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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band.

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scheidend. Hier lernte er zuerst die Bedürfnisse des Theaters kennen, er kam
in Verkehr mit Dichtern und bildenden Künstlern. "Der Erbförster" und "Die
Mutter der Maccabcier" waren die gereiften Früchte dieser Jahre. Nach langem
Ringen war er in eine feste Stellung zu dem deutschen Publikum versetzt,
und ein tieferes Verständniß dessen, was das Drama forderte, war ihm auf¬
gegangen. Seine Production war schwerflüssig, aber energisch, und der
Weg, auf dem er zu schreiten hatte, lag gebahnt vor ihm. Das treu¬
herzige Dichtergemüth, welches er im Umgang mit seinen. Bekannten bewährte,
machte ihn allen lieb, mit denen er in Verbindung trat. Aber sein körperliches
Leiden wurde in dieser Zeit so unbequem und zuweilen so schmerzvoll, daß es
ihn grade da, wo ein reger Verkehr mit Andern, Eindrücke durch das Leben,
freudiger Genuß der erworbenen Stellung Bedingung weiteren Fortschritts
waren, immer mehr isolirte. Nur selten vermochte er seine Behausung zu ver¬
fassen. In voller Manneskraft wurde er ausgeschlossen von der Welt, in der
er sich eben eine achtunggebietende Stellung erobert hatte.

Mit bewundernswürdiger Charakterstärke fügte er sich in sein Schicksal, un¬
ermüdlich arbeitete er in der Einsamkeit an seiner künstlerischen Bildung, er las,
sann, träumte und schrieb nieder,' was ihm die Seele füllte, das Höchste suchend,
sich nie selbst genügend. Die dramatische Macht Shakespeares erfüllte ihn jetzt
ganz, sie wirkte fast überwältigend auf ihn, mit den Augen eines Dichters
folgte er spähend der Methode dieses großen Schaffens, er anaivsirte sich jede
künstlerische Wirkung und suchte aus der Erscheinung das Gesetz, so detaillitt,
scharfsichtig und grübelnd, daß ihm dadurch das Vertrauen zu der eigenen
Kraft vermindert werden mußte. Immer war ihm die dramatische Production
als das Höchste erschienen; die Charaktere und Situationen, welche in ihm selbst
lebendig wurden, regten ihn aber so auf, daß er zuweilen in anderer Arbeit
Beruhigung suchen mußte. Darum erschienen in diesen Jahren der Krankheit
seine Novellen, denn diese Art des Schaffens griff ihn weniger an. Dazwischen
rissen ihn aber immer wieder dramatische Ideen an sich, er begann, verwarf
und begann wieder; ein Stoff, der ihm einmal die Seele erfüllt hatte, ließ ihn
nicht los, neue Dispositionen folgten auf frühere, immer neue Abhandlungen
über Idee, Handlung und dramatische Wirkung seiner Stücke. In seinem Nach¬
laß fanden sich viele Stöße von Heften, von einem Trauerspiel "Agnes Ber-
nauerin" sowohl drei vollständige Bearbeitungen aus derZeit vor 1848, als gegen
dreißig Hefte mit Abhandlungen. Plänen und Anfängen, unter denen ein sehr be¬
deutender bis in die Hälfte des Stückes reicht. Die Krankheit, das isolirte
Grübeln mit der Theorie und noch etwas Anderes, wovon hier die Rede sein
soll, störten sein Schaffen; langsam, nach schweren Leiden erschöpfte sich seine
Lebenskraft. Als ein Märtyrer der modernen Kunst endete er. Noch in den


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scheidend. Hier lernte er zuerst die Bedürfnisse des Theaters kennen, er kam
in Verkehr mit Dichtern und bildenden Künstlern. „Der Erbförster" und „Die
Mutter der Maccabcier" waren die gereiften Früchte dieser Jahre. Nach langem
Ringen war er in eine feste Stellung zu dem deutschen Publikum versetzt,
und ein tieferes Verständniß dessen, was das Drama forderte, war ihm auf¬
gegangen. Seine Production war schwerflüssig, aber energisch, und der
Weg, auf dem er zu schreiten hatte, lag gebahnt vor ihm. Das treu¬
herzige Dichtergemüth, welches er im Umgang mit seinen. Bekannten bewährte,
machte ihn allen lieb, mit denen er in Verbindung trat. Aber sein körperliches
Leiden wurde in dieser Zeit so unbequem und zuweilen so schmerzvoll, daß es
ihn grade da, wo ein reger Verkehr mit Andern, Eindrücke durch das Leben,
freudiger Genuß der erworbenen Stellung Bedingung weiteren Fortschritts
waren, immer mehr isolirte. Nur selten vermochte er seine Behausung zu ver¬
fassen. In voller Manneskraft wurde er ausgeschlossen von der Welt, in der
er sich eben eine achtunggebietende Stellung erobert hatte.

Mit bewundernswürdiger Charakterstärke fügte er sich in sein Schicksal, un¬
ermüdlich arbeitete er in der Einsamkeit an seiner künstlerischen Bildung, er las,
sann, träumte und schrieb nieder,' was ihm die Seele füllte, das Höchste suchend,
sich nie selbst genügend. Die dramatische Macht Shakespeares erfüllte ihn jetzt
ganz, sie wirkte fast überwältigend auf ihn, mit den Augen eines Dichters
folgte er spähend der Methode dieses großen Schaffens, er anaivsirte sich jede
künstlerische Wirkung und suchte aus der Erscheinung das Gesetz, so detaillitt,
scharfsichtig und grübelnd, daß ihm dadurch das Vertrauen zu der eigenen
Kraft vermindert werden mußte. Immer war ihm die dramatische Production
als das Höchste erschienen; die Charaktere und Situationen, welche in ihm selbst
lebendig wurden, regten ihn aber so auf, daß er zuweilen in anderer Arbeit
Beruhigung suchen mußte. Darum erschienen in diesen Jahren der Krankheit
seine Novellen, denn diese Art des Schaffens griff ihn weniger an. Dazwischen
rissen ihn aber immer wieder dramatische Ideen an sich, er begann, verwarf
und begann wieder; ein Stoff, der ihm einmal die Seele erfüllt hatte, ließ ihn
nicht los, neue Dispositionen folgten auf frühere, immer neue Abhandlungen
über Idee, Handlung und dramatische Wirkung seiner Stücke. In seinem Nach¬
laß fanden sich viele Stöße von Heften, von einem Trauerspiel „Agnes Ber-
nauerin" sowohl drei vollständige Bearbeitungen aus derZeit vor 1848, als gegen
dreißig Hefte mit Abhandlungen. Plänen und Anfängen, unter denen ein sehr be¬
deutender bis in die Hälfte des Stückes reicht. Die Krankheit, das isolirte
Grübeln mit der Theorie und noch etwas Anderes, wovon hier die Rede sein
soll, störten sein Schaffen; langsam, nach schweren Leiden erschöpfte sich seine
Lebenskraft. Als ein Märtyrer der modernen Kunst endete er. Noch in den


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_284469/51>, abgerufen am 22.12.2024.