Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band.ein dritter will lieber Hungers sterben und verdursten, ehe er die Hand Bei dem Richterstande bietet höchstens die Anwendung der lateinischen Mehr komischen Stoff hat der Arzt geboten, zumal er häufiger als Quack¬ Was bleibt für die Philosophen übrig? Zwar erscheinen die Vertreter der ein dritter will lieber Hungers sterben und verdursten, ehe er die Hand Bei dem Richterstande bietet höchstens die Anwendung der lateinischen Mehr komischen Stoff hat der Arzt geboten, zumal er häufiger als Quack¬ Was bleibt für die Philosophen übrig? Zwar erscheinen die Vertreter der <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0420" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/284890"/> <p xml:id="ID_1376" prev="#ID_1375"> ein dritter will lieber Hungers sterben und verdursten, ehe er die Hand<lb/> nach dem vor ihm liegenden Brode ausstreckt, oder den schweren Trinkkrug<lb/> emporhebt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1377"> Bei dem Richterstande bietet höchstens die Anwendung der lateinischen<lb/> Sprache dadurch eine komische Seite, daß der gemeine Mann sich stellt, als<lb/> verstünde er das Gesprochene. Geld zu nehmen von den streitenden Parteien<lb/> lehnen sie entschieden ab, sind aber Geschenken nicht abhold. Die Sachtreiber<lb/> reden kein Wort (130), ehe sie nicht das Geld für ihre Mühe in der Hand<lb/> haben. Auch der Pedell spricht Latein (l15).</p><lb/> <p xml:id="ID_1378"> Mehr komischen Stoff hat der Arzt geboten, zumal er häufiger als Quack¬<lb/> salber auftritt. In Ur. 6 gehen ihm zwei Diener vorauf, die in scherzhafter<lb/> Weise seine Kunst anpreisen. Aus dem fernen Schlauraffenlande ist er gekommen,<lb/> von sieben Künsten kann er achtehalb, er hat mit seiner Arznei Mönche und<lb/> Pfaffen getödtet, kann Gesunde stech machen, Sehende blind, Gerade krumm und<lb/> den Gesunden das Lachen vertreiben. In seiner Arznei hat er einen Frosch¬<lb/> schwanz, Stahl von einem bleiernen Nagel, Hasenstaub, Glockenklang, das<lb/> Krachen einer alten Bank, das Blaue vom Himmel und Mückengehirn; diese<lb/> Salbe braucht er nur an die Stirn zu schmieren, so wird jeder gesund. Oder<lb/> in Ur. 82 kann Meister Vivian die Blinden reden machen, den Stummen Ge¬<lb/> sicht geben und einem Kranken zu keiner Frist helfen. Mit solchen Quacksalbern<lb/> erlauben sich die Bauern die gröbsten Späße (48) und denen entsprechen die<lb/> von ihnen empfohlenen Mittel (82). Aber auch die wahren Aerzte prahlen<lb/> vielfach mit ihrer seltenen Kunst (98, 101) und können nichts thun, wenn ihnen<lb/> nicht der gefangene prunnen gezeigt wird. Nur in einem Spiele (120) tritt der<lb/> Arzt mit dem Ernste und der Würde seines Berufes auf, aber durch die Mi߬<lb/> verständnisse, welche seine verblümten Fragen nach dein Zustande des Kranken<lb/> hervorrufen, wird das Lachen erregt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1379"> Was bleibt für die Philosophen übrig? Zwar erscheinen die Vertreter der<lb/> sieben freien Künste in einem Spiel (96):</p><lb/> <lg xml:id="POEMID_53" type="poem"> <l/> </lg><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0420]
ein dritter will lieber Hungers sterben und verdursten, ehe er die Hand
nach dem vor ihm liegenden Brode ausstreckt, oder den schweren Trinkkrug
emporhebt.
Bei dem Richterstande bietet höchstens die Anwendung der lateinischen
Sprache dadurch eine komische Seite, daß der gemeine Mann sich stellt, als
verstünde er das Gesprochene. Geld zu nehmen von den streitenden Parteien
lehnen sie entschieden ab, sind aber Geschenken nicht abhold. Die Sachtreiber
reden kein Wort (130), ehe sie nicht das Geld für ihre Mühe in der Hand
haben. Auch der Pedell spricht Latein (l15).
Mehr komischen Stoff hat der Arzt geboten, zumal er häufiger als Quack¬
salber auftritt. In Ur. 6 gehen ihm zwei Diener vorauf, die in scherzhafter
Weise seine Kunst anpreisen. Aus dem fernen Schlauraffenlande ist er gekommen,
von sieben Künsten kann er achtehalb, er hat mit seiner Arznei Mönche und
Pfaffen getödtet, kann Gesunde stech machen, Sehende blind, Gerade krumm und
den Gesunden das Lachen vertreiben. In seiner Arznei hat er einen Frosch¬
schwanz, Stahl von einem bleiernen Nagel, Hasenstaub, Glockenklang, das
Krachen einer alten Bank, das Blaue vom Himmel und Mückengehirn; diese
Salbe braucht er nur an die Stirn zu schmieren, so wird jeder gesund. Oder
in Ur. 82 kann Meister Vivian die Blinden reden machen, den Stummen Ge¬
sicht geben und einem Kranken zu keiner Frist helfen. Mit solchen Quacksalbern
erlauben sich die Bauern die gröbsten Späße (48) und denen entsprechen die
von ihnen empfohlenen Mittel (82). Aber auch die wahren Aerzte prahlen
vielfach mit ihrer seltenen Kunst (98, 101) und können nichts thun, wenn ihnen
nicht der gefangene prunnen gezeigt wird. Nur in einem Spiele (120) tritt der
Arzt mit dem Ernste und der Würde seines Berufes auf, aber durch die Mi߬
verständnisse, welche seine verblümten Fragen nach dein Zustande des Kranken
hervorrufen, wird das Lachen erregt.
Was bleibt für die Philosophen übrig? Zwar erscheinen die Vertreter der
sieben freien Künste in einem Spiel (96):
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