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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band.

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Provinzen, der eigentlich kein Winter ist, machen das dortige Klima zum ange¬
nehmsten Aufenthalte." Und jetzt die Hauptsache: "Für den alle Länder in
sein Bereich ziehenden Handel, welcher räumlich getrennte Welttheile verbindet,
kann keine Lage vortheilhafter sein als jene der schönen Inselgruppe in der
Mitte zwischen Afrika. Indien und Amerika. Man denke sich in Neuseeland
einen Staat mit Englands glücklicher Verfassung, und es wird die Königin der
südlichen Welt."

Die hierin liegende Weissagung beginnt sich jetzt rasch zu erfüllen, nachdem
Entdeckungen von reichen Goldlagern den ersten Einwanderern von Australien
und England zahlreiche andere nachfolgen ließen. Vor kaum einem Viertel¬
jahrhundert nur noch von braunen Menschenfressern bewohnt, zählt Neuseeland
jetzt schon eine^ weiße Bevölkerung von fast anderthalbhunderttausend Seelen,
und täglich landen neue Ansiedler in seinen Häfen. Seine Städte wachsen
zusehends, seine Reichthümer werden eifrig ausgebeutet, Hunderte von großen
und kleinen Schiffen vermitteln seinen Verkehr mit der übrigen Welt. Der
Werth der Einfuhr betrug im Jahre 1861 nach amtlichen Mittheilungen
2,493.811 Pfd. Se.. was das Vierfache von 1853 und 946.478 Pfd. Se. mehr
als der Werth der Einfuhr von 1860 war. Ausgeführt wurden für 1.370.247
Pfd. Se. Waaren, was mehr als doppelt so viel als die Ausfuhr des Vor¬
jahres war, und wovon allein 523,728 Pfd. Se. auf den Wollcxport kamen.
Schon seit einem Decennium hat Neuseeland sein eignes Parlament, und be¬
reits nennt es der Engländer das "Großbritannien der Südsee".

Aber was oben von allen Inseln Polynesiens gesagt wurde, gilt ins¬
besondere von Neuseeland. Eine Zeit lang schien es, als ob das hier wohnende
Urvolk mit seiner höhern Begabung sich den Anforderungen der Civilisation in
dem Maße anbequemen werde, welches erforderlich war. wenn seine Fortexistenz
neben den Weißen gesichert sein sollte. Aber nicht lange, so erfolgte ein Rück¬
schlag der unter der Oberfläche einer von den Missionären cmgevredigten Ge¬
sittung fortgcwucherten und in der That unausrottbaren Barbarei, und die
Eingebornen zeigten sich in allen Stücken als die alten Wilden. Ja sie erschienen
jetzt mit den Lastern, welche die Civilisation ihnen gebracht, und mit der greuel¬
haften Grimasse, in welche ihr Rückfall in alte Sitten und Vorstellungen das
ihnen angetaufte Christenthum verwandelt, bei allen noblen Zügen, welche sie
bei dem nun ausbrechenden Kampfe mit den Colonisten gelegentlich sehen ließen,
nur wüster und wilder als ehedem.

Die Maori (syr. Mauri) Neuseelands gehören dem großen Stamme an,
welcher die östlichen Inseln Polynesiens bewohnt, und welcher sich in wesent¬
lichen Stücken von der Bevölkerung der westlichen unterscheidet. Diese sind
von dunklem Braun, in Gesichtsbildung. Sitte und Brauch den Malayen ver¬
wandt, aber in ihren Sprachen sowohl von diesen als unter einander sehr


Provinzen, der eigentlich kein Winter ist, machen das dortige Klima zum ange¬
nehmsten Aufenthalte." Und jetzt die Hauptsache: „Für den alle Länder in
sein Bereich ziehenden Handel, welcher räumlich getrennte Welttheile verbindet,
kann keine Lage vortheilhafter sein als jene der schönen Inselgruppe in der
Mitte zwischen Afrika. Indien und Amerika. Man denke sich in Neuseeland
einen Staat mit Englands glücklicher Verfassung, und es wird die Königin der
südlichen Welt."

Die hierin liegende Weissagung beginnt sich jetzt rasch zu erfüllen, nachdem
Entdeckungen von reichen Goldlagern den ersten Einwanderern von Australien
und England zahlreiche andere nachfolgen ließen. Vor kaum einem Viertel¬
jahrhundert nur noch von braunen Menschenfressern bewohnt, zählt Neuseeland
jetzt schon eine^ weiße Bevölkerung von fast anderthalbhunderttausend Seelen,
und täglich landen neue Ansiedler in seinen Häfen. Seine Städte wachsen
zusehends, seine Reichthümer werden eifrig ausgebeutet, Hunderte von großen
und kleinen Schiffen vermitteln seinen Verkehr mit der übrigen Welt. Der
Werth der Einfuhr betrug im Jahre 1861 nach amtlichen Mittheilungen
2,493.811 Pfd. Se.. was das Vierfache von 1853 und 946.478 Pfd. Se. mehr
als der Werth der Einfuhr von 1860 war. Ausgeführt wurden für 1.370.247
Pfd. Se. Waaren, was mehr als doppelt so viel als die Ausfuhr des Vor¬
jahres war, und wovon allein 523,728 Pfd. Se. auf den Wollcxport kamen.
Schon seit einem Decennium hat Neuseeland sein eignes Parlament, und be¬
reits nennt es der Engländer das „Großbritannien der Südsee".

Aber was oben von allen Inseln Polynesiens gesagt wurde, gilt ins¬
besondere von Neuseeland. Eine Zeit lang schien es, als ob das hier wohnende
Urvolk mit seiner höhern Begabung sich den Anforderungen der Civilisation in
dem Maße anbequemen werde, welches erforderlich war. wenn seine Fortexistenz
neben den Weißen gesichert sein sollte. Aber nicht lange, so erfolgte ein Rück¬
schlag der unter der Oberfläche einer von den Missionären cmgevredigten Ge¬
sittung fortgcwucherten und in der That unausrottbaren Barbarei, und die
Eingebornen zeigten sich in allen Stücken als die alten Wilden. Ja sie erschienen
jetzt mit den Lastern, welche die Civilisation ihnen gebracht, und mit der greuel¬
haften Grimasse, in welche ihr Rückfall in alte Sitten und Vorstellungen das
ihnen angetaufte Christenthum verwandelt, bei allen noblen Zügen, welche sie
bei dem nun ausbrechenden Kampfe mit den Colonisten gelegentlich sehen ließen,
nur wüster und wilder als ehedem.

Die Maori (syr. Mauri) Neuseelands gehören dem großen Stamme an,
welcher die östlichen Inseln Polynesiens bewohnt, und welcher sich in wesent¬
lichen Stücken von der Bevölkerung der westlichen unterscheidet. Diese sind
von dunklem Braun, in Gesichtsbildung. Sitte und Brauch den Malayen ver¬
wandt, aber in ihren Sprachen sowohl von diesen als unter einander sehr


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[0442] Provinzen, der eigentlich kein Winter ist, machen das dortige Klima zum ange¬ nehmsten Aufenthalte." Und jetzt die Hauptsache: „Für den alle Länder in sein Bereich ziehenden Handel, welcher räumlich getrennte Welttheile verbindet, kann keine Lage vortheilhafter sein als jene der schönen Inselgruppe in der Mitte zwischen Afrika. Indien und Amerika. Man denke sich in Neuseeland einen Staat mit Englands glücklicher Verfassung, und es wird die Königin der südlichen Welt." Die hierin liegende Weissagung beginnt sich jetzt rasch zu erfüllen, nachdem Entdeckungen von reichen Goldlagern den ersten Einwanderern von Australien und England zahlreiche andere nachfolgen ließen. Vor kaum einem Viertel¬ jahrhundert nur noch von braunen Menschenfressern bewohnt, zählt Neuseeland jetzt schon eine^ weiße Bevölkerung von fast anderthalbhunderttausend Seelen, und täglich landen neue Ansiedler in seinen Häfen. Seine Städte wachsen zusehends, seine Reichthümer werden eifrig ausgebeutet, Hunderte von großen und kleinen Schiffen vermitteln seinen Verkehr mit der übrigen Welt. Der Werth der Einfuhr betrug im Jahre 1861 nach amtlichen Mittheilungen 2,493.811 Pfd. Se.. was das Vierfache von 1853 und 946.478 Pfd. Se. mehr als der Werth der Einfuhr von 1860 war. Ausgeführt wurden für 1.370.247 Pfd. Se. Waaren, was mehr als doppelt so viel als die Ausfuhr des Vor¬ jahres war, und wovon allein 523,728 Pfd. Se. auf den Wollcxport kamen. Schon seit einem Decennium hat Neuseeland sein eignes Parlament, und be¬ reits nennt es der Engländer das „Großbritannien der Südsee". Aber was oben von allen Inseln Polynesiens gesagt wurde, gilt ins¬ besondere von Neuseeland. Eine Zeit lang schien es, als ob das hier wohnende Urvolk mit seiner höhern Begabung sich den Anforderungen der Civilisation in dem Maße anbequemen werde, welches erforderlich war. wenn seine Fortexistenz neben den Weißen gesichert sein sollte. Aber nicht lange, so erfolgte ein Rück¬ schlag der unter der Oberfläche einer von den Missionären cmgevredigten Ge¬ sittung fortgcwucherten und in der That unausrottbaren Barbarei, und die Eingebornen zeigten sich in allen Stücken als die alten Wilden. Ja sie erschienen jetzt mit den Lastern, welche die Civilisation ihnen gebracht, und mit der greuel¬ haften Grimasse, in welche ihr Rückfall in alte Sitten und Vorstellungen das ihnen angetaufte Christenthum verwandelt, bei allen noblen Zügen, welche sie bei dem nun ausbrechenden Kampfe mit den Colonisten gelegentlich sehen ließen, nur wüster und wilder als ehedem. Die Maori (syr. Mauri) Neuseelands gehören dem großen Stamme an, welcher die östlichen Inseln Polynesiens bewohnt, und welcher sich in wesent¬ lichen Stücken von der Bevölkerung der westlichen unterscheidet. Diese sind von dunklem Braun, in Gesichtsbildung. Sitte und Brauch den Malayen ver¬ wandt, aber in ihren Sprachen sowohl von diesen als unter einander sehr

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_284469/442>, abgerufen am 29.06.2024.