Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band.loren der leipziger Hochschule, gestiftet worden war und 6 Collegiatenstellen, Noch deutlicher tritt uns das Leben der Collegiaten aus den Gesetzen ent¬ loren der leipziger Hochschule, gestiftet worden war und 6 Collegiatenstellen, Noch deutlicher tritt uns das Leben der Collegiaten aus den Gesetzen ent¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0480" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/284950"/> <p xml:id="ID_1550" prev="#ID_1549"> loren der leipziger Hochschule, gestiftet worden war und 6 Collegiatenstellen,<lb/> 5 für Schlesier und 1 für einen Preußen, enthielt, wiederholt zahlreiche Mi߬<lb/> bräuche ein. Es heißt in diesen Reformationen unter Andern?: die Magister<lb/> sollen fleißiger studiren und sich mehr den Exercitien widmen, es sollen keine<lb/> Unwürdigen promovirt werden, die jüngern Magister sollen mit den älteren<lb/> ip den Collegien zusammenwohnen, so daß diese ihnen ein Zeugniß über ehr-<lb/> bares Leben und fruchtbares Studium ausstellen können. Ferner: die Magister,<lb/> welche nicht in irgendeiner Facultät lesen, sollen auch nichts von deren Emo-<lb/> lumenten genießen. Dann wird bestimmt, daß die Insassen der Collegien ge¬<lb/> meinsam ihre Mahlzeit einnehmen und daß dabei eine Vorlesung stattfindet,<lb/> „ut iwll Lvlum kauen-s sumtwt cibum, sha et tales esuriaut ohl verbum"<lb/> — ganz wie in den Refectorien der Klöster. Nach der Vorlesung (anfänglich<lb/> ein Abschnitt aus der Vulgata, dann ein Stück aus Luthers Postille) soll man<lb/> sich anständig unterhalten und keine Streitereien anfangen. Wer dagegen handelt,<lb/> zahlt zehn Groschen Strafe. Wiederholt wird vor Gunst und Bevorzugung<lb/> gewarnt und empfohlen, „voulum coQsiäörÄeiollis" auf die Würdigen zu lichten.<lb/> Die Kleriker unter den Magistern und Scholaren sollen keinen Bart tragen;<lb/> wer sich einen solchen wachsen läßt, zahlt für jede Woche einen Gulden. Die<lb/> Scholaren sollen den Magistern, die jüngern Magister den ältern, diese den<lb/> Doctoren und diese wieder dem Rector den schuldigen Gehorsam leisten. So¬<lb/> dann wird gewissenhaftes Testiren eingeschärft. Nach einer andern Bestimmung<lb/> sollen die Ausgaben bei den offiziellen Schmäusen moderirt werden, unter<lb/> denen das sogenannte ?runäium ^ristoteUs, ein großes Gelage, welches nach<lb/> vollendeter Magisterpromotion die neu creirten Magister den Mitgliedern der<lb/> Artistcnfacultät zu geben hatten, eine hervorragende Rolle spielte. ES muß<lb/> bei solchen Gelegenheiten hoch hergegangen sein, wenn man liest, daß künftig<lb/> nur fünf Gerichte und nicht über „uns. seopg.", ein Schoppen (für jeden Mann<lb/> natürlich) theuren Weines aus die Tafel kommen sollen; andere Weine und<lb/> sonstige Getränke können nach Belieben gereicht werden. Im Art. 9 der Re¬<lb/> formation von 1496 endlich wird streng verboten. Weiber mit in die Collegien<lb/> zu bringen und mit ihnen dort Gelage zu hallen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1551" next="#ID_1552"> Noch deutlicher tritt uns das Leben der Collegiaten aus den Gesetzen ent¬<lb/> gegen, welche diese sich selbst gaben. Wir sehen daraus zunächst, daß jedes<lb/> Colleg ein selbständiges Glied der Gesammtheit ist, indem es seinen besondern<lb/> Fiscus, seine eignen Gesetze und Beamten hat. sich selbst regiert und verwaltet.<lb/> In den Statuten des großen Fürstencollegs in Leipzig finden wir dann über<lb/> das Detail aus der ältesten Zeit (1416) Folgendes. Jeder Eintretende (d.h.<lb/> also auch die zwölf stiftungsmähigen Collegiaten, neben denen die Anstalt Raum<lb/> für andere Magister und Scholaren hatte) zahlt „uns, ssxageng," (Schock<lb/> Groschen) Eintrittsgeld und verpflichtet sich eidlich, das Wohl des Collegs nach</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0480]
loren der leipziger Hochschule, gestiftet worden war und 6 Collegiatenstellen,
5 für Schlesier und 1 für einen Preußen, enthielt, wiederholt zahlreiche Mi߬
bräuche ein. Es heißt in diesen Reformationen unter Andern?: die Magister
sollen fleißiger studiren und sich mehr den Exercitien widmen, es sollen keine
Unwürdigen promovirt werden, die jüngern Magister sollen mit den älteren
ip den Collegien zusammenwohnen, so daß diese ihnen ein Zeugniß über ehr-
bares Leben und fruchtbares Studium ausstellen können. Ferner: die Magister,
welche nicht in irgendeiner Facultät lesen, sollen auch nichts von deren Emo-
lumenten genießen. Dann wird bestimmt, daß die Insassen der Collegien ge¬
meinsam ihre Mahlzeit einnehmen und daß dabei eine Vorlesung stattfindet,
„ut iwll Lvlum kauen-s sumtwt cibum, sha et tales esuriaut ohl verbum"
— ganz wie in den Refectorien der Klöster. Nach der Vorlesung (anfänglich
ein Abschnitt aus der Vulgata, dann ein Stück aus Luthers Postille) soll man
sich anständig unterhalten und keine Streitereien anfangen. Wer dagegen handelt,
zahlt zehn Groschen Strafe. Wiederholt wird vor Gunst und Bevorzugung
gewarnt und empfohlen, „voulum coQsiäörÄeiollis" auf die Würdigen zu lichten.
Die Kleriker unter den Magistern und Scholaren sollen keinen Bart tragen;
wer sich einen solchen wachsen läßt, zahlt für jede Woche einen Gulden. Die
Scholaren sollen den Magistern, die jüngern Magister den ältern, diese den
Doctoren und diese wieder dem Rector den schuldigen Gehorsam leisten. So¬
dann wird gewissenhaftes Testiren eingeschärft. Nach einer andern Bestimmung
sollen die Ausgaben bei den offiziellen Schmäusen moderirt werden, unter
denen das sogenannte ?runäium ^ristoteUs, ein großes Gelage, welches nach
vollendeter Magisterpromotion die neu creirten Magister den Mitgliedern der
Artistcnfacultät zu geben hatten, eine hervorragende Rolle spielte. ES muß
bei solchen Gelegenheiten hoch hergegangen sein, wenn man liest, daß künftig
nur fünf Gerichte und nicht über „uns. seopg.", ein Schoppen (für jeden Mann
natürlich) theuren Weines aus die Tafel kommen sollen; andere Weine und
sonstige Getränke können nach Belieben gereicht werden. Im Art. 9 der Re¬
formation von 1496 endlich wird streng verboten. Weiber mit in die Collegien
zu bringen und mit ihnen dort Gelage zu hallen.
Noch deutlicher tritt uns das Leben der Collegiaten aus den Gesetzen ent¬
gegen, welche diese sich selbst gaben. Wir sehen daraus zunächst, daß jedes
Colleg ein selbständiges Glied der Gesammtheit ist, indem es seinen besondern
Fiscus, seine eignen Gesetze und Beamten hat. sich selbst regiert und verwaltet.
In den Statuten des großen Fürstencollegs in Leipzig finden wir dann über
das Detail aus der ältesten Zeit (1416) Folgendes. Jeder Eintretende (d.h.
also auch die zwölf stiftungsmähigen Collegiaten, neben denen die Anstalt Raum
für andere Magister und Scholaren hatte) zahlt „uns, ssxageng," (Schock
Groschen) Eintrittsgeld und verpflichtet sich eidlich, das Wohl des Collegs nach
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