisterium und Baccalaureat<lb/>
Uebungen durch Vorlesungen und Disputationen vornehmen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1737"> In derselben Stunde. Da es, wie Cicero sagt, einfältig (mers) sein würde,<lb/>
eifrig den Bächen des Geistes nachzugehen und die Quellen der Dinge zu ver¬<lb/>
nachlässigen, so wird Priscian gelesen werden, aus welchem die neuen Bäche<lb/>
der Grammatiker hervorsprudeln.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1738"> In den Nachmittagsstunden.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1739" next="#ID_1740"> Um elf Uhr. Damit nicht durch verwickelte Fragen nach secundären und<lb/>
Primärer Vordersätzen die Anfänger in der Dialektik und durch jene mäandrischen<lb/>
Formeln der Scotisten und die durch Häufung von Gründen gebildeten Trug¬<lb/>
schlüsse des Chrysipp oder den dialektischen Wetzstein der Geister sogar die Ma-</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> 63*</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0529] sehr erfahrenen Akademiker, der römischen Kirche Cardinal und gelehrten Zög. ling Griechenlands so geschickt und in gutem Latein wiedergegeben, daß sie von den griechischen Ausgaben und Aussprüchen nicht um eines Nagels Breite ab¬ zuweichen scheint. Zu derselben Stunde. Aber damit auch die entlegenen Zugänge andrer Wissenschaften durch die Dialektik den Zuhörern der Mittelclasse offen stehen, werden im Sommer die Jsagoge des Porphyrius. die Kategorien des Aristoteles und die Principia des Gilbert Porretanus in der Uebertragung des Hermolaus Barbarus. im Winter die Bücher des Aristoteles über die Auslegekunst, von Argyropylus in eleganter und gemeinfaßlicher Berdolmetschung zugänglich ge¬ macht, ferner der heilige Thomas über die Feinheiten der Vernunftschlüsse, die rasche Auffindung des Mtttelschlusses, die vielfältige Bedeutung der Schlüsse bei der Bildung von modalen Vordersätzen und besondern Eigenschaften gelesen werden. Zu derselben Stunde. Damit nicht die gelehrte und ernste Majestät der Naturphilosophie und eine hastig verschlungn« Wissensmasse schon in der ersten Vorhalle der aristotelischen Philosophie die Gemüther der Anhänger verwirre und abschrecke, werden sie durch Doctor Albertus (Magnus). der auf die be¬ quemste Weise die ganze Physik des Aristoteles umsaßt, zum Begreifen der schwierigen Lehrsätze und Naturgeheimnisse herangebildet werden. Um acht Uhr. Es wird gelesen werden über die acht uns überlieferten Schriften des Aristoteles über die Physik, in der Uebersetzung des Augustin Nyphus. welcher nach der Feinheit und Anmuth des Argyropylus mit so treff¬ licher Uebersetzertreue strebte, daß durchaus nicht anzunehmen ist. er sei wissent¬ lich von der Schaar des Aristoteles gewichen. In derselben Stunde, Da. wie Fabius nach dem Ausspruch des Plato sagt, das Geschick durch Uebung wächst, so wird der Herr Dekan der philo¬ sophischen Facultät mit den Kandidaten für das Magisterium und Baccalaureat Uebungen durch Vorlesungen und Disputationen vornehmen. In derselben Stunde. Da es, wie Cicero sagt, einfältig (mers) sein würde, eifrig den Bächen des Geistes nachzugehen und die Quellen der Dinge zu ver¬ nachlässigen, so wird Priscian gelesen werden, aus welchem die neuen Bäche der Grammatiker hervorsprudeln. In den Nachmittagsstunden. Um elf Uhr. Damit nicht durch verwickelte Fragen nach secundären und Primärer Vordersätzen die Anfänger in der Dialektik und durch jene mäandrischen Formeln der Scotisten und die durch Häufung von Gründen gebildeten Trug¬ schlüsse des Chrysipp oder den dialektischen Wetzstein der Geister sogar die Ma- 63*

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_284469
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_284469/529
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_284469/529>, abgerufen am 26.12.2024.