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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band.

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SHäden zu ersetzen. Derselbe sprach bei Stiftung der gedachten Universität
deren Lehrer und Studirende von allen Zöllen und Steuern auf ewige Zeiten
frei. Gleiches geschah von Seiten des Herzogs Ludwig von Bayern in Betreff
der Mitglieder der ingolstädter Hochschule, und mit ähnlicher Liberalität gewährte
Herzog Eberhard von Würtemberg den Professoren und Studenten Tübingens
Befreiung von "aller Schätzung, Zoll, Steuer, Umgeld. Gewerb, Tribut und
andrer Beschwerung an ihren Personen, auch an allen ihren Gütern, wie sie
genannt seien." Zu Erfurt durfte für die Universität naumburger Bier abgaben¬
frei eingeführt werden. In Leipzig besaßen die drei ältesten Kollegien der
akademischen Körperschaft das Recht, fremdes Bier zu verzapfen, was 144S in¬
folge von Klagen über Mißbrauch auf eine bestimmte -- beiläufig nicht kleine
-- Anzahl von Tonnen beschränkt wurde.

Wo in Städten, welche stark besuchte Hochschulen besaßen*), die Nachfrage
nach Wohnungen den Preis derselben steigerte, schritt die Regierung zu Gunsten
der Universitätsverwandten ein. Der erwähnte Herzog Rudolf bestimmte für
letztere einen ganzen Stadttheil Wiens und ließ dort die Zimmer abschätzen,
eine Taxe, welche dann nicht überschritten werden durfte. Begehrte ein Stu-
dirender Unterkommen in einem Gelaß, welches von einem Nichtimmatriculirten
eingenommen war, und erbot er sich, ebensoviel dafür zu zahlen als dieser, so
mußte derselbe ohne Verzug das Haus räumen.. Aehnliche Begünstigungen der
Studiosen treffen wir auf andern alten Universitäten Deutschlands, namentlich
in Zngolstadt, und die Taxationen der Wohnungen dauern bis weit über das
Mittelalter hinaus fort.

Anderwärts war durch milde Stiftungen, der Gesammtcorporation oder
den Nationen oder Facultäten geschenkte Häuser, die sogenannten Kollegien
oder Collegiaturen, für Herberge und Beköstigung nicht blos der Lehrer,
sondern auch der ärmeren Scholaren gesorgt, und neben diesen Gebäuden gab
es an den meisten hohen Schulen frühzeitig Anstalten ähnlicher Art, welche
Bursen hießen, und in denen die eintreffenden Musensöhne, denen ihr Beutel
zu bezahlen gestattete. Wohnung und Kost zu nehmen genöthigt waren -- eine
Institution, über die in den oben angekündigten Aufsätzen. in denen das
Studentenleben im Detail geschildert werden soll, mehr zu sagen sein wird.
Für jetzt nur so viel, daß solcher Zwang im Hinblick auf die bessere Beauf¬
sichtigung dieser häufig noch sehr jungen Studenten und auf die straffere Hand¬
habung von Zucht und Ordnung erforderlich schien, und daß es andrerseits
überhaupt im Wesen der alten Hochschulen lag. sich soviel als möglich auch



-) Die Gesammtzahl der kurz vor dem großen Schisma und Exodus von 1409 in Prag
Studirenden soll 20,000, die der damals mit Johann Hoffmann v. Schweidnitz Weggezognen
nach Einigen 2000. nach Andern sogar 600" betragen haben -- Zahlen, die indeß sicher
starke Uebertreibungen find.

SHäden zu ersetzen. Derselbe sprach bei Stiftung der gedachten Universität
deren Lehrer und Studirende von allen Zöllen und Steuern auf ewige Zeiten
frei. Gleiches geschah von Seiten des Herzogs Ludwig von Bayern in Betreff
der Mitglieder der ingolstädter Hochschule, und mit ähnlicher Liberalität gewährte
Herzog Eberhard von Würtemberg den Professoren und Studenten Tübingens
Befreiung von „aller Schätzung, Zoll, Steuer, Umgeld. Gewerb, Tribut und
andrer Beschwerung an ihren Personen, auch an allen ihren Gütern, wie sie
genannt seien." Zu Erfurt durfte für die Universität naumburger Bier abgaben¬
frei eingeführt werden. In Leipzig besaßen die drei ältesten Kollegien der
akademischen Körperschaft das Recht, fremdes Bier zu verzapfen, was 144S in¬
folge von Klagen über Mißbrauch auf eine bestimmte — beiläufig nicht kleine
— Anzahl von Tonnen beschränkt wurde.

Wo in Städten, welche stark besuchte Hochschulen besaßen*), die Nachfrage
nach Wohnungen den Preis derselben steigerte, schritt die Regierung zu Gunsten
der Universitätsverwandten ein. Der erwähnte Herzog Rudolf bestimmte für
letztere einen ganzen Stadttheil Wiens und ließ dort die Zimmer abschätzen,
eine Taxe, welche dann nicht überschritten werden durfte. Begehrte ein Stu-
dirender Unterkommen in einem Gelaß, welches von einem Nichtimmatriculirten
eingenommen war, und erbot er sich, ebensoviel dafür zu zahlen als dieser, so
mußte derselbe ohne Verzug das Haus räumen.. Aehnliche Begünstigungen der
Studiosen treffen wir auf andern alten Universitäten Deutschlands, namentlich
in Zngolstadt, und die Taxationen der Wohnungen dauern bis weit über das
Mittelalter hinaus fort.

Anderwärts war durch milde Stiftungen, der Gesammtcorporation oder
den Nationen oder Facultäten geschenkte Häuser, die sogenannten Kollegien
oder Collegiaturen, für Herberge und Beköstigung nicht blos der Lehrer,
sondern auch der ärmeren Scholaren gesorgt, und neben diesen Gebäuden gab
es an den meisten hohen Schulen frühzeitig Anstalten ähnlicher Art, welche
Bursen hießen, und in denen die eintreffenden Musensöhne, denen ihr Beutel
zu bezahlen gestattete. Wohnung und Kost zu nehmen genöthigt waren — eine
Institution, über die in den oben angekündigten Aufsätzen. in denen das
Studentenleben im Detail geschildert werden soll, mehr zu sagen sein wird.
Für jetzt nur so viel, daß solcher Zwang im Hinblick auf die bessere Beauf¬
sichtigung dieser häufig noch sehr jungen Studenten und auf die straffere Hand¬
habung von Zucht und Ordnung erforderlich schien, und daß es andrerseits
überhaupt im Wesen der alten Hochschulen lag. sich soviel als möglich auch



-) Die Gesammtzahl der kurz vor dem großen Schisma und Exodus von 1409 in Prag
Studirenden soll 20,000, die der damals mit Johann Hoffmann v. Schweidnitz Weggezognen
nach Einigen 2000. nach Andern sogar 600» betragen haben — Zahlen, die indeß sicher
starke Uebertreibungen find.
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[0478] SHäden zu ersetzen. Derselbe sprach bei Stiftung der gedachten Universität deren Lehrer und Studirende von allen Zöllen und Steuern auf ewige Zeiten frei. Gleiches geschah von Seiten des Herzogs Ludwig von Bayern in Betreff der Mitglieder der ingolstädter Hochschule, und mit ähnlicher Liberalität gewährte Herzog Eberhard von Würtemberg den Professoren und Studenten Tübingens Befreiung von „aller Schätzung, Zoll, Steuer, Umgeld. Gewerb, Tribut und andrer Beschwerung an ihren Personen, auch an allen ihren Gütern, wie sie genannt seien." Zu Erfurt durfte für die Universität naumburger Bier abgaben¬ frei eingeführt werden. In Leipzig besaßen die drei ältesten Kollegien der akademischen Körperschaft das Recht, fremdes Bier zu verzapfen, was 144S in¬ folge von Klagen über Mißbrauch auf eine bestimmte — beiläufig nicht kleine — Anzahl von Tonnen beschränkt wurde. Wo in Städten, welche stark besuchte Hochschulen besaßen*), die Nachfrage nach Wohnungen den Preis derselben steigerte, schritt die Regierung zu Gunsten der Universitätsverwandten ein. Der erwähnte Herzog Rudolf bestimmte für letztere einen ganzen Stadttheil Wiens und ließ dort die Zimmer abschätzen, eine Taxe, welche dann nicht überschritten werden durfte. Begehrte ein Stu- dirender Unterkommen in einem Gelaß, welches von einem Nichtimmatriculirten eingenommen war, und erbot er sich, ebensoviel dafür zu zahlen als dieser, so mußte derselbe ohne Verzug das Haus räumen.. Aehnliche Begünstigungen der Studiosen treffen wir auf andern alten Universitäten Deutschlands, namentlich in Zngolstadt, und die Taxationen der Wohnungen dauern bis weit über das Mittelalter hinaus fort. Anderwärts war durch milde Stiftungen, der Gesammtcorporation oder den Nationen oder Facultäten geschenkte Häuser, die sogenannten Kollegien oder Collegiaturen, für Herberge und Beköstigung nicht blos der Lehrer, sondern auch der ärmeren Scholaren gesorgt, und neben diesen Gebäuden gab es an den meisten hohen Schulen frühzeitig Anstalten ähnlicher Art, welche Bursen hießen, und in denen die eintreffenden Musensöhne, denen ihr Beutel zu bezahlen gestattete. Wohnung und Kost zu nehmen genöthigt waren — eine Institution, über die in den oben angekündigten Aufsätzen. in denen das Studentenleben im Detail geschildert werden soll, mehr zu sagen sein wird. Für jetzt nur so viel, daß solcher Zwang im Hinblick auf die bessere Beauf¬ sichtigung dieser häufig noch sehr jungen Studenten und auf die straffere Hand¬ habung von Zucht und Ordnung erforderlich schien, und daß es andrerseits überhaupt im Wesen der alten Hochschulen lag. sich soviel als möglich auch -) Die Gesammtzahl der kurz vor dem großen Schisma und Exodus von 1409 in Prag Studirenden soll 20,000, die der damals mit Johann Hoffmann v. Schweidnitz Weggezognen nach Einigen 2000. nach Andern sogar 600» betragen haben — Zahlen, die indeß sicher starke Uebertreibungen find.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_284469/478>, abgerufen am 01.07.2024.