Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

von ihrer anfänglichen Absicht, allen Maori, welche sich an ihm betheiligt, ihre
Ländereien wegzunehmen, theilweise zurückgetreten ist. Im October 1864 be¬
antragte das neuseeländische Ministerium beim Gouverneur, man solle den
Maori in der Provinz Auckland eine Million und denen in dem Gebiete von
Taranaki und Wanganui 600,000 Acres consisciren. Ja man ging noch weiter.
Als dem Repräsentantenhause eine Anleihebill vorgelegt wurde, stellte man fol¬
genden Plan auf: "Wenn wir alles Land in den rebellischen Districten zusam¬
menrechnen, so kommen 8V- Millionen Acres heraus, von denen etwa 4 Mil¬
lionen zur Ansiedlung weißer Menschen sich eignen. Hiervon können wir
1'/" Million an Kolonisten abgeben und behalten dann noch 3 Millionen zum
Verkauf übrig sowie für Reserven und für loyale Eingeborne. Stellen wir
davon 1 Million für letztere und eine halbe für Reserven und Straßenbauteu
zurück, so bleiben uns anderthalb Millionen Acres zum Verkauf, die wir, wenn
sie mit Vorsicht und Bedacht an den Mann gebracht werden, für etwa 3 Mil¬
lionen Pfund Sterling verkaufen können." Das londoner Ministerium dachte
billig genug, diese, "innere Colonialpolitik" brutal zu finden. Es sprach den
Herren in Auckland seine Mißbilligung ihres Plans aus. Verdrießlich darüber
trat das Neuseeländer Ministerium ab. und ein neues kam an seine Stelle.
Seitdem ist alles in Verwirrung, weil der Gouverneur Grey, der General Ca-
meron und das neue Cabinet verschiedener Ansicht über die zu treffenden Ma߬
regeln sind. Indeß hatte der Gouverneur im Sommer vorigen Jahres ange¬
fangen, einzulenken, und eine Proclamation erlassen, nach welcher er den In¬
surgenten, welche bis zum 1. Juli 1866 die Waffen niederlegen, einen Theil
ihres Grundbesitzes belassen wollte. Darauf sind mehre, jetzt vielleicht alle,
Distrikte zur Ruhe zurückgekehrt*). Auch den Kolonisten liegt nicht viel am
Kriege, wenn sie dabei selbst fechten sollen, und da die britische Regierung wenig
Neigung zeigt, sie ferner mit kostspieligen Truppcnsendungen zu unterstützen, so
werden sie vermuthlich auch ihrerseits eine Weile von weiteren Angrissen auf
die Eingebornen ablassen. Wie lange, wird sich zeigen. An dem Proceß des
Untergangs der Maori wird dadurch wenig geändert, und ihr Christenthum hat
durch das Auftreten des Pai Maure einen unheilbaren Stoß erlitten. Un¬
zweifelhaft schleicht sich der neue Glaube im Stillen weiter; denn so grcuelvoll
er ist, er ist national. Ueber kurz oder lang wird ein neuer Ausbruch des Hasses
gegen die Pakeha erfolgen, und das wird sich wiederholen, so lange die Ein-
gebornen noch ein Volk sind.





") Ruch den neuesten Nachrichten ist die Ruhe vollständig wieder hergestellt, und die Truppen
D. Red. befinden steh auf dem Heimwege.

von ihrer anfänglichen Absicht, allen Maori, welche sich an ihm betheiligt, ihre
Ländereien wegzunehmen, theilweise zurückgetreten ist. Im October 1864 be¬
antragte das neuseeländische Ministerium beim Gouverneur, man solle den
Maori in der Provinz Auckland eine Million und denen in dem Gebiete von
Taranaki und Wanganui 600,000 Acres consisciren. Ja man ging noch weiter.
Als dem Repräsentantenhause eine Anleihebill vorgelegt wurde, stellte man fol¬
genden Plan auf: „Wenn wir alles Land in den rebellischen Districten zusam¬
menrechnen, so kommen 8V- Millionen Acres heraus, von denen etwa 4 Mil¬
lionen zur Ansiedlung weißer Menschen sich eignen. Hiervon können wir
1'/« Million an Kolonisten abgeben und behalten dann noch 3 Millionen zum
Verkauf übrig sowie für Reserven und für loyale Eingeborne. Stellen wir
davon 1 Million für letztere und eine halbe für Reserven und Straßenbauteu
zurück, so bleiben uns anderthalb Millionen Acres zum Verkauf, die wir, wenn
sie mit Vorsicht und Bedacht an den Mann gebracht werden, für etwa 3 Mil¬
lionen Pfund Sterling verkaufen können." Das londoner Ministerium dachte
billig genug, diese, „innere Colonialpolitik" brutal zu finden. Es sprach den
Herren in Auckland seine Mißbilligung ihres Plans aus. Verdrießlich darüber
trat das Neuseeländer Ministerium ab. und ein neues kam an seine Stelle.
Seitdem ist alles in Verwirrung, weil der Gouverneur Grey, der General Ca-
meron und das neue Cabinet verschiedener Ansicht über die zu treffenden Ma߬
regeln sind. Indeß hatte der Gouverneur im Sommer vorigen Jahres ange¬
fangen, einzulenken, und eine Proclamation erlassen, nach welcher er den In¬
surgenten, welche bis zum 1. Juli 1866 die Waffen niederlegen, einen Theil
ihres Grundbesitzes belassen wollte. Darauf sind mehre, jetzt vielleicht alle,
Distrikte zur Ruhe zurückgekehrt*). Auch den Kolonisten liegt nicht viel am
Kriege, wenn sie dabei selbst fechten sollen, und da die britische Regierung wenig
Neigung zeigt, sie ferner mit kostspieligen Truppcnsendungen zu unterstützen, so
werden sie vermuthlich auch ihrerseits eine Weile von weiteren Angrissen auf
die Eingebornen ablassen. Wie lange, wird sich zeigen. An dem Proceß des
Untergangs der Maori wird dadurch wenig geändert, und ihr Christenthum hat
durch das Auftreten des Pai Maure einen unheilbaren Stoß erlitten. Un¬
zweifelhaft schleicht sich der neue Glaube im Stillen weiter; denn so grcuelvoll
er ist, er ist national. Ueber kurz oder lang wird ein neuer Ausbruch des Hasses
gegen die Pakeha erfolgen, und das wird sich wiederholen, so lange die Ein-
gebornen noch ein Volk sind.





") Ruch den neuesten Nachrichten ist die Ruhe vollständig wieder hergestellt, und die Truppen
D. Red. befinden steh auf dem Heimwege.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0455" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/284925"/>
          <p xml:id="ID_1480" prev="#ID_1479"> von ihrer anfänglichen Absicht, allen Maori, welche sich an ihm betheiligt, ihre<lb/>
Ländereien wegzunehmen, theilweise zurückgetreten ist. Im October 1864 be¬<lb/>
antragte das neuseeländische Ministerium beim Gouverneur, man solle den<lb/>
Maori in der Provinz Auckland eine Million und denen in dem Gebiete von<lb/>
Taranaki und Wanganui 600,000 Acres consisciren. Ja man ging noch weiter.<lb/>
Als dem Repräsentantenhause eine Anleihebill vorgelegt wurde, stellte man fol¬<lb/>
genden Plan auf: &#x201E;Wenn wir alles Land in den rebellischen Districten zusam¬<lb/>
menrechnen, so kommen 8V- Millionen Acres heraus, von denen etwa 4 Mil¬<lb/>
lionen zur Ansiedlung weißer Menschen sich eignen. Hiervon können wir<lb/>
1'/« Million an Kolonisten abgeben und behalten dann noch 3 Millionen zum<lb/>
Verkauf übrig sowie für Reserven und für loyale Eingeborne. Stellen wir<lb/>
davon 1 Million für letztere und eine halbe für Reserven und Straßenbauteu<lb/>
zurück, so bleiben uns anderthalb Millionen Acres zum Verkauf, die wir, wenn<lb/>
sie mit Vorsicht und Bedacht an den Mann gebracht werden, für etwa 3 Mil¬<lb/>
lionen Pfund Sterling verkaufen können." Das londoner Ministerium dachte<lb/>
billig genug, diese, &#x201E;innere Colonialpolitik" brutal zu finden. Es sprach den<lb/>
Herren in Auckland seine Mißbilligung ihres Plans aus. Verdrießlich darüber<lb/>
trat das Neuseeländer Ministerium ab. und ein neues kam an seine Stelle.<lb/>
Seitdem ist alles in Verwirrung, weil der Gouverneur Grey, der General Ca-<lb/>
meron und das neue Cabinet verschiedener Ansicht über die zu treffenden Ma߬<lb/>
regeln sind. Indeß hatte der Gouverneur im Sommer vorigen Jahres ange¬<lb/>
fangen, einzulenken, und eine Proclamation erlassen, nach welcher er den In¬<lb/>
surgenten, welche bis zum 1. Juli 1866 die Waffen niederlegen, einen Theil<lb/>
ihres Grundbesitzes belassen wollte. Darauf sind mehre, jetzt vielleicht alle,<lb/>
Distrikte zur Ruhe zurückgekehrt*). Auch den Kolonisten liegt nicht viel am<lb/>
Kriege, wenn sie dabei selbst fechten sollen, und da die britische Regierung wenig<lb/>
Neigung zeigt, sie ferner mit kostspieligen Truppcnsendungen zu unterstützen, so<lb/>
werden sie vermuthlich auch ihrerseits eine Weile von weiteren Angrissen auf<lb/>
die Eingebornen ablassen. Wie lange, wird sich zeigen. An dem Proceß des<lb/>
Untergangs der Maori wird dadurch wenig geändert, und ihr Christenthum hat<lb/>
durch das Auftreten des Pai Maure einen unheilbaren Stoß erlitten. Un¬<lb/>
zweifelhaft schleicht sich der neue Glaube im Stillen weiter; denn so grcuelvoll<lb/>
er ist, er ist national. Ueber kurz oder lang wird ein neuer Ausbruch des Hasses<lb/>
gegen die Pakeha erfolgen, und das wird sich wiederholen, so lange die Ein-<lb/>
gebornen noch ein Volk sind.</p><lb/>
          <note xml:id="FID_43" place="foot"> ") Ruch den neuesten Nachrichten ist die Ruhe vollständig wieder hergestellt, und die Truppen<lb/><note type="byline"> D. Red.</note> befinden steh auf dem Heimwege. </note><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0455] von ihrer anfänglichen Absicht, allen Maori, welche sich an ihm betheiligt, ihre Ländereien wegzunehmen, theilweise zurückgetreten ist. Im October 1864 be¬ antragte das neuseeländische Ministerium beim Gouverneur, man solle den Maori in der Provinz Auckland eine Million und denen in dem Gebiete von Taranaki und Wanganui 600,000 Acres consisciren. Ja man ging noch weiter. Als dem Repräsentantenhause eine Anleihebill vorgelegt wurde, stellte man fol¬ genden Plan auf: „Wenn wir alles Land in den rebellischen Districten zusam¬ menrechnen, so kommen 8V- Millionen Acres heraus, von denen etwa 4 Mil¬ lionen zur Ansiedlung weißer Menschen sich eignen. Hiervon können wir 1'/« Million an Kolonisten abgeben und behalten dann noch 3 Millionen zum Verkauf übrig sowie für Reserven und für loyale Eingeborne. Stellen wir davon 1 Million für letztere und eine halbe für Reserven und Straßenbauteu zurück, so bleiben uns anderthalb Millionen Acres zum Verkauf, die wir, wenn sie mit Vorsicht und Bedacht an den Mann gebracht werden, für etwa 3 Mil¬ lionen Pfund Sterling verkaufen können." Das londoner Ministerium dachte billig genug, diese, „innere Colonialpolitik" brutal zu finden. Es sprach den Herren in Auckland seine Mißbilligung ihres Plans aus. Verdrießlich darüber trat das Neuseeländer Ministerium ab. und ein neues kam an seine Stelle. Seitdem ist alles in Verwirrung, weil der Gouverneur Grey, der General Ca- meron und das neue Cabinet verschiedener Ansicht über die zu treffenden Ma߬ regeln sind. Indeß hatte der Gouverneur im Sommer vorigen Jahres ange¬ fangen, einzulenken, und eine Proclamation erlassen, nach welcher er den In¬ surgenten, welche bis zum 1. Juli 1866 die Waffen niederlegen, einen Theil ihres Grundbesitzes belassen wollte. Darauf sind mehre, jetzt vielleicht alle, Distrikte zur Ruhe zurückgekehrt*). Auch den Kolonisten liegt nicht viel am Kriege, wenn sie dabei selbst fechten sollen, und da die britische Regierung wenig Neigung zeigt, sie ferner mit kostspieligen Truppcnsendungen zu unterstützen, so werden sie vermuthlich auch ihrerseits eine Weile von weiteren Angrissen auf die Eingebornen ablassen. Wie lange, wird sich zeigen. An dem Proceß des Untergangs der Maori wird dadurch wenig geändert, und ihr Christenthum hat durch das Auftreten des Pai Maure einen unheilbaren Stoß erlitten. Un¬ zweifelhaft schleicht sich der neue Glaube im Stillen weiter; denn so grcuelvoll er ist, er ist national. Ueber kurz oder lang wird ein neuer Ausbruch des Hasses gegen die Pakeha erfolgen, und das wird sich wiederholen, so lange die Ein- gebornen noch ein Volk sind. ") Ruch den neuesten Nachrichten ist die Ruhe vollständig wieder hergestellt, und die Truppen D. Red. befinden steh auf dem Heimwege.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_284469
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_284469/455
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_284469/455>, abgerufen am 01.07.2024.