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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band.

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Eine Nachahmung deS Traugemundliedes ohne irgendwelche Handlung,
außer daß der Bursche das Fragen satt bekommt und für die fehlerlose Beant¬
wortung aller Fragen zuletzt Geld fordert.

Bei dieser volksthümlichen Richtung der Spiele darf es nicht Wunder
nehmen, daß sich Anknüpfungen an bereits vorhandene Sagen und Lieder nicht
häufig finden. In einem Spiel (62) werden wir an König Etzels Hofhaltung
geführt; eine schöne Jungfrau klagt ihm, daß ein wilder "Wunderer" sie ver¬
folge und sie zur Ehe begehre. Sie soll sich unter des Königs Mannen einen
Beschützer wählen. Rüdiger von Bechiaren lehnt die Ehre ab, aber der junge
"Perner" Dietrich ist sofort bereit. Mit frechem Hohne tritt der Wunderer
dem jungen Lappen entgegen, der ihn aber überwältigt und ihm das Haupt ab¬
schlägt. In den Sagenkreis von König Artus gehören drei Spiele (80. 81, 127);
in dem einen handelt es sich um eine zauberhafte Krone, die dem zu Theil
werden soll, dem sie am beste" paßt; dem König von Orient wachsen Hörner
daraus wie einem Bock, und er muß sich deswegen von seiner Gemahlin der
Untreue beschuldigen lassen; dem König von Cypern fällt sie bis an den Hals
herab, und er gesteht seine Untreue freiwillig ein. In dem zweite" Spiel Handelt
es sich um den Zaubermaniel, den nur treue Frauen mit Ehren tragen können;
viele Fürstinnen bestehen mit Schande, der jungen Gemahlin des alten Königs
von Spanien, die noch dazu der Gemahl von der verfänglichen Probe ent¬
binden will, sitzt er wie angegossen, und so schließt das Spiel Mit einer be¬
geisterten Lobrede auf die edeln Frauen. Ein Gegenstück dazu giebt das Spiel
von dem Trinkhvrn. Siebe" Fürsten sind a" dem gastlichen Tische des Königs
Artus versammelt, da sendet die Königin von Cypern el" köstlich Horn, aus
dem jeder beim Trinke" den Wein verschüttet, der ein Weib hat mit wancklem
muot. Die Probe wird gemacht: König Artus selbst begießt sich, ebenso der
König der Griechen, der von Kerling, von Frankreich, von Preußen, von Däne¬
mark; nur der König von Spanien wird nicht begossen. Das Zwiegespräch
zwischen dem Tau Häuser und der Weit gehört entweder nicht in die Reihe
der Spiele, oder ist eines der ältesten.

An die Zeitgeschichte erinnert besonders das Rosenblüt zugeschriebene des
Türken VaSnachtspiel vom I. 1454, das, wie die preter Umarbeitungen
beweisen, besondere Theilnahme gefunden haben muß, Der Großtürke hat eben


Eine Nachahmung deS Traugemundliedes ohne irgendwelche Handlung,
außer daß der Bursche das Fragen satt bekommt und für die fehlerlose Beant¬
wortung aller Fragen zuletzt Geld fordert.

Bei dieser volksthümlichen Richtung der Spiele darf es nicht Wunder
nehmen, daß sich Anknüpfungen an bereits vorhandene Sagen und Lieder nicht
häufig finden. In einem Spiel (62) werden wir an König Etzels Hofhaltung
geführt; eine schöne Jungfrau klagt ihm, daß ein wilder „Wunderer" sie ver¬
folge und sie zur Ehe begehre. Sie soll sich unter des Königs Mannen einen
Beschützer wählen. Rüdiger von Bechiaren lehnt die Ehre ab, aber der junge
„Perner" Dietrich ist sofort bereit. Mit frechem Hohne tritt der Wunderer
dem jungen Lappen entgegen, der ihn aber überwältigt und ihm das Haupt ab¬
schlägt. In den Sagenkreis von König Artus gehören drei Spiele (80. 81, 127);
in dem einen handelt es sich um eine zauberhafte Krone, die dem zu Theil
werden soll, dem sie am beste» paßt; dem König von Orient wachsen Hörner
daraus wie einem Bock, und er muß sich deswegen von seiner Gemahlin der
Untreue beschuldigen lassen; dem König von Cypern fällt sie bis an den Hals
herab, und er gesteht seine Untreue freiwillig ein. In dem zweite» Spiel Handelt
es sich um den Zaubermaniel, den nur treue Frauen mit Ehren tragen können;
viele Fürstinnen bestehen mit Schande, der jungen Gemahlin des alten Königs
von Spanien, die noch dazu der Gemahl von der verfänglichen Probe ent¬
binden will, sitzt er wie angegossen, und so schließt das Spiel Mit einer be¬
geisterten Lobrede auf die edeln Frauen. Ein Gegenstück dazu giebt das Spiel
von dem Trinkhvrn. Siebe» Fürsten sind a» dem gastlichen Tische des Königs
Artus versammelt, da sendet die Königin von Cypern el» köstlich Horn, aus
dem jeder beim Trinke» den Wein verschüttet, der ein Weib hat mit wancklem
muot. Die Probe wird gemacht: König Artus selbst begießt sich, ebenso der
König der Griechen, der von Kerling, von Frankreich, von Preußen, von Däne¬
mark; nur der König von Spanien wird nicht begossen. Das Zwiegespräch
zwischen dem Tau Häuser und der Weit gehört entweder nicht in die Reihe
der Spiele, oder ist eines der ältesten.

An die Zeitgeschichte erinnert besonders das Rosenblüt zugeschriebene des
Türken VaSnachtspiel vom I. 1454, das, wie die preter Umarbeitungen
beweisen, besondere Theilnahme gefunden haben muß, Der Großtürke hat eben


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[0418] Eine Nachahmung deS Traugemundliedes ohne irgendwelche Handlung, außer daß der Bursche das Fragen satt bekommt und für die fehlerlose Beant¬ wortung aller Fragen zuletzt Geld fordert. Bei dieser volksthümlichen Richtung der Spiele darf es nicht Wunder nehmen, daß sich Anknüpfungen an bereits vorhandene Sagen und Lieder nicht häufig finden. In einem Spiel (62) werden wir an König Etzels Hofhaltung geführt; eine schöne Jungfrau klagt ihm, daß ein wilder „Wunderer" sie ver¬ folge und sie zur Ehe begehre. Sie soll sich unter des Königs Mannen einen Beschützer wählen. Rüdiger von Bechiaren lehnt die Ehre ab, aber der junge „Perner" Dietrich ist sofort bereit. Mit frechem Hohne tritt der Wunderer dem jungen Lappen entgegen, der ihn aber überwältigt und ihm das Haupt ab¬ schlägt. In den Sagenkreis von König Artus gehören drei Spiele (80. 81, 127); in dem einen handelt es sich um eine zauberhafte Krone, die dem zu Theil werden soll, dem sie am beste» paßt; dem König von Orient wachsen Hörner daraus wie einem Bock, und er muß sich deswegen von seiner Gemahlin der Untreue beschuldigen lassen; dem König von Cypern fällt sie bis an den Hals herab, und er gesteht seine Untreue freiwillig ein. In dem zweite» Spiel Handelt es sich um den Zaubermaniel, den nur treue Frauen mit Ehren tragen können; viele Fürstinnen bestehen mit Schande, der jungen Gemahlin des alten Königs von Spanien, die noch dazu der Gemahl von der verfänglichen Probe ent¬ binden will, sitzt er wie angegossen, und so schließt das Spiel Mit einer be¬ geisterten Lobrede auf die edeln Frauen. Ein Gegenstück dazu giebt das Spiel von dem Trinkhvrn. Siebe» Fürsten sind a» dem gastlichen Tische des Königs Artus versammelt, da sendet die Königin von Cypern el» köstlich Horn, aus dem jeder beim Trinke» den Wein verschüttet, der ein Weib hat mit wancklem muot. Die Probe wird gemacht: König Artus selbst begießt sich, ebenso der König der Griechen, der von Kerling, von Frankreich, von Preußen, von Däne¬ mark; nur der König von Spanien wird nicht begossen. Das Zwiegespräch zwischen dem Tau Häuser und der Weit gehört entweder nicht in die Reihe der Spiele, oder ist eines der ältesten. An die Zeitgeschichte erinnert besonders das Rosenblüt zugeschriebene des Türken VaSnachtspiel vom I. 1454, das, wie die preter Umarbeitungen beweisen, besondere Theilnahme gefunden haben muß, Der Großtürke hat eben

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_284469/418>, abgerufen am 29.06.2024.