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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band.

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ohne große Nachtheile -- wir nennen nur die Aufhebung der Zwischenznlllinie.
die Durchführung der Gewerbefreiheit, die Grundentlastung -- wieder beseitigt
werden könnten.

Aus den beiden Grundsätzen, von welchen die Anschauung des Verfassers
bezüglich der Neugestaltung Oestreichs geleitet wird, dem der historischen Rechts-
continuität und dem der nationalen Föderation innerhalb der politisch-admini¬
strativen Grenzen der bisher dualistisch getrennten Reichsglieder ergiebt sich ihm
in Betreff Ungarns, daß das Steuer- und Rekrutenbewilligungsrecht nach wie
vor dem Landtag verbleiben, daß die gesammte politische Administration, die
Justiz- und Cultusangelegenheiten sowie die ökonomische Verwaltung vollständig
den einheimischen gesetzlichen Organen des Landes zustehen und daß die
Nationalitätenfrage bezüglich der Sprachvcrhältnisse innerhalb der autonomen
Gemeinden und Comitate, bezüglich der politischen Rechte und Forderungen im
Sinne der Föderation durch die Vereinbarung der einzelnen Landtage geordnet
werden müßte. Andrerseits aber folgt aus jenen Grundsätzen, daß die materiellen
und geistigen Interessen, welche die Gesammtmonarchie berühren, und somit die
diplomatische und die handelspolitische Vertretung nach Außen, das Kriegs¬
departement und das Staatscreditwesen nur im Wege gemeinsamer Berathung
zwischen den Vertretern der Erdtaube und denen der ungarischen Kronländer
geordnet und durch gemeinsame Executivorgane, welche zusammen das Reichs¬
ministerium bilden, verwaltet und geleitet werden können. Die Berathung dieser
gemeinsamen Angelegenheiten erfordert die Errichtung einer Reichsdeputation,
welche aus besondern Ausschüssen des ungarischen und des deutsch-slavischen
Landtags zusammengesetzt wird; die Wahl dieser Ausschüsse und ebenso die
Feststellung des normalen Neichsbudgets würde auf die Dauer einer ganzen
Sitzungsperiode von mindestens sechs Jahren geschehen, während für ausnahms¬
weise Erhöhungen des letzteren von Fall zu Fall der Zusammentritt der Reichs¬
deputation vorbehalten wäre. Die Feststellung der Hauptposten für das Reichs¬
budget würde bereits im Schooße der Deputation soweit stattfinden, daß aus
diesen Berathungen sowohl der gemeinsam -auszuarbeitende Bericht der Depu¬
tation als auch die Bestimmungen der auf jede Reichshälfte entfallenden Bei¬
tragsquote zur landtägiichen Behandlung und Beschlußfassung an die beiden
Versammlungen in Wien und Pesth gelangen konnte. Die Verantwortlichkeit
in Betreff der Durchführung der von diesen Versammlungen gefaßten und vom
Kaiser sanctionirten Beschlüsse müßte, soweit es sich um Reichsangelegenheiten
handelte, den Reichsministern und den beiden Staatsminisiern. soweit es sich
um Landesangelegenheiten handelte, den betreffenden Ressortministern obliegen.

In Bezug auf das Neichsministerium selbst oder das eigentliche "Cabinet"
meint der Verfasser, daß die einfache Besetzung der Reichsmiuisterpvsten für
Auswärtiges, Krieg, Finanzen und Handel in keiner Weise genügen würde.


ohne große Nachtheile — wir nennen nur die Aufhebung der Zwischenznlllinie.
die Durchführung der Gewerbefreiheit, die Grundentlastung — wieder beseitigt
werden könnten.

Aus den beiden Grundsätzen, von welchen die Anschauung des Verfassers
bezüglich der Neugestaltung Oestreichs geleitet wird, dem der historischen Rechts-
continuität und dem der nationalen Föderation innerhalb der politisch-admini¬
strativen Grenzen der bisher dualistisch getrennten Reichsglieder ergiebt sich ihm
in Betreff Ungarns, daß das Steuer- und Rekrutenbewilligungsrecht nach wie
vor dem Landtag verbleiben, daß die gesammte politische Administration, die
Justiz- und Cultusangelegenheiten sowie die ökonomische Verwaltung vollständig
den einheimischen gesetzlichen Organen des Landes zustehen und daß die
Nationalitätenfrage bezüglich der Sprachvcrhältnisse innerhalb der autonomen
Gemeinden und Comitate, bezüglich der politischen Rechte und Forderungen im
Sinne der Föderation durch die Vereinbarung der einzelnen Landtage geordnet
werden müßte. Andrerseits aber folgt aus jenen Grundsätzen, daß die materiellen
und geistigen Interessen, welche die Gesammtmonarchie berühren, und somit die
diplomatische und die handelspolitische Vertretung nach Außen, das Kriegs¬
departement und das Staatscreditwesen nur im Wege gemeinsamer Berathung
zwischen den Vertretern der Erdtaube und denen der ungarischen Kronländer
geordnet und durch gemeinsame Executivorgane, welche zusammen das Reichs¬
ministerium bilden, verwaltet und geleitet werden können. Die Berathung dieser
gemeinsamen Angelegenheiten erfordert die Errichtung einer Reichsdeputation,
welche aus besondern Ausschüssen des ungarischen und des deutsch-slavischen
Landtags zusammengesetzt wird; die Wahl dieser Ausschüsse und ebenso die
Feststellung des normalen Neichsbudgets würde auf die Dauer einer ganzen
Sitzungsperiode von mindestens sechs Jahren geschehen, während für ausnahms¬
weise Erhöhungen des letzteren von Fall zu Fall der Zusammentritt der Reichs¬
deputation vorbehalten wäre. Die Feststellung der Hauptposten für das Reichs¬
budget würde bereits im Schooße der Deputation soweit stattfinden, daß aus
diesen Berathungen sowohl der gemeinsam -auszuarbeitende Bericht der Depu¬
tation als auch die Bestimmungen der auf jede Reichshälfte entfallenden Bei¬
tragsquote zur landtägiichen Behandlung und Beschlußfassung an die beiden
Versammlungen in Wien und Pesth gelangen konnte. Die Verantwortlichkeit
in Betreff der Durchführung der von diesen Versammlungen gefaßten und vom
Kaiser sanctionirten Beschlüsse müßte, soweit es sich um Reichsangelegenheiten
handelte, den Reichsministern und den beiden Staatsminisiern. soweit es sich
um Landesangelegenheiten handelte, den betreffenden Ressortministern obliegen.

In Bezug auf das Neichsministerium selbst oder das eigentliche „Cabinet"
meint der Verfasser, daß die einfache Besetzung der Reichsmiuisterpvsten für
Auswärtiges, Krieg, Finanzen und Handel in keiner Weise genügen würde.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_284469/348>, abgerufen am 28.09.2024.